„Berliner Morgenpost“: Hohes Lohnplus ist richtig – Kommentar von Wolfgang Mulke zu Lohnforderungen bei der Bahn

Mit solch hohen Lohnforderungen wie in diesem Jahr sind die Gewerkschaften seit Jahrzehnten nicht mehr in ihre jeweiligen Tarifverhandlungen gezogen.

Nach den Post­lern und den Beschäf­tig­ten des öffent­li­chen Diens­tes sol­len nun auch die Eisen­bah­ner einen zwei­stel­li­gen Zuwachs bei Löh­nen und Gehäl­tern durch­set­zen. Das klingt zunächst maß­los, ist es aber nicht.

Trotz einer zuletzt ansehn­li­chen ­durch­schnitt­li­chen Lohn­ent­wick­lung mit einem Zuwachs von mehr als drei Pro­zent sind die Arbeit­neh­mer im ver­gan­ge­nen Jahr ärmer gewor­den. Die Kauf­kraft der Ein­kom­men sank um über vier Prozent.

Stark stei­gen­de Prei­se auf allen Ebe­nen sind der Grund dafür. Es ist ver­ständ­lich, wenn die Gewerk­schaf­ten die­sen Ver­lust zumin­dest wie­der aus­glei­chen wol­len. Allein für einen Infla­ti­ons­aus­gleich müss­ten die Arbeit­ge­ber grob gerech­net mehr als zehn Pro­zent drauflegen.

Auch die Arbeit­ge­ber ste­hen unter Druck. Der Deut­sche Bahn kos­tet jeder Pro­zent­punkt mehr Lohn rund 100 Mil­lio­nen Euro. Der Kon­zern muss die Ver­lus­te der Pan­de­mie-Jah­re ver­schmer­zen und viel Geld in die Moder­ni­sie­rung des Schie­nen­ver­kehrs ste­cken. Vie­le Kom­mu­nen ste­hen finan­zi­ell auf schwa­chen Füßen. Die­se Gemenge­la­ge lässt auf har­te Tarif­aus­ein­an­der­set­zun­gen im Früh­jahr schlie­ßen. Bei der Post sind Warn­streiks in vol­lem Gan­ge. Im öffent­li­chen Dienst set­zen die Gewerk­schaf­ten punk­tu­el­le Nadel­sti­che. Wie am Don­ners­tag in Berlin.

Im März oder zu Ostern wer­den dann viel­leicht die Lok­füh­rer zei­gen, dass ohne sie auf der Schie­ne nichts fährt. Wenn sich die Gewerk­schaf­ten dann noch zu gemein­sa­men Aktio­nen ver­ab­re­den, steht Deutsch­land still. Unwahr­schein­lich ist die­ses Sze­na­rio nicht.

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