Bepanthen-Kinderförderung und Uni Bielefeld werten Gemeinschaftssinn-Studie weiter aus

Studie der Bepanthen-Kinderförderung belegt :  Einstellung bestimmter Elterngruppen überträgt sich auf Folge-Generation
  • Unso­li­da­ri­sche Hal­tung gegen­über Schwä­che­ren wird weitergegeben
  • Hilfs­be­reit­schaft lässt sich posi­tiv beeinflussen
  • Väter und Müt­ter füh­len sich von Eltern­da­sein grund­sätz­lich eher nicht gestresst

win­ter­berg-total­lo­kal : Der Leis­tungs­glau­be, aber auch ein hoher Noten­druck eini­ger Eltern, schürt bei jun­gen Men­schen Abwer­tungs­ten­den­zen gegen­über Rand­grup­pen. Von den jun­gen Men­schen, die beson­ders star­ke Abwer­tungs­ten­den­zen auf­wei­sen, sehen sich rund 21 Pro­zent als “Ver­sa­ger”, 35 Pro­zent füh­len sich manch­mal “nutz­los”. Zu die­sem Ergeb­nis kommt die wei­ter­füh­ren­de Aus­wer­tung der Gemein­schafts­sinn-Stu­die der Bepan­then-Kin­der­för­de­rung und der Uni­ver­si­tät Bie­le­feld. Nach den 2019 ver­öf­fent­lich­ten Daten zum Gemein­schafts­sinn bei Kin­dern und Jugend­li­chen ste­hen aktu­ell die Per­spek­ti­ve der Eltern und ihr Ein­fluss auf die Kin­der und Jugend­li­chen im Fokus. Die Beson­der­heit der Erhe­bung : Für die Stu­die wur­den inner­halb der Fami­li­en – getrennt von­ein­an­der – sowohl Kin­der und Jugend­li­che als auch die jewei­li­gen Eltern befragt. So las­sen sich Par­al­le­len abbil­den und Rück­schlüs­se zum Ein­fluss der Eltern-Per­spek­ti­ve auf die Kin­der-Ein­stel­lung ziehen.

Gemein­schafts­sinn : Eltern legen den Grundstein

Die wich­tigs­te Erkennt­nis aus der Befra­gung von fast 1000 Kin­dern und Jugend­li­chen zwi­schen 6 und 16 Jah­ren war : Mehr als ein Fünf­tel der befrag­ten Kin­der (22 Pro­zent) ver­fügt ledig­lich über einen man­gel­haft aus­ge­präg­ten Gemein­schafts­sinn, bei den Jugend­li­chen ist es sogar ein Drit­tel (33 Pro­zent). Zur Defi­ni­ti­on von Gemein­schafts­sinn zogen die Wis­sen­schaft­ler vier Dimen­sio­nen her­an : Empa­thie, Soli­da­ri­tät, Gleich­gül­tig­keit und Abwer­tung. Nach der Per­spek­ti­ve der Her­an­wach­sen­den wur­den nun die Daten der mehr als 700 Eltern ausgewertet.

Mit Blick auf die ein­zel­nen Gemein­schafts­sinn-Fak­to­ren zeigt sich nun : Eine unso­li­da­ri­sche Ein­stel­lung gegen­über Schwä­che­ren wird offen­bar von Gene­ra­ti­on zu Gene­ra­ti­on wei­ter­ge­ge­ben. Die Mehr­heit der Kin­der (6 bis 11 Jah­re), deren Eltern wenig Soli­da­ri­tät auf­wei­sen, zeigt sich eben­falls nicht soli­da­risch – bei­spiels­wei­se gegen­über Mit­schü­lern, die aus­ge­grenzt wer­den. Stim­men die Eltern der Aus­sa­ge “Wer schlecht behan­delt wird, hat es in der Regel nicht bes­ser ver­dient” voll oder eher zu, so fin­den auch die befrag­ten Sechs- bis Elf­jäh­ri­gen : “Wenn ande­re ein Kind nicht mögen, ist das Kind meis­tens sel­ber schuld.” Das gilt über alle Befrag­ten hinweg.

Leis­tungs­glau­be führt zu Abwertungstendenzen

Beson­ders eine elter­li­che Grup­pe fällt dabei auf, wie eine Clus­ter­ana­ly­se* zeigt : Eltern, die stark an Leis­tungs­ge­rech­tig­keit glau­ben (“Wer sich anstrengt, erreicht auch etwas im Leben”), jedoch selbst einen eher nied­ri­gen sozio­öko­no­mi­schen Sta­tus auf­wei­sen, nei­gen zur Abwer­tung von Min­der­hei­ten und Rand­grup­pen. Denn die Dis­kre­panz zur eige­nen Stel­lung in der Gesell­schaft erklä­ren sie nicht durch ihr per­sön­li­ches Han­deln – son­dern durch die The­se, ande­re Men­schen wür­den unver­dient bevor­teilt. Die­se Her­ab­set­zung über­trägt sich offen­bar signi­fi­kant auf die Fol­ge-Gene­ra­ti­on : Mehr als die Hälf­te der Jugend­li­chen, deren Eltern zu die­ser Grup­pe gehö­ren, zeigt eine über­durch­schnitt­li­che Abwer­tungs­ten­denz gegen­über anderen.

