128. Deutscher Ärztetag eröffnet

128. Deutscher Ärztetag eröffnet – Unser Gesundheitswesen braucht menschliche Wertschätzung statt materieller Wertschöpfung

Mainz/​Winterberg : Mit der For­de­rung nach einem Gesund­heits­gip­fel im Bun­des­kanz­ler­amt hat Bun­des­ärz­te­kam­mer-Prä­si­dent Dr. Klaus Rein­hardt heu­te den 128. Deut­schen Ärz­te­tag eröff­net. “Es ist völ­lig unver­ständ­lich, dass wir einen Che­mie- und Auto­gip­fel im Kanz­ler­amt haben, aber kei­nen Gesund­heits­gip­fel”, sag­te Rein­hardt in Mainz. Die gesund­heit­li­chen Her­aus­for­de­run­gen einer Gesell­schaft des lan­gen Lebens sei­en zu kom­plex, als dass die­se von nur einem Minis­te­ri­um, dem Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG), bewäl­tigt wer­den könnten.

Seit Jah­ren blei­be die Poli­tik die Ant­wort auf die Fra­ge schul­dig, wie ange­sichts des demo­gra­fi­schen Wan­dels eine gute Gesund­heits­ver­sor­gung dau­er­haft gesi­chert wer­den kön­ne. Nicht nur die Bevöl­ke­rung ins­ge­samt wer­de älter, son­dern auch die Men­schen, die das Gesund­heits­sys­tem tra­gen. Die­se offe­ne Fra­ge sei mit ein Grund für die gro­ße Unzu­frie­den­heit von Ärz­tin­nen und Ärz­ten aus Kli­nik und Pra­xis. “Sie wol­len Zeit für Zuwen­dung statt Medi­zin im Minu­ten­takt. Sie wol­len in einem Gesund­heits­sys­tem arbei­ten, das geprägt ist von mensch­li­cher Wert­schät­zung und nicht von mate­ri­el­ler Wert­schöp­fung”, erklär­te der BÄK-Präsident.

Es gehe nicht dar­um, mög­lichst viel neu­es Geld in das Gesund­heits­sys­tem zu pum­pen, son­dern dar­um, den not­wen­di­gen Behand­lungs­be­darf aus­kömm­lich zu finan­zie­ren. “Gleich­zei­tig muss Ziel der Gesund­heits­ver­sor­gung sein, die vor­han­de­nen Res­sour­cen so effek­tiv, auf­ein­an­der abge­stimmt und effi­zi­ent ein­zu­set­zen, dass sie dem tat­säch­li­chen Behand­lungs­be­darf unse­rer Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten gerecht wer­den”, sag­te Rein­hardt mit Blick auf das Schwer­punkt­the­ma des 128. Deut­schen Ärz­te­ta­ges. Die Abge­ord­ne­ten wer­den mor­gen dar­über bera­ten, wie durch Struk­tur- und Pro­zess­re­for­men sowie inno­va­ti­ve sek­toren­über­grei­fen­de Ver­sor­gungs­mo­del­le eine pati­en­ten­ge­rech­te­re Steue­rung der Ver­sor­gung und somit eine struk­tu­rier­te­re Inan­spruch­nah­me medi­zi­ni­scher Leis­tun­gen erreicht wer­den kann.

Rein­hardt for­der­te den Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter dazu auf, bei sei­nen Reform­vor­ha­ben die Ärz­te­schaft und ande­re Gesund­heits­be­ru­fe stär­ker und frü­her ein­zu­bin­den. “Haben Sie den Mut, Erfah­rungs­kom­pe­tenz in prak­ti­ka­ble Lösungs­kom­pe­ten­zen umzu­set­zen”, sag­te der BÄK-Präsident.

Eine Gele­gen­heit dazu böte die aktu­el­le Kran­ken­haus­re­form. “Auch wenn wir durch­aus rich­ti­ge Ansät­ze erken­nen und die gro­ßen Zie­le tei­len, bleibt zum jet­zi­gen Zeit­punkt unklar, ob die selbst­ge­steck­ten Zie­le von Qua­li­täts­ver­bes­se­rung, Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung und Siche­rung der flä­chen­de­cken­den Ver­sor­gung erreicht wer­den kön­nen.” Ins­be­son­de­re wür­den die ärzt­li­che Wei­ter­bil­dung und Fra­gen der ärzt­li­chen Per­so­nal­aus­stat­tung nicht aus­rei­chend berücksichtigt.

Eine deut­li­che Absa­ge erteil­te Rein­hardt den kürz­lich vor­ge­leg­ten Emp­feh­lun­gen der Regie­rungs­kom­mis­si­on für die Kran­ken­haus­re­form, das leis­tungs­fä­hi­ge und breit auf­ge­stell­te Netz von Fach­arzt­pra­xen in Deutsch­land abzuschaffen.

Eben­falls not­wen­dig sei­en aus Sicht der Ärz­te­schaft wirk­sa­me Maß­nah­men gegen unnö­ti­ge Büro­kra­tie im Gesund­heits­we­sen. “In Zei­ten gra­vie­ren­der Per­so­nal­not darf es nicht sein, dass die wert­vol­le Arbeits­zeit in unnö­ti­ge und nerv­tö­ten­de Büro­kra­tie ver­senkt wird”, so Reinhardt.

Mit Blick auf das 75-jäh­ri­ge Jubi­lä­um des Grund­ge­set­zes am 23. Mai 2024 warn­te Rein­hardt vor einer zuneh­men­den Pola­ri­sie­rung in der poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung. Hass und Het­ze, Dis­kri­mi­nie­rung und Aus­gren­zung sei­en eine Gefahr für eine huma­ne, tole­ran­te und plu­ra­lis­ti­sche Gesellschaft.

Rein­hardt ver­wies dar­auf, dass das Grund­ge­setz grund­le­gend für die ärzt­li­che Berufs­aus­übung sei : die Frei­heits­rech­te, die Berufs­aus­übungs­frei­heit, der Gleich­heits­grund­satz, das Sozi­al­staats­prin­zip, das Recht auf Leben und kör­per­li­che Unver­sehrt­heit – all die­se Rech­te wür­den den Rah­men ärzt­li­cher Arbeit bilden.

Rein­hardt kün­dig­te an, dass sich der 128. Deut­sche Ärz­te­tag in einer eige­nen Reso­lu­ti­on ent­schie­den für den Erhalt der frei­heit­lich demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung in Deutsch­land ein­set­zen wer­de. Es gel­te, die­se Wer­te­ord­nung zu verteidigen.

 

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Quel­le : Bun­des­ärz­te­kam­mer – Dezer­nat Poli­tik und Kommunikation
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Foto­credits : Bild von Public­Do­main­Pic­tures auf Pix­a­bay

 

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