Bund stellt Fachkräfteoffensive für Kitas ein

NRW-Minister nennt Fördereinstellung „fatales Signal“ – Kita-Träger verliert weiter Vertrauen in die Politik

win­ter­berg-total­lo­kal : Hei­mi­scher katho­li­scher Trä­ger bil­det trotz feh­len­der Bun­des­mit­tel in sei­nen 182 Kitas zwi­schen Hamm und Sie­gen wei­ter aus

„Wenn poli­ti­sche Zusa­gen noch nicht ein­mal mehr eine Halb­wert­zeit von einem Jahr haben, wie soll man sich dann dar­auf ver­las­sen kön­nen und ver­ant­wort­lich pla­nen“, ist Micha­el Strat­mann, Geschäfts­füh­rer der katho­li­schen Kita gem. GmbHs in Hell­weg, Hoch­sauer­land-Wal­deck und Sie­ger­land-Süd­sauer­land maß­los ent­täuscht. Im Dezem­ber 2018 hat­te das Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um eine Fach­kräf­te­of­fen­si­ve für Erzie­he­rin­nen und Erzie­her vor­ge­stellt. Im Fokus des För­der­pro­gramms stand dabei die pra­xis­in­te­grier­te, ver­gü­te­te Aus­bil­dung (PiA) von 5.000 Erzie­herfach­schü­le­rin­nen und ‑schü­lern. Zwei Jahr­gän­ge woll­te der Bund finan­zie­ren, um mehr Fach­kräf­te für den Beruf zu gewin­nen bzw. im Beruf zu hal­ten. Nach nur einem Jahr und 2.500 geför­der­ten Ver­trä­gen stellt Fami­li­en­mi­nis­te­rin Fran­zis­ka Gif­fey (SPD) die För­de­rung jetzt ein.

„Wir haben mit hohem büro­kra­ti­schem Auf­wand 2019 För­der­mit­tel bean­tragt und uns bei der Per­so­nal­bud­get­pla­nung für 2020 natür­lich auf die Aus­sa­ge der Minis­te­rin ver­las­sen“, berich­tet Strat­mann. Ins­ge­samt 20 zusätz­li­che Aus­bil­dungs­stel­len konn­te er 2019 durch das För­der­pro­gramm ein­rich­ten. Damit haben die Kita gem. GmbHs auch 2020 gerech­net und wer­den nun enttäuscht.

Erfah­ren hat der Trä­ger von 182 Kitas zwi­schen Hamm und Sie­gen von der För­der­ein­stel­lung ledig­lich durch einen unschein­ba­ren Hin­weis auf der extra ein­ge­rich­te­ten Inter­net­sei­te des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums zur Fach­kräf­te­of­fen­si­ve. „Die­se Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on ist uns völ­lig unver­ständ­lich“, betont Strat­mann ärgerlich.

Auch NRW-Lan­des­mi­nis­ter Stamp kri­ti­siert Bundesregierung

„Die über­ra­schen­de Ein­stel­lung der Bun­des­för­de­rung im Rah­men der Fach­kräf­te­of­fen­si­ve ist ein fata­les Signal. Zahl­rei­che Kita-Trä­ger haben sich auf eine zwei­te För­der­run­de vor­be­rei­tet und wer­den nun vor schwie­ri­ge Ent­schei­dun­gen gestellt. Statt beim wich­ti­gen The­ma Per­so­nal­be­darf zuver­läs­sig zu unter­stüt­zen, wälzt der Bund die Ver­ant­wor­tung erneut auf die Län­der ab“, stellt auch der nord­rhein-west­fä­li­sche Minis­ter für Kin­der, Fami­lie, Flücht­lin­ge und Inte­gra­ti­on, Joa­chim Stamp (FDP) auf Nach­fra­ge fest. Die Ent­schei­dung des Bun­des, die Fach­kräf­te­of­fen­si­ve nicht fort­zu­set­zen, stel­le die pra­xis­in­te­grier­te Aus­bil­dung zur Erzieherin/​zum Erzie­her (PiA) in Nord­rhein-West­fa­len laut Stamp aber nicht grund­sätz­lich in Fra­ge. Die „PiA“ sei mitt­ler­wei­le ein eta­blier­ter Aus­bil­dungs­weg in NRW, der bereits vor der Fach­kräf­te­of­fen­si­ve des Bun­des von vie­len Trä­gern genutzt wor­den sei.