Kin­der und Jugend­li­che haben Angst, ihre Eltern zu enttäuschen

“Wir beob­ach­ten bei die­sen Eltern zum einen Abwer­tungs­ten­den­zen, vor allem gegen­über Min­der­hei­ten, die ver­meint­lich Pri­vi­le­gi­en erhal­ten, zum ande­ren deut­lich erhöh­te Leis­tungs­er­war­tun­gen an die eige­nen Kin­der”, sagt Sozi­al­päd­ago­ge und Stu­di­en­lei­ter Prof. Dr. Hol­ger Zieg­ler. Mit dras­ti­schen Aus­wir­kun­gen : Fast die Hälf­te (46 Pro­zent) der Kin­der und rund 65 Pro­zent der Jugend­li­chen aus der durch tra­di­tio­nel­le und auto­ri­tä­re Sicht­wei­sen gepräg­ten Grup­pe von Eltern haben Angst, Vater oder Mut­ter zu ent­täu­schen. Dabei spie­len Schul­leis­tun­gen über die Gesamt­heit der Befrag­ten hin­weg eine gro­ße Rol­le, unab­hän­gig von Ideo­lo­gie und sozio­öko­no­mi­schem Sta­tus. So sagt mehr als jeder Vier­te (rund 26 Pro­zent) aller Befrag­ten : “Wenn mein Kind schlech­te Noten bekommt, bin ich sehr ent­täuscht.” 27 Pro­zent der Eltern machen sich außer­dem Sor­gen, ihr Kind nicht genü­gend zu fördern.

Eltern kön­nen Hilfs­be­reit­schaft ihrer Kin­der fördern

Die aktu­el­le Aus­wer­tung bie­tet aber auch gute Nach­rich­ten : In punc­to Hilfs­be­reit­schaft gegen­über Schwä­che­ren wir­ken sich die Bemü­hun­gen von Eltern grund­sätz­lich posi­tiv aus – offen­bar auch über alle sozio­öko­no­mi­schen Schich­ten und Grup­pen hin­weg. Die­sen Rück­schluss lässt der Ver­gleich der Kin­der-Ant­wor­ten mit denen der jewei­li­gen Eltern zu : Geben die Eltern an, ihren Kin­dern bei­zu­brin­gen, Schwä­che­ren zu hel­fen, so sagt auch die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit (73 Pro­zent) der Kin­der : “Wenn ande­re Kin­der geär­gert wer­den, ver­su­che ich zu hel­fen.” Nur 4 Pro­zent der Kin­der, deren Eltern die­ser Aus­sa­ge zustim­men, leh­nen sie selbst ab.

Empa­thie wird weitergegeben

Auch beim Gemein­schafts­fak­tor Empa­thie zei­gen sich Zusam­men­hän­ge zwi­schen Eltern und Jugend­li­chen : Je höher der elter­li­che Empa­thies­core, umso grö­ßer ist der Anteil von Jugend­li­chen, die den Aus­sa­gen “Es macht mich trau­rig, ein Mäd­chen zu sehen, das nie­man­den zum Spie­len fin­det” oder “Es macht mich trau­rig, wenn ich sehe, dass ein Jun­ge ver­letzt wird” zustim­men. Bei den Jugend­li­chen mit Eltern, die einen hohen Empa­thie­wert auf­wei­sen, ant­wor­ten 83 bezie­hungs­wei­se 87 Pro­zent bei die­sen Fra­gen mit “stimmt”. Bei den Jugend­li­chen, deren Eltern einen nied­ri­gen Empa­thies­core auf­wei­sen, sind dies nur 61 bezie­hungs­wei­se 58 Prozent.

