Kein Platz für Spekulanten-Schweinereien

Stich­wort der Woche von Nor­bert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal :  In der ver­gan­ge­nen Woche erschien der aktu­el­le „Fleisch­at­las Deutsch­land“ vom BUND und der Hein­rich-Böll-Stif­tung. Hier wird zwar auf der einen Sei­te unser aller Fleisch­kon­sum unter die Lupe genom­men, auf der ande­ren Sei­te aber auch die Erzeu­ger­struk­tu­ren. Bei die­sen kam mal wie­der Erschre­cken­des zu Tage : Immer weni­ger Betrie­be erzeu­gen immer mehr Mas­se. Wäh­rend der Fleisch­ver­brauch in Deutsch­land im ver­gan­ge­nen Jahr leicht zurück­ge­gan­gen ist und die Zahl der Betrie­be sich stark redu­ziert hat, wur­de die Pro­duk­ti­on erheb­lich gestei­gert. Deutsch­land gehört somit inzwi­schen zu den gro­ßen Fleisch­ex­por­teu­ren. Jahr­zehn­te­lang gal­ten wir als Indus­trie­land, das als Agrar­stand­ort kaum den eige­nen Ver­brauch von Fleisch und Milch sel­ber erzeu­gen konnte.

Seit der Wie­der­ver­ei­ni­gung hat sich die Struk­tur in der Land­wirt­schaft gra­vie­rend ver­än­dert. Seit­dem hat näm­lich die „orga­ni­sier­te Wirt­schafts­kri­mi­na­li­tät“, die in den Medi­en als „Finanz­märk­te“ bezeich­net wird, den Wirt­schafts­fak­tor Land für sich ent­deckt. Mit Unter­stüt­zung der Poli­tik, vor allen Din­gen der EU-Agrar­po­li­tik, wur­den Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen, die jede Men­ge Steu­er­gel­der als Sub­ven­tio­nen in die Taschen die­ser Spe­ku­lan­ten bringt. Auf der Stre­cke blei­ben hier­bei die bäu­er­li­chen Fami­li­en­be­trie­be, die Lebens­mit­tel­qua­li­tät, die Umwelt und das Tierwohl.

Von 1994 bis heu­te ist die Anzahl der Schwei­ne­mast­be­trie­be und der Geflü­gel­mast­be­trie­be um jeweils 90% zurück­ge­gan­gen, die Pro­duk­ti­on stieg hin­ge­gen um 75% beim Geflü­gel und um 50% beim Schwei­ne­fleisch. Die Zahl der Milch­vieh­al­ter sank im glei­chen Zeit­raum „nur“ um 65%, bei einer Pro­duk­ti­ons­stei­ge­rung von 15%. Aus­schlag­ge­bend hier­für war die Milch­quo­te, wel­che es aber seit letz­tem Jahr nicht mehr gibt. Seit­dem sin­ken die Milch­prei­se. Wahr­schein­lich wird kein bäu­er­li­cher Betrieb im Alt­kreis den Wett­be­werb mit den Agrar­fa­bri­ken über­ste­hen. Danach ist es nur noch eine Fra­ge der Zeit, bis auch in unse­rer Regi­on die ers­ten Groß­mast­be­trie­be ent­ste­hen, mit allen Aus­wir­kun­gen auf unse­re Umwelt und Landschaft.

Wenn auch hier­zu­lan­de die glei­chen Inves­to­ren, denen es völ­lig egal ist, ob sie ihr Geld mit Dro­gen, Waf­fen, Pro­sti­tu­ti­on oder Nah­rungs­mit­teln machen, in den Besitz von Land­flä­chen kom­men, wer­den wir die glei­chen „blü­hen­den Land­schaf­ten“ bekom­men, wie wir sie heu­te schon teil­wei­se in den neu­en Bun­des­län­dern und in Ost­eu­ro­pa sehen. Kön­nen wir denn über­haupt etwas gegen die­se Ent­wick­lung machen ? Ich mei­ne ja. Wenn wir uns nur etwas mehr Mühe machen und die Pro­duk­te der hei­mi­schen Fami­li­en­be­trie­be kau­fen, sei es Mol­ke­rei­pro­duk­te ört­li­cher Genos­sen­schafts­mol­ke­rei­en, Eier von glück­li­chen Sau­er­län­der Frei­land­hüh­nern, Fleisch mit Her­kunfts­nach­weis aus klei­nen Metz­ge­rei­en und Kar­tof­feln und Gemü­se vom Markt oder direkt vom Erzeuger.

Damit erhal­ten wir die Exis­tenz unse­rer Fami­li­en­be­trie­be, för­dern neue Ver­mark­tungs­we­ge vor Ort und zei­gen den (ver­bre­che­ri­schen) Boden­spe­ku­lan­ten, dass wir uns unse­re Kul­tur­land­schaft nicht von ihnen zer­stö­ren lassen.

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