Stichwort der Woche : Legal, illegal, scheißegal ?

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Seit eini­ger Zeit häu­fen sich in eini­gen Orten im Alt­kreis die Beschwer­den über eine immense Geruchs­be­läs­ti­gung durch aus­ge­fah­re­ne Gül­le. Bei nähe­rem Hin­se­hen stellt sich her­aus, dass hei­mi­sche Grund­be­sit­zer ihre Flä­chen an Lohn­un­ter­neh­men, zum Bei­spiel aus dem benach­bar­ten Hes­sen ver­pach­tet haben, die in „Nacht- und Nebel­ak­tio­nen“ dort die Gül­le von Schwei­ne­mast­be­trie­ben aus dem Müns­ter­land oder aus den Nie­der­lan­den auf­brin­gen. Obwohl es sich bei einem Teil der betrof­fe­nen Gebie­te um „FFH-Gebie­te“ han­delt, also laut EU beson­ders schüt­zens­wer­te Gebie­te, ist die­se Form des Gül­le­tou­ris­mus nach Aus­sa­ge der zustän­di­gen Umwelt­be­hör­den offen­bar abso­lut geset­zes­kon­form. Da soll­te doch die Fra­ge erlaubt sein, für wen der Gesetz­ge­ber eigent­lich die­se Geset­ze macht. Wenn hei­mi­sche land­wirt­schaft­li­che Unter­neh­men ihre Gül­le auf die abge­ern­te­ten Flä­chen auf­brin­gen, ist das, wenn auch nicht gera­de öko­lo­gisch, immer­hin noch eine Form der Kreis­lauf­wirt­schaft. Wenn aber die Gül­le aus der Mas­sen­tier­hal­tung in ande­ren Regio­nen, wo die Nitrat­be­las­tung im Trink­was­ser schon jetzt sämt­li­che Grenz­wer­te über­schrei­tet, als soge­nann­ter „Wirt­schafts­dün­ger“ ins Sau­er­land gebracht wird und hier die Umwelt belas­tet, kann man dahin­ter schon etwas kri­mi­nel­le Ener­gie ver­mu­ten. Gül­le führt näm­lich nicht nur zur Nitrat­be­las­tung im Grund­was­ser, son­dern auch zu einer hohen Fein­staub­be­las­tung, so dass die­se in man­chen länd­li­chen Regio­nen schon höher ist, als in den Bal­lungs­räu­men, in denen jetzt des­we­gen Fahr­ver­bo­te dro­hen. Tat­säch­lich ist die Luft­ver­schmut­zung durch die inten­si­ve Land­wirt­schaft inzwi­schen ungleich höher als die vom Auto­ver­kehr verursachte.

Wer ist also ver­ant­wort­lich für die­se Mise­re, die Grund­be­sit­zer, die ihre Flä­chen für „30 Sil­ber­lin­ge“ ver­pach­ten, die Land­wir­te mit ihrer ver­ant­wor­tungs­lo­sen Mas­sen­tier­hal­tung, die Poli­ti­ker, die anschei­nend nicht in der Lage sind, die­se kri­mi­nel­len Machen­schaf­ten durch eine har­te Gesetz­ge­bung zu stop­pen, oder viel­leicht ein Stück weit wir alle ? Wenn wir an lau­en Som­mer­aben­den unse­ren Grill anzün­den, ärgern wir uns natür­lich über den Gül­le­duft, der an man­chen Tagen in der Luft liegt. Woher die Holz­koh­le stammt inter­es­siert uns natür­lich weni­ger. Wenn die Medi­en kürz­lich dar­über berich­te­ten, dass ein gro­ßer Teil der hier ver­trie­be­nen Holz­koh­le aus Raub­bau in Ost­eu­ro­pa oder den Tro­pen kommt, wen juckt das schon. Die Nacken­steaks auf dem Grill sehen total lecker aus, man wie das duf­tet – und dann so bil­lig ! Es ist unse­re Gleich­gül­tig­keit gegen­über der Schöp­fung, die uns irgend­wann ein­mal wie­der ein­holt. Die hohe Nach­fra­ge nach bil­li­gem Fleisch sorgt natür­lich auf der Anbie­ter­sei­te für die Art von Schwei­ne­rei­en, deren Abfäl­le uns jetzt vor die Haus­tür gekippt wer­den. Nur ein Umden­ken auf der Ver­brau­cher­sei­te kann die Poli­tik dazu brin­gen, end­lich die Rah­men­be­din­gun­gen für eine regio­na­le und umwelt­ver­träg­li­che Land­wirt­schaft zu schaffen.

Ihr Nor­bert Schnellen

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