Stichwort der Woche : Robin Hood, mal andersrum !

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

win­ter­berg-total­lo­kal : Der aktu­el­le „Reich­tums Report“ der Euro­päi­schen Zen­tral­bank bringt mal wie­der ver­blüf­fen­de Tat­sa­chen ans Licht. Wir Deut­schen gehö­ren in Euro­pa eher zu den armen Säcken. Das mitt­le­re Ver­mö­gen liegt bei uns um eini­ges nied­ri­ger als zum Bei­spiel in Ita­li­en oder Spa­ni­en. Selbst die Bewoh­ner von Euro-Kri­sen­staa­ten ver­fü­gen im Schnitt über ein höhe­res Median­ver­mö­gen als die Deut­schen. Selt­sam, bei uns boomt doch bekannt­lich alles, wir sind Export­welt­meis­ter und die Loko­mo­ti­ve der euro­päi­schen Wirt­schaft. Haben sich die Zen­tral­ban­ker da nicht verrechnet ?

Natür­lich nicht, sie haben ihre Erkennt­nis­se nur nicht an die gro­ße Glo­cke gehan­gen. Man möch­te die Deut­schen offen­sicht­lich nicht beun­ru­hi­gen. Der am 23.12.2016 ! erschie­ne­ne Report fand bis­her nur sehr ein­ge­schränkt sei­nen Weg in die Medi­en. Unge­fil­tert könn­ten sol­che Berich­te zu viel Zünd­stoff im bevor­ste­hen­den Wahl­kampf bie­ten. Doch wel­che Ursa­chen gibt die EZB dafür an ? Eine Ursa­che ist sicher­lich die gro­ße Kluft zwi­schen eini­gen weni­gen Rei­chen und vie­len Men­schen ohne nen­nens­wer­te Ver­mö­gen. Der ande­re Punkt ist die extrem nied­ri­ge Eigen­tums­quo­te bei selbst­ge­nutz­ten Immo­bi­li­en. Die liegt, mit 80%, in Ita­li­en oder Spa­ni­en mehr als dop­pelt so hoch wie hier­zu­lan­de. Auch das Akti­en­ver­mö­gen, wel­ches durch eine lang anhal­ten­de Hausse stark ange­wach­sen ist, befin­det sich nicht im Besitz der brei­ten Mas­se. Die ehe­mals siche­ren Geld­an­la­gen, wie Spar­brie­fe, Lebens­ver­si­che­run­gen etc., in wel­che die Mehr­heit der Deut­schen jahr­zehn­te­lang ihr Ver­trau­en setz­ten, sind durch die Null­zins­po­li­tik der EZB zu wah­ren Geld­ver­nich­tungs­ma­schi­nen gewor­den. Immo­bi­li­en­be­sitz galt, beson­ders im urba­nen Raum, lan­ge als abso­lut uncool. Die Fol­ge ist, dass sich inzwi­schen gro­ße Finanz­in­ves­to­ren auf den Märk­ten tum­meln und die Mie­ten dadurch in schwin­del­erre­gen­de Höhen stei­gen. Wer jedoch die Hälf­te sei­nes Ein­kom­mens für Mie­te auf­wen­den muss, kann mit dem Rest sicher kein Ver­mö­gen mehr schaf­fen. Und die Poli­tik ? „Wohl­stand für alle“, eine der Haupt­for­de­run­gen des Vaters der sozia­len Markt­wirt­schaft, scheint bei den heu­te poli­tisch Agie­ren­den nur noch als Phra­se für Sonn­tags­re­den zu tau­gen, nicht mehr als Richt­schnur ihres poli­ti­schen Han­delns. Anrei­ze zum Eigen­heim­bau und zur Ver­mö­gens­bil­dung sind seit den 90er Jah­ren sang- und klang­los gestri­chen wor­den, zumin­dest wur­den sie seit­dem nicht mehr den heu­ti­gen Ver­hält­nis­sen ange­passt. Die Finan­zie­rung der Sozi­al­kas­sen nur über die Erwerbs­ein­kom­men sowie die zu star­ke Besteue­rung unte­rer und mitt­le­rer Ein­kom­men haben uns in die­se Schief­la­ge gebracht. „Den Armen nimmt man, den Rei­chen gibt man!“ Im bevor­ste­hen­den Bun­des­tags­wahl­kampf wer­den wir wie­der jede Men­ge Wahl­ver­spre­chen erle­ben. Die kann man sich ger­ne anhö­ren, aber manch­mal fragt man sich, war­um die bei­den „gro­ßen“ Par­tei­en das nicht schon längst in Angriff genom­men haben. Zeit genug hat­ten sie ja in den ver­gan­ge­nen Jahrzehnten.

Ihr Nor­bert Schnellen

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