„Man darf nichts mehr schreiben, was andere kränkt, verletzt oder verstört“

Donna Leon beklagt Zensur : „Man darf nichts mehr schreiben, was andere kränkt, verletzt oder verstört“

Berei­ni­gung von Klas­si­kern erin­nert Autorin an Kom­mu­nis­mus – „Fast unmög­lich, Sex nicht lächer­lich klin­gen zu las­sen“. Best­sel­ler-Autorin Don­na Leon (80) sieht eine neue Zeit der Zen­sur gekom­men : „Wir leben jetzt in einer Welt, in der man nichts schrei­ben darf, was Leser kränkt, über­rascht, ver­letzt, ver­stört oder in irgend­ei­ner ande­ren Wei­se Emp­find­lich­kei­ten berührt“, sag­te die Schrift­stel­le­rin der „Neu­en Osna­brü­cker Zei­tung“ (NOZ). „Das gefällt mir ganz und gar nicht. Das nennt man Zensur.“

Die Pra­xis, Klas­si­ker wie „Pip­pi Lang­strumpf“ um ras­sis­ti­sche Begrif­fe zu berei­ni­gen, ver­gleicht Leon mit der Geschichts­klit­te­rung des Kom­mu­nis­mus : „Im Namen von Wer­ten und Moral redi­gie­ren die Leu­te die Ver­gan­gen­heit um. Genau­so, wie es die Kom­mu­nis­ten in Russ­land gemacht haben“, sag­te Leon. „Wer eben noch am Tag des Sie­ges mit­mar­schier­te, wur­de im nächs­ten Jahr schon wie­der aus dem Foto retuschiert.“

Statt­des­sen plä­diert Leon dafür, die Spra­che der Ver­gan­gen­heit als Teil unse­rer Geschich­te anzu­er­ken­nen : „Ich kann ver­ste­hen, war­um Men­schen Bücher über­ar­bei­ten wol­len. Wir alle wür­den gern die Grau­sam­kei­ten ver­ges­sen, die zu uns gesagt wur­den. Vie­le von uns wür­den sicher auch gern die Grau­sam­kei­ten ver­ges­sen machen, die sie selbst gesagt haben. Aber es ist eben geschehen.“

Gegen ihre eige­nen Bücher sei noch nie ein Pro­test­sturm ent­brannt, sag­te die 80-Jäh­ri­ge – mit einer Aus­nah­me : Nach­dem sie in einem ihrer Kri­mis einen Hund habe ster­ben las­sen, hät­ten Leser Pro­test­brie­fe geschrie­ben : „Wahr­schein­lich habe ich in mei­nen Kri­mis an die 50 Men­schen ster­ben las­sen. Das stört kei­nen. Aber bei einem Gol­den Retrie­ver hört der Spaß auf.“

Mit einem Augen­zwin­kern ent­hüllt Leon ein inti­mes Geheim­nis ihrer Hel­den. Auf die Fra­ge, ob Com­mis­sa­rio Gui­do Bru­net­ti und sei­ne Frau Pao­la noch mit­ein­an­der schla­fen, ant­wor­tet Leon : „Natür­lich. Es sind Ita­lie­ner.“ Dass ihre Bücher das The­ma aus­spa­ren, begrün­det sie so : „Es ist fast unmög­lich, Sex nicht lächer­lich klin­gen zu las­sen. Ich habe früh beschlos­sen, es gar nicht zu versuchen.“

Auch im Pri­va­ten ver­mei­de sie das The­ma : „Ich kann mich nicht erin­nern, jemals eine Unter­hal­tung geführt zu haben, die sexu­el­le Din­ge preis­gibt. Das wür­de mir nicht beha­gen.“ Dass der Kampf gegen Tabus zur see­li­schen Gesund­heit bei­tra­gen könn­te, glaubt Leon nicht : „Ich muss doch nicht mich selbst aus­zie­hen, damit Sie sich beim Aus­zie­hen bes­ser füh­len“, so die Autorin. „Wie es den ande­ren mit ihrer Nackt­heit geht, fällt nicht in mei­nen Verantwortungsbereich.“

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Quel­le : Neue Osna­brü­cker Zei­tung, Redaktion
Ori­gi­nal-Con­tent von : Neue Osna­brü­cker Zei­tung, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit : Ado­be­Stock 183413652

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