Stichwort der Woche : Wegwerfgesellschaft

Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Mal wie­der ist die Ver­nich­tung von Retou­ren bei den gro­ßen Online­händ­lern ein The­ma im poli­ti­schen Dis­kurs. In Zei­ten, in denen die Kli­ma­kri­se immer stär­ker in den Blick­punkt der Öffent­lich­keit rückt, soll­te die Fra­ge erlaubt sein, war­um unse­re Wirt­schaft immer mehr Pro­duk­te direkt für die Ton­ne pro­du­ziert. Lebens­mit­tel, Klei­dung, Elek­tro­ge­rä­te, Möbel und vie­les mehr wird unter gro­ßem Ein­satz von Res­sour­cen, beglei­tet von hohen CO2 Emis­sio­nen und teil­wei­se aus­beu­te­ri­schen Arbeits­be­din­gun­gen her­ge­stellt, ohne über­haupt an den Ver­brau­cher zu kom­men. Aber dar­über hin­aus haben die heu­ti­gen Pro­duk­te, auch wenn sie an den Ver­brau­cher kom­men, eine sehr kur­ze Nut­zungs­dau­er. Ste­ti­ge tech­ni­sche Inno­va­tio­nen aber vor allen Din­gen schnell wech­seln­de Mode­trends sor­gen dafür, dass die meis­ten Gebrauchs­ge­gen­stän­de in den Müll wan­dern, bevor sie ihre eigent­li­che Lebens­er­war­tung erreicht haben. Wor­an liegt das ? Nur sehr weni­ge Men­schen machen sich beim Kauf eines Pro­duk­tes Gedan­ken dar­über, wie die­ses Pro­dukt erzeugt wur­de. Noch weni­ger machen sie sich Gedan­ken dar­über, was mit dem Pro­dukt pas­siert, wenn sie es ent­sor­gen. Das unter­schei­det unse­re „moder­ne Gesell­schaft“ von allen bis­he­ri­gen Gesell­schaf­ten in der Mensch­heits­ge­schich­te. Das ist sicher kein Fort­schritt, vom „Homo sapi­ens“ soll­te man mehr erwarten.

 

Das glo­ba­le Wirt­schafts­sys­tem sorgt für eine völ­li­ge Intrans­pa­renz der Pro­duk­ti­ons- und Han­dels­we­ge. Vor­her, in einer über­wie­gend regio­na­len Pro­duk­ti­ons­wirt­schaft, konn­te der Käu­fer die Pro­duk­ti­ons­ab­läu­fe sel­ber kon­trol­lie­ren und war daher auch bereit einen ange­mes­se­nen Preis zu zah­len. Bei einem Möbel­stück wuss­te man bei­spiels­wei­se, wo der Baum gestan­den hat, der dann im Säge­werk zu Bret­tern ver­ar­bei­tet wur­de, die anschlie­ßend von einem kunst­fer­ti­gen Schrei­ner zum gewünsch­ten Möbel­stück gestal­tet wur­den. Logi­scher­wei­se hielt ein sol­ches Möbel auch meh­re­re Gene­ra­tio­nen aus, Beschä­di­gun­gen wur­den durch Repa­ra­tu­ren besei­tigt und abschlie­ßend wur­de es noch als CO2 neu­tra­ler Brenn­stoff genutzt. Ähn­lich ver­hielt es sich mit Klei­dung und allen ande­ren Gebrauchs­ge­gen­stän­den. Das Müll­auf­kom­men war damals äußerst gering. Heu­te kau­fen wir haupt­säch­lich Pro­duk­te, die uns vom Ver­käu­fer mit dem Hin­weis auf ein „ver­nünf­ti­ges“ Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis auf­ge­schwatzt wer­den. Wel­che Roh­stof­fe hier­bei ver­ar­bei­tet wer­den und unter wel­chen Sozi­al­stan­dards sie her­ge­stellt wur­den, ist uns dabei völ­lig egal. Da die Kos­ten einer Repa­ra­tur erfah­rungs­ge­mäß höher sind als der Kauf eines neu­en Pro­duk­tes, wan­dern die meis­ten Pro­duk­te vor Ablauf ihrer mög­li­chen Nut­zungs­dau­er auf dem Müll. Noch schlim­mer ist die Tat­sa­che, dass wir unse­ren sozia­len Sta­tus durch den regel­mä­ßi­gen Kauf neu­er Kon­sum­ar­ti­kel nach außen reprä­sen­tie­ren müs­sen. Jemand, der mode­mä­ßig nicht Up to Date ist, sich nicht die neu­es­te Elek­tro­nik leis­ten kann und sei­ne Woh­nungs­ein­rich­tung nicht alle paar Jah­re kom­plett erneu­ert, wird in unse­rer Kon­sum­ge­sell­schaft schnell aus­ge­grenzt. Die Fol­ge ist eine tota­le Ver­mül­lung die­ses Pla­ne­ten, wel­che wir künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen in den kom­men­den Jahr­hun­der­ten als ein unse­li­ges Erbe hin­ter­las­sen. „Enkel­taug­li­ches Ver­hal­ten“ geht anders.

 

Quel­le : Ihr Nor­bert Schnellen

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