DGB Südwestfalen fordert : Ohne Absturz durch die Krise – Kurzarbeitergeld jetzt anheben und soziale Schieflage beheben

Der rasche Anstieg der Anzeigen auf Kurzarbeitergeld macht deutlich, dass auch in Südwestfalen die Corona-Krise mit aller Macht angekommen ist.

win­ter­berg-total­lo­kal : Die aktu­el­len Arbeits­markt­zah­len zei­gen : Im Agen­tur­be­zirk Sie­gen (Kreis Sie­gen-Witt­gen­stein und Kreis Olpe) gibt es zum Stich­tag 25. März 2020 knapp 350 bereits geprüf­te Anzei­gen zur Kurz­ar­beit. Betrof­fen sind hier­von über 8.500 Beschäf­tig­te. Im Kreis Sie­gen-Witt­gen­stein betrifft dies 219 Betrie­be mit 5.378 Beschäf­tig­ten und im Kreis Olpe 127 Betrie­be mit 3.290 Beschäftigten.

Für den Hoch­sauer­land­kreis, der drit­te Kreis in der Zustän­dig­keit der DGB-Regi­on Süd­west­fa­len, liegt die Zahl der bis­her geprüf­ten Anzei­gen bei 417. Hier­bei han­delt es sich um Betrie­be mit über 8.600 Beschäf­tig­ten. Nach Anga­ben der Agen­tur für Arbeit Sie­gen liegt die Zahl der ein­ge­gan­ge­nen Anzei­gen bereits bei ca. 4.600, für den Agen­tur­be­zirk Mesche­de-Soest beläuft sich die Zahl ins­ge­samt auf ca. 5.000.

Die tat­säch­li­chen Zah­len lie­gen dar­über und wer­den in den kom­men­den Tagen und Wochen noch wei­ter rapi­de nach oben stei­gen. Eine ges­tern ver­öf­fent­lich­te Son­der­aus­wer­tung der BA hat schon bun­des­weit rund 470.000 Anzei­gen von Betrie­ben regis­triert – eine immens hohe Zahl, die zeigt, wie groß die Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Kri­se auf das Arbeits­le­ben sind. Die­se Zah­len wer­den sich in den kom­men­den Mona­ten erst in der Sta­tis­tik niederschlagen.

„Arbeit­ge­ber und Bun­des­re­gie­rung müs­sen sich jetzt bewe­gen. Auch die Beschäf­tig­ten, die nicht unter dem Schutz eines Tarif­ver­trags ste­hen, müs­sen ohne Absturz durch die Kri­se kom­men. Das Kurz­ar­bei­ter­geld muss auf mind. 80 Pro­zent ange­ho­ben wer­den“, for­dert DGB-Regi­ons­ge­schäfts­füh­rer Ingo Degenhardt.

Jüngst sind die Rege­lun­gen zur Kurz­ar­beit geän­dert wor­den : Betrie­be kön­nen die­se Unter­stüt­zung ange­sichts der Coro­na-Kri­se jetzt schnel­ler und frü­her erhal­ten und wer­den zudem von sämt­li­chen Lohn­kos­ten befreit, da ihnen die Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge erstat­tet wer­den. Die Beschäf­tig­ten erhal­ten 60 bzw. 67 Pro­zent ihres bis­he­ri­gen Net­to­ge­halts. „Einen Teil der Ent­las­tung bei den Lohn­kos­ten soll­ten die Arbeit­ge­ber ver­pflich­tend an die Beschäf­tig­ten wei­ter­ge­ben müs­sen, um deren Ein­kom­men auf­zu­sto­cken. Wenn sie das nicht am Ver­hand­lungs­tisch zusi­chern, muss die Bun­des­re­gie­rung die ent­spre­chen­de Ver­ord­nung jetzt anpas­sen und die Arbeit­ge­ber ver­pflich­ten“, for­dert der Gewerk­schaf­ter. Degen­hardt wei­ter : „Wäh­rend Unter­neh­men geret­tet wer­den fal­len vie­le Beschäf­tig­te auf Hartz IV zurück. Die­se sozia­le Schief­la­ge muss drin­gend beho­ben wer­den. Daher bedarf es eines Son­der­fonds ‚Kurz­ar­bei­ter­geld Plus‘ inner­halb des NRW-Rettungsschirms.“

Zwar sei das Prin­zip Kurz­ar­beit äußerst sinn­voll, denn es hel­fe, Ein­brü­che zu über­brü­cken und Beschäf­ti­gung zu sichern. „Aber die Lohn­ein­schnit­te sind bit­ter. Gera­de die­je­ni­gen mit klei­nen Ein­kom­men sind beson­ders hart betrof­fen. Vie­le Beschäf­tig­te gera­ten durch Mie­ten und ande­re finan­zi­el­le Ver­pflich­tun­gen in exis­ten­zi­el­le Nöte“, warnt Ingo Degenhardt.

Wer als allein­ste­hen­der Beschäf­tig­ter vor der Kri­se nicht min­des­tens 2.750 Euro brut­to pro Monat ver­dient hat, hat bei Kurz­ar­beit null – also einem Arbeits­aus­fall von 100 Pro­zent – einen Anspruch auf auf­sto­cken­de Hartz-IV-Leis­tun­gen. Aber in einer Fami­lie mit einem Kind, in der bei­spiels­wei­se ein Eltern­teil zum Min­dest­lohn beschäf­tigt ist und der ande­re Eltern­teil im Ein­zel­han­del (Teil­zeit, 75-%-Tariflohn), wirkt Hartz IV nicht mehr als Auf­fang­be­cken. Hier müs­sen die finan­zi­el­len Ein­bu­ßen rein pri­vat kom­pen­siert wer­den. „In die­ser Kri­se brau­chen wir Soli­da­ri­tät und sozia­le Ver­ant­wor­tung. Es darf nicht sein, dass die Beschäf­tig­ten die Haupt­las­ten der Kri­se allei­ne tra­gen!“, mahnt Degenhardt.

Rechen­bei­spiel : Monat­li­che Lohn­er­satz­leis­tung in Euro ohne Auf­sto­ckung bei Kurz­ar­beit „0“

Brut­to­ar­beits­ent­gelt mit Kind Lohn­steu­er­klas­se
von € bis € I / IV II III V VI
1.530,00 1.549,99 ja 775,92 798,75 825,44 654,74 629,12
nein 694,85 715,30 739,20 586,33 563,39
(Bei­spiel : Min­dest­lohn bei 38 h/​Woche)
1.950,00 1.969,99 ja 933,82 962,21 1.050,56 770,24 748,27
nein 836,26 861,68 940,80 689,77 670,09
(Bei­spiel : Medi­an­lohn1 bei Voll­zeit – Gastgewerbe)
2.450,00 2.469,99 ja 1.122,89 1.153,69 1.278,25 931,68 908,36
nein 1.005,57 1.033,16 1.144,70 834,34 813,46
(Bei­spiel : Medi­an­lohn1 bei Voll­zeit – ohne Berufsabschluss)
3.290,00 3.309,99 ja 1.426,34 1.461,15 1.612,02 1.179,82 1.154,20
nein 1.277,32 1.308,49 1.443,60 1.056,56 1.033,61
(Bei­spiel : Medi­an­lohn1 bei Voll­zeit – insg.)

1 D.h. zum Stich­tag 31.12.2018 haben in Deutsch­land gleich vie­le Per­so­nen mehr bzw. weni­ger verdient.

Quel­le : Eige­ne Dar­stel­lung nach Bun­des­agen­tur für Arbeit

 

Quel­le : Ingo Degen­hardt – DGB-Regi­on Südwestfalen

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