Der Feind der Zukunft lauert also auch im Router und im Telekommunikationsnetz. Wir sollten darauf vorbereitet sein !

Schluss mit Cyber-Naivität – Leitartikel von Jörg Quoos, Herausgeber der Berliner Morgenpost

Euro­pa muss sei­ne Infra­struk­tur bes­ser gegen digi­ta­le Angrif­fe schüt­zen. Es ist unheim­lich, was im Unter­su­chungs­be­richt des EU-Par­la­ments zu den Gefah­ren von Cyber­an­grif­fen und Aus­spä­hung durch Chi­na und sei­ne Geheim­diens­te zu lesen ist. Der Report soll­te allen ver­ant­wort­li­chen Sicher­heits­po­li­ti­kern schnell die Augen öff­nen, dass längst nicht nur ein aus der Kon­trol­le gera­te­nes Russ­land die Sicher­heits­in­ter­es­sen Deutsch­lands und Euro­pas mas­siv stört. Im Fal­le Mos­kaus hat man eine Gefähr­dung lan­ge nicht gese­hen und zahlt heu­te einen hohen Preis dafür. Das soll­te sich im Umgang mit Chi­na nicht wiederholen.

„Lang­fris­tig gese­hen könn­te sich Chi­na zum Geg­ner Num­mer eins ent­wi­ckeln“ – so schätz­te der deut­sche Ver­fas­sungs­schutz­prä­si­dent Tho­mas Hal­den­wang bereits die Lage ein. Der jüngs­te Bericht aus Brüs­sel gibt ihm Recht.

Sicher­heits­tech­nik an Flug­hä­fen, die intims­te Daten und Auf­nah­men von Rei­sen­den und ihrem Gepäck an aus­län­di­sche Geheim­diens­te lie­fern kann. Soft­ware auf den Han­dys unse­rer Kin­der, deren Her­stel­ler und Pro­gram­mie­rer im Zugriff der chi­ne­si­schen Füh­rung sind. Eine Arma­da von Agen­ten und chi­ne­si­schen Geheim­dienst­lern am Sitz der EU-Kom­mis­si­on in Brüs­sel. Tech­ni­sche Kom­po­nen­ten – etwa von Hua­wei – die in unse­rem neu­en 5G-Mobil­funk­netz an vie­len Stel­len ver­baut sind. Die Lis­te der mög­li­chen Gefähr­dungs­punk­te lie­ße sich lan­ge fort­set­zen und ist Beweis für eine erschre­cken­de Nai­vi­tät und Gut­gläu­big­keit, die den Umgang mit Soft- und Hard­ware sowie staat­li­chen Stel­len aus Chi­na in den ver­gan­ge­nen Jah­ren kennzeichnete.

Ja, vie­le die­ser Pro­duk­te sind tech­nisch aus­ge­feilt und im inter­na­tio­na­len Ver­gleich oft preis­wer­ter. Aber die Mehr­kos­ten sind ver­deckt : Es geht auf Kos­ten unse­rer Sicher­heit, da sind sich die Exper­ten des Reports einig.

Man lei­det nicht unter Para­noia, wenn man den Ein­satz chi­ne­si­scher Spit­zen­tech­no­lo­gie stren­ger prüft und sich im Zwei­fel für Her­stel­ler aus dem demo­kra­ti­schen Teil der Welt ent­schei­det. Wer hier inves­tiert, inves­tiert auch in ein Mehr an Sicherheit.

Doch alle Vor­sicht von staat­li­chen Stel­len oder der Indus­trie nützt nichts, wenn ganz nor­ma­le Bür­ge­rin­nen und Bür­ger beim Down­load oder Öff­nen von E‑Mails unvor­sich­tig agie­ren oder ihre Daten jeder noch so unbe­kann­ten App preis­ge­ben. Spio­na­ge-Ope­ra­tio­nen wie von „Sharp Pan­da“ grei­fen mit gefähr­li­chen Spear-Phis­hing-Mails Ziel­netz­wer­ke von Chi­nas staat­li­chen Kon­kur­ren­ten wie Viet­nam, Indo­ne­si­en und Thai­land an. Wenn das gut funk­tio­niert ist die Aus­wei­tung des Akti­ons­ra­di­us auch auf Euro­pa mehr als wahrscheinlich.

Alle – Ver­wal­tung, Wirt­schaft und Bür­ger – müs­sen miss­trau­isch und vor­sich­tig blei­ben, damit Spio­na­ge-Angrif­fe kei­ne Chan­ce haben. Noch geht es meist um Indus­trie­spio­na­ge und Erlan­gung von Wett­be­werbs­vor­tei­len. Aber die zuneh­mend aggres­si­ven Töne und die mas­si­ve Auf­rüs­tungs­po­li­tik von Pekings Staats­füh­rung las­sen nur den Schluss zu, dass ein immer stär­ke­res Chi­na sich auch krie­ge­ri­sche Optio­nen offen hält.

Um in einem sol­chen Cyber­war zu bestehen, braucht es aus­ge­feil­te Sicher­heits­tech­nik, stren­ge Geneh­mi­gungs­pro­zes­se und brei­te Auf­klä­rung. Die Krie­ge der Zukunft – das ist Com­mon Sen­se bei den Mili­tärs – fin­den nicht nur auf dem Schlacht­feld, son­dern zusätz­lich im Cyber­space statt.

Das heißt : Der Feind der Zukunft lau­ert also auch im Rou­ter und im Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­netz. Wir soll­ten dar­auf vor­be­rei­tet sein.

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Quel­le : BER­LI­NER MOR­GEN­POST, REDAKTION
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Foto­credit : Ado­be­Stock 140672287 / Brisystem

 

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