Una cerveza, por favor ! Die wollen uns nicht mehr. Uns deutsche Touristen, mit unseren dicken Geldbeuteln.

Berliner Morgenpost : Urlauben mit Bedacht, ein Kommentar von Jessica Hock über die negativen Folgen von Massentourismus

Die wol­len uns nicht mehr. Uns deut­sche Tou­ris­ten, mit unse­ren dicken Geld­beu­teln. „Una cer­ve­za, por favor!“ – alles umsonst ein­stu­diert. Nicht mehr nur auf Mal­lor­ca weh­ren sie sich, jetzt auch auf den Kana­ren, wo wir uns bis­her noch für will­kom­men hiel­ten. In Ams­ter­dam wol­len sie ihre Grach­ten wie­der für sich haben und in Frank­reich ist Mona­te vor den Olym­pi­schen Som­mer­spie­len schon die Rede vom dro­hen­den Kollaps.

Und nicht nur wir Deut­schen sind gefühlt nicht län­ger erwünscht. Nach Jahr­zehn­ten des wach­sen­den Wohl­stands ist das Rei­sen vie­ler­orts zu einer Art Grund­be­dürf­nis gewor­den. Immer mehr Men­schen aus aller Welt haben das Geld für Strand­ur­laub oder Städ­te­trips. Die Schat­ten­sei­ten des Tou­ris­mus – Müll, Lärm, Über­fül­lung – blen­den wir dabei gekonnt aus. Wenn es um unse­ren wohl­ver­dien­ten Urlaub geht, sind wir Egoisten.

Und die Ein­hei­mi­schen ? Leben davon und lei­den dar­un­ter, etwa auf Naxos oder San­to­rin. Dort reg­net es kaum noch und das weni­ge vor­han­de­ne Was­ser fließt in die Hotel­pools. Die Grie­chen kau­fen der­weil teu­res Was­ser vom Fest­land und noch teu­re­re Was­ser­auf­be­rei­tungs­an­la­gen. Von den kata­stro­pha­len Aus­wir­kun­gen für die Umwelt ganz zu schweigen.

In Flo­renz sieht man der­weil das „sozia­le Gleich­ge­wicht“ bedroht. Bür­ger­meis­ter-Anwär­ter Eike Schmidt malt ein düs­te­res Bild vom ent­völ­ker­ten Stadt­kern und Stu­die­ren­den, die vor lau­ter Hotels kei­ne bezahl­ba­re Blei­be mehr fin­den. Kein ita­lie­ni­sches Ein­zel­schick­sal : Anbie­ter wie Airbnb erobern tou­ris­ti­sche Stadt­tei­le in Groß­städ­ten, dar­un­ter auch Berlin.

Fest steht : Der Mas­sen­tou­ris­mus geht an die Exis­tenz. Da gibt es die, die sich mehr Respekt von Tou­ris­ten wün­schen und jene, die beto­nen : Wir has­sen nicht euch, son­dern wün­schen uns Unter­stüt­zung von der Poli­tik. Denn die kann Kreuz­fahrt­schif­fe in Vene­digs Häfen ver­bie­ten, Tages­ti­ckets für Tou­ris­ten ein­füh­ren oder im Som­mer die Lan­dungs­ge­büh­ren auf Mit­tel­meer­in­seln erhö­hen, wo jedes zusätz­li­che Auto eines zu viel ist.

Kata­ri­na Bar­ley, SPD-Spit­zen­kan­di­da­tin für die Euro­pa­wahl, for­der­te unlängst ein Ein­grei­fen der EU, die die Umwand­lung von „umkämpf­tem Wohn­raum“ in Feri­en­woh­nun­gen ein­däm­men soll. Städ­te begren­zen die Zahl der Bet­ten, sodass mehr Urlau­ber in der Neben­sai­son kom­men. Eine Über­nach­tungs­steu­er, die Kurz­ur­lau­ber här­ter trifft als die, die eine Woche blei­ben, oder höhe­re Gebüh­ren für den ÖPNV, wie sie in Cin­que Terre geplant sind – alles Maß­nah­men für einen nach­hal­ti­ge­ren Tourismus.

Wer das unfair fin­det und sich über stei­gen­de Prei­se ärgert, soll­te sich fra­gen, ob ein paar Euro mehr auf der Urlaubs­rech­nung ihn von der Buchung abhal­ten wür­den. Denn es braucht letzt­lich nicht nur die Poli­tik und die Tou­ris­mus­bran­che, die den Bau neu­er Bet­ten­bur­gen über­den­ken soll­te. Ein glo­ba­les Pro­blem wie der Mas­sen­tou­ris­mus geht alle an und beginnt beim ein­zel­nen Urlauber.

Wenn aber die Nord- und Ost­see­strän­de genau­so über­lau­fen sind wie die auf Mal­lor­ca, wirft das die Fra­ge auf :

Wo kann man über­haupt noch Urlaub machen ? Eine mög­li­che Ant­wort : Über­all, aber mit Maß und Ziel. Wer kann, bucht außer­halb der Sai­son. Wer in Deutsch­land lebt, kann vie­le – auch weni­ger bekann­te – Rei­se­zie­le mit dem Zug errei­chen. Wer flie­gen will, soll das tun – aber reicht nicht ein­mal im Jahr und muss es bei nur einer Woche wirk­lich das Flug­zeug sein ? Und grund­sätz­lich gilt : Wer sich dane­ben­be­nimmt, darf sich nicht wun­dern, wenn er nicht mehr will­kom­men ist.

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BER­LI­NER MOR­GEN­POST, Redaktion
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