Im Rah­men der Reform des Kin­der­bil­dungs­ge­set­zes in NRW (KiBiz) sei es ein Ziel des Fami­li­en­mi­nis­te­ri­ums die Aus­bil­dung zur Erzie­he­rin bzw. zum Erzie­her nach­hal­tig zu ver­bes­sern. Micha­el Strat­mann kann aus der Pra­xis dem Lan­des­mi­nis­ter in die­ser Hin­sicht grund­sätz­lich zustim­men. Die Erhö­hung der Kind­pau­scha­len und die zusätz­li­che För­de­rung von Kita-Trä­gern die aus­bil­den, gebe eine per­spek­ti­vi­sche Planungssicherheit.

„Wir bie­ten für das kom­men­de Aus­bil­dungs­jahr 92 jun­gen Män­nern und Frau­en in unse­ren Ein­rich­tun­gen die Mög­lich­keit ihr Aner­ken­nungs­jahr zum Erzie­her­be­ruf in unse­ren Ein­rich­tun­gen zu begin­nen. 71 Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber bekom­men von uns ein Ver­trags­an­ge­bot zur PiA-Aus­bil­dung“, erklärt Strat­mann. Die­se Ver­pflich­tun­gen kön­ne man als Trä­ger aber eigent­lich nur ein­ge­hen, wenn auch die Finan­zie­rung der Aus­bil­dungs­stel­len ver­läss­lich gewähr­leis­tet sei. „Wenn ver­spro­che­ne För­de­run­gen aus­blei­ben, dann ist das für uns als Trä­ger untrag­bar und wir müss­ten die zuge­sag­ten Aus­bil­dungs­plät­ze wie­der zurück­zie­hen“, so Strat­mann. Die zuge­sag­ten Ver­trä­ge will er aber trotz der aus­blei­ben­den Bun­des­mit­tel erfüllen.

Feh­len­de Bun­des­mit­tel müs­sen aus­ge­gli­chen werden

Wie groß das finan­zi­el­le Loch sei, wel­ches nun durch feh­len­den För­der­gel­der des Bun­des in den Jah­res­etat geris­sen wür­de, kön­ne er noch nicht final bezif­fern. Aber man stel­le sich dar­auf ein, dass man feh­len­de Gel­der intern an ande­rer Stel­le – z.B. im inves­ti­ven Bereich – spa­ren müs­se. „Die ange­spann­te per­so­nel­le Lage lässt es nicht zu, dass wir auf jun­ge Nach­wuchs­kräf­te ver­zich­ten“, erklärt Stratmann.

Für die Zukunft erhofft sich Micha­el Strat­mann von der Lan­des­ebe­ne zusätz­li­che wich­ti­ge und ver­läss­li­che Impul­se für die Aus­bil­dung von Erzie­he­rin­nen und Erzie­her. Das Minis­te­ri­um hat hier­zu ein pra­xis­ori­en­tier­tes Arbeits­pro­gramm zur Per­so­nal­ge­win­nung gestar­tet und die Pres­se­stel­le betont, dass das gestopp­te Bun­des­pro­gramm kei­nen Ein­fluss auf die Initia­ti­ven des Lan­des habe.

Quel­le : Gabrie­le Muck­hoff – Kita gem. GmbHs Hell­weg, Hoch­sauer­land-Wal­deck und Siegerland-Südsauerland

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