Vie­le Eltern sind zuver­sicht­lich – und nicht gestresst

Ein wei­te­res posi­ti­ves Ergeb­nis der Stu­die : Eltern sehen ihre Kin­der über­wie­gend nicht als Stress-Fak­tor. Fast 77 Pro­zent stim­men eher nicht oder gar nicht der Aus­sa­ge zu “Mut­ter / Vater zu sein, stresst mich”. Der Unter­schied zwi­schen Vätern und Müt­tern beträgt dabei nicht ein­mal 1,5 Pro­zent­punk­te – geschlech­ter­spe­zi­fi­sche Unter­schie­de tre­ten dem­nach kaum zu Tage, eben­so wenig wie zwi­schen Voll- und Teil­zeit-Berufs­tä­ti­gen. Ob es dar­an liegt, dass Eltern zumin­dest bis­wei­len auto­ri­tär auf­tre­ten ? Immer­hin 30,4 Pro­zent stim­men voll oder eher der Aus­sa­ge zu : “Wenn mein Kind etwas tun möch­te, was mir nicht gefällt, ver­bie­te ich es ihm ein­fach.” Ein Wert, der auf­hor­chen lässt – trägt das Eltern­haus mit den dort geleb­ten Wer­ten doch wesent­lich zum Erle­ben von Gemein­schaft und sozia­len Ver­hal­tens­wei­sen bei. Erfreu­lich gleich­wohl : Rund 85 Pro­zent aller befrag­ten Eltern sind zuver­sicht­lich, wenn sie an die Zukunft ihres Nach­wuch­ses den­ken. Das Ergeb­nis stimmt hoff­nungs­voll – in einer kom­ple­xen Welt, in der Gemein­schafts­sinn wich­ti­ger denn je für den Zusam­men­halt in der Gesell­schaft ist.

* Wissenschaftlicher Hintergrund: Clusteranalyse
Für die sogenannte Clusteranalyse wurden die Antworten der Befragten in Gruppen ("Cluster") kategorisiert. Die vier gebildeten Cluster ähneln sich vor allem mit Blick auf ihren "Glauben an eine leistungsgerechte Welt" sowie hinsichtlich ihres Sozial- und Netzwerkstatus. "Ein starker Glaube an Leistungsgerechtigkeit - auch Meritokratie genannt - meint die Überzeugung: 'Wer sich anstrengt, erreicht auch etwas im Leben'", erklärt Sozialpädagoge und Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler. Dabei führt der Leistungsglaube allein nicht zu Abwertung: Ein stark ausgeprägter meritokratischer Glaube herrscht auch in Cluster 1, das durch höheres Einkommen und akademischen Hintergrund geprägt ist. Hier besteht folglich keine Diskrepanz zwischen dem eigenen sozioökonomischen Status und dem Glauben an Leistungsgerechtigkeit. Im Unterschied dazu weisen die Befragten aus Cluster 4 einen eher niedrigen sozioökonomischen Status auf. Ziegler: "Lautet die Gerechtigkeitsvorstellung 'Wer sozial oben oder unten ist, hat es im Wesentlichen so verdient', man selbst steht jedoch eher unten, passen Überzeugung und Realität nicht zusammen." Wichtig: Eine niedrige soziale Lage allein führt nicht unmittelbar zu Abwertungsneigung, sondern erst die Verbindung von Leistungsglaube und - nicht durch eigenes Handeln erklärtem - Scheitern.
Über die Bepanthen-Kinderförderung
Die Bepanthen-Kinderförderung setzt sich seit 2008 für Kinder und Jugendliche in Deutschland ein. Im zweijährlichen Rhythmus führt sie gemeinsam mit der Universität Bielefeld Sozialstudien durch, um aktuelle Problemfelder in der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu identifizieren. Die aus den Studien gewonnenen Erkenntnisse fließen in die praktische Kinderförderung des Kinderhilfswerk Arche ein. Weitere Informationen finden Sie unter bepanthen.de/kinderfoerderung und in der Gemeinschaftssinn-Studie unter www.bepanthen.de/kinderfoerderung/sozialforschung/gemeinschaftssinn.
Über Bayer
Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Life-Science-Gebieten Gesundheit und Ernährung. Mit seinen Produkten und Dienstleistungen will das Unternehmen den Menschen nützen, indem es zur Lösung grundlegender Herausforderungen einer stetig wachsenden und alternden Weltbevölkerung beiträgt. Gleichzeitig will der Konzern seine Ertragskraft steigern sowie Werte durch Innovation und Wachstum schaffen. Bayer bekennt sich zu den Prinzipien der Nachhaltigkeit und steht mit seiner Marke weltweit für Vertrauen, Zuverlässigkeit und Qualität. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte der Konzern mit rund 104.000 Beschäftigten einen Umsatz von 43,5 Milliarden Euro. Die Investitionen beliefen sich auf 2,9 Milliarden Euro und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 5,3 Milliarden Euro. Weitere Informationen sind im Internet zu finden unter www.bayer.de .
Die Bayer Vital GmbH vertreibt die Arzneimittel der Divisionen Consumer Health und Pharmaceuticals sowie die Tierarzneimittel der Geschäftseinheit Animal Health in Deutschland. Mehr Informationen zur Bayer Vital GmbH finden Sie unter: www.gesundheit.bayer.de

Bild­rech­te : Bepan­then-Kin­der­för­de­run­g/­Bay­er Vital GmbH

Ori­gi­nal-Con­tent von : Bepan­then-Kin­der­för­de­rung, über­mit­telt durch news aktuell

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