Höchste Zeit – Endlich bewegt sich Europa in der Asylpolitik – Konsequente Kontrolle an den Außengrenzen

Höchste Zeit – Kommentar von Christian Kerl zur EU-Asylreform

End­lich bewegt sich Euro­pa in der Asyl­po­li­tik. Mit dem vom EU-Par­la­ment bestä­tig­ten Reform­pa­ket zielt die Uni­on ent­schlos­sen wie nie dar­auf, die irre­gu­lä­re Migra­ti­on spür­bar ein­zu­däm­men : mehr Kon­trol­le, ein här­te­rer Umgang mit chan­cen­lo­sen Asyl­be­wer­bern, schnel­le Abschie­bun­gen. Es war höchs­te Zeit für die­sen Kurswechsel.

Die Zahl der Asyl­an­trä­ge in Euro­pa steigt seit Jah­ren, 2023 waren es schon 1,1 Mil­lio­nen, so vie­le wie zuletzt 2016 – fast ein Drit­tel der Schutz­su­chen­den zog es nach Deutsch­land. Dazu kom­men euro­pa­weit vier Mil­lio­nen Ukrai­ne-Flücht­lin­ge, auch hier ist Deutsch­land größ­ter Auf­nah­me­staat. Die Dop­pel­be­las­tung hat vie­le Kom­mu­nen an ihre Gren­zen gebracht. Kein Wun­der, dass vor allem deut­sche Wäh­ler die Migra­ti­on ganz oben auf die Sor­gen­lis­te set­zen – wäh­rend das The­ma selbst in Ita­li­en oder Grie­chen­land eine deut­lich klei­ne­re Rol­le spielt.

Die Bun­des­re­gie­rung hat­te also gute Grün­de, die Asyl­re­form so ent­schlos­sen vor­an­zu­trei­ben. Dass sich die grü­nen Bun­des­mi­nis­ter hin­ter das Vor­ha­ben stell­ten, wäh­rend deut­sche Grü­nen-Abge­ord­ne­te im EU-Par­la­ment das Paket nun ablehn­ten, ist aller­dings innen­po­li­tisch pikant. Die Kri­ti­ker haben in einem Punkt recht : Das Par­la­ment hat sich in den Ver­hand­lun­gen mit sei­nen For­de­run­gen etwa zum Schutz von Kin­der­rech­ten so gut wie gar nicht gegen die här­te­re Linie der Mit­glied­staa­ten durch­set­zen kön­nen – was auch Befür­wor­ter befremdet.

Doch den Kern der Reform berührt das nicht : Die EU setzt auf kon­se­quen­te Kon­trol­le an den Außen­gren­zen. Und auf Abschre­ckung jener irre­gu­lä­ren Migran­ten, für die das Asyl­recht nie gedacht war. Wer offen­sicht­lich kei­ne Chan­ce auf Flücht­lings­schutz hat, soll nur mög­lichst kurz in einem Lager blei­ben und schnell wie­der abge­scho­ben werden.

Wenn alles gut geht, dämmt der neue Kurs die­se Art der Zuwan­de­rung ein, ohne das Asyl­recht für Schutz­be­dürf­ti­ge anzu­tas­ten. Vor­aus­set­zung ist, dass die Rück­füh­run­gen künf­tig bes­ser funk­tio­nie­ren als bis­her, vor allem durch enge­re Koope­ra­ti­on mit Dritt- und Her­kunfts­staa­ten. Gesi­chert ist das nicht. Sehr genau wird dar­auf zu ach­ten sein, dass Men­schen­rechts­stan­dards an den Außen­gren­zen wirk­lich ein­ge­hal­ten werden.

Frag­wür­dig sind vor allem die kom­pli­zier­ten Regeln zur Ver­tei­lung der Asyl­su­chen­den auf die EU-Staa­ten – unklar, ob und wie die „fle­xi­ble Soli­da­ri­tät“ in der Pra­xis umge­setzt wird. Der Anspruch, Migra­ti­on wirk­sam zu steu­ern, stößt ohne­hin an poli­ti­sche Gren­zen : Dazu bräuch­te es ein Asyl­sys­tem, das gefähr­li­che Mit­tel­meer­über­fahr­ten über­flüs­sig macht, weil Mi­granten schon außer­halb Euro­pas Asyl in der EU bean­tra­gen kön­nen. Und mit Chan­cen auf einen lega­len Auf­ent­halt jen­seits des Asyl­rechts, mit wirk­sa­mer Bekämp­fung von Fluchtursachen.

Die nun beschlos­se­ne Reform dage­gen ist zwar aus euro­päi­scher Per­spek­ti­ve ein beacht­li­cher Fort­schritt – schnel­le Ent­las­tung hier­zu­lan­de bringt sie aber schon des­halb nicht, weil die schär­fe­ren Regeln erst in zwei Jah­ren grei­fen. Die natio­na­le Poli­tik bleibt also in der Pflicht. Grenz­kon­trol­len, der Kampf gegen Schleu­ser, die Neu­jus­tie­rung von Asyl­be­wer­ber­leis­tun­gen sind wei­ter wich­tig, eben­so die Hil­fe für über­las­te­te Kommunen.

Es ist ein beacht­li­ches Signal, dass in Deutsch­land seit Jah­res­an­fang ein Fünf­tel weni­ger Asyl­be­wer­ber regis­triert wur­den als im Vor­jah­res­zeit­raum – vor allem wegen der vor­über­ge­hen­den Grenz­kon­trol­len, ganz ohne EU-Reform. Das zeigt den Spiel­raum, den die deut­sche Poli­tik hat und wei­ter nut­zen muss.

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Quel­le : BER­LI­NER MORGENPOST
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Foto­credit : Ado­be­Stock 612679637 / Brisystem

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