Berliner Morgenpost : Für Bär und Wolf ist es zu spät. Kommentar von Oliver Stöwing

Alle wol­len zurück zur Natur, aber kei­ner will ihr begegnen.

Alle wol­len zurück zur Natur, aber kei­ner zu Fuß, war ein Spruch der 80er-Jah­re-Öko­be­we­gung. Man muss ihn abwan­deln : Alle wol­len zurück zur Natur, aber kei­ner will ihr begeg­nen. Denn wir haben das Erleb­nis in der Natur zum Rad­aus­flug ins Nah­erho­lungs­ge­biet roman­ti­siert und die gna­den­lo­se Sei­te der Natur ver­drängt. Die Bären­mut­ter in Tren­ti­no, die einen Jog­ger töte­te, ruft uns in Erin­ne­rung : Ein Men­schen­le­ben zählt für ein Raub­tier nicht mehr als das eines Rehs oder eines Hasen. Sobald Geschöp­fe der Natur ein Mini-Come­back schaf­fen, die nicht Honig­bie­ne, Feld­hams­ter oder Wild­blu­me sind, son­dern Wolf, Luchs, Bär oder Wisen­te, gibt es Kollisionen.

In Bay­ern zieht man die Kon­se­quenz : Minis­ter­prä­si­dent Mar­kus Söder will Abschüs­se für Wöl­fe erleich­tern.Da gibt er wie­der den Vor­al­pen-She­riff, kann man sagen. Aber wenigs­tens heu­chelt er nicht : Im dicht­be­sie­del­ten West­eu­ro­pa ist eine Koexis­tenz von Men­schen und gro­ßen Raub­tie­ren nicht mög­lich. Es ist sinn­vol­ler, das zu akzep­tie­ren und sich auf den Schutz der Arten zu kon­zen­trie­ren, die in unse­rer Zivi­li­sa­ti­on Nischen beset­zen können.

Natür­lich ist ohne­hin nichts an dem Leben des Groß­wilds. Die Dau­er­prä­senz des Men­schen bedeu­tet für sie Dau­er­stress. In den abge­schnit­te­nen Popu­la­tio­nen fin­den sie kei­nen Part­ner mehr. Fol­ge : Inzest. Ansons­ten wer­den sie von Autos, Wil­de­rern, Haus­hun­den, Krank­heit oder Hun­gers­not erle­digt. Nur 50 Pro­zent der Wöl­fe wer­den älter als zwei Jah­re. Um sol­che Tie­re auch bei uns zu bewah­ren, ist es bes­ser, sie in mög­lichst natur­na­hen Gehe­gen zu hal­ten. Sie sind ande­rer Mei­nung ? Sie wer­den sie ändern, wenn Ihnen eine wüten­de Bären­mut­ter gegenübersteht.

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Quel­le : BER­LI­NER MORGENPOST
Ori­gi­nal-Con­tent von : BER­LI­NER MOR­GEN­POST, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit : Ado­be­Stock 582110240

 

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