Eine Blamage, die Fragen aufwirft – Putins Treffer gegen Scholz – Ein Kommentar von Thorsten Knuf zur Abhöraffäre

Berliner Morgenpost : Putins Treffer gegen Scholz – Ein Kommentar von Thorsten Knuf zur Abhöraffäre

Für Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz kommt es gera­de knüp­pel­dick. Eigent­lich ver­sucht er ja seit Wochen, sich in Sachen Ukrai­ne-Unter­stüt­zung als Antrei­ber Euro­pas in Sze­ne zu set­zen. Mit Aus­nah­me der USA tut kei­ner so viel wie Deutsch­land. Nehmt euch mal ein Vor­bild an uns, ruft der Kanz­ler den EU-Part­nern bei jeder Gele­gen­heit zu. Die Debat­te hier­zu­lan­de aber wird über­la­gert von Scholz’ Wei­ge­rung, der Ukrai­ne Marsch­flug­kör­per vom Typ Tau­rus zu über­las­sen. Selbst die Ampel-Frak­tio­nen im Bun­des­tag hal­ten das für falsch. Und jetzt hat der Regie­rungs­chef auch noch einen Abhör­skan­dal am Bein. Der wirft grund­sätz­li­che Fra­gen auf in Bezug auf die Pro­fes­sio­na­li­tät der deut­schen Streit­kräf­te und die Argu­men­ta­ti­ons­li­nie des Kanz­lers in Sachen Taurus.

Die rus­si­sche Pro­pa­gan­da­platt­form RT ver­öf­fent­lich­te am Frei­tag ein abge­hör­tes Gespräch des deut­schen Luft­waf­fen-Inspek­teurs Ingo Ger­hartz, in dem die­ser mit ande­ren Offi­zie­ren mög­li­che Sze­na­ri­en für einen Tau­rus-Ein­satz durch­spiel­te. Dar­in kamen die Fach­leu­te zu dem Schluss, dass ein schnel­ler Ein­satz in der Ukrai­ne nur mit Unter­stüt­zung der Bun­des­wehr mög­lich wäre. Nach einer mehr­mo­na­ti­gen Aus­bil­dung wären ukrai­ni­sche Sol­da­ten aber durch­aus in der Lage, das Sys­tem selbst­stän­dig zu bedie­nen. Scholz hin­ge­gen argu­men­tiert bis­lang, dass immer deut­sche Unter­stüt­zung not­wen­dig wäre und dies die Gefahr einer Kriegs­es­ka­la­ti­on in sich ber­ge. Den Wider­spruch wird der Kanz­ler sehr rasch auf­lö­sen müssen.

Aber was ist an dem abge­hör­ten Gespräch an sich skandalös ?

Eigent­lich nicht viel – außer dem Umstand, dass füh­ren­de Ver­tre­ter der Bun­des­wehr offen­bar nicht in der Lage sind, sich bei heik­len Bespre­chun­gen geschütz­ter Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel zu bedie­nen. Nach Lage der Din­ge haben sich Gene­ral­leut­nant Ingo Ger­hartz und sei­ne Kol­le­gen ein­fach über die gän­gi­ge Video­kon­fe­renz-Anwen­dung ­Webex zusam­men­ge­schal­tet, einer der Teil­neh­mer sogar mit dem Mobil­te­le­fon von einem Hotel in Singapur.

Wenn die Ver­triebs­ab­tei­lung eines mit­tel­stän­di­schen Schrau­ben­her­stel­lers das macht, um die neu­en Absatz­zah­len durch­zu­ge­hen, dann mag das in Ord­nung sein. Soll­te sich aber her­aus­stel­len, dass sich Füh­rungs­kräf­te der Bun­des­wehr ver­hal­ten wie Anfän­ger und einen rus­si­schen Lausch­an­griff nahe­zu erbe­ten haben, dann wäre das in höchs­tem Maße besorg­nis­er­re­gend. Das Glei­che gäl­te für den Fall, dass die Offi­zie­re so gehan­delt haben, weil es ihnen an einer geschütz­ten Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tur fehlt.

Skan­da­lös ist hin­ge­gen nicht, dass die Füh­rung der Bun­des­wehr Ein­satz­sze­na­ri­en für Tau­rus in der Ukrai­ne durchspielt.

Das Land hat die­ses Waf­fen­sys­tem von Deutsch­land erbe­ten. Es ist die Auf­ga­be der hie­si­gen Streit­kräf­te, die Bun­des­re­gie­rung mit allen nöti­gen Infor­ma­tio­nen zu ver­sor­gen. Dass rus­si­sche Geheim­diens­te staat­li­che Stel­len und mili­tä­ri­sches Füh­rungs­per­so­nal im Wes­ten ins Visier neh­men, soll­te eh nie­man­den überraschen.

Unab­hän­gig davon ist der gesam­te Vor­gang natür­lich ein Tri­umph für den rus­si­schen Macht­ha­ber Wla­di­mir Putin : 

Deutsch­land steht gegen­über sei­nen Ver­bün­de­ten ziem­lich blöd da. Die Wahr­schein­lich­keit, dass Tau­rus doch noch gelie­fert wird, dürf­te wei­ter gesun­ken sein. Zudem über­deckt der Vor­gang die jüngs­ten Ent­hül­lun­gen über den ehe­ma­li­gen Wire­card-Mana­ger Jan Mar­sa­lek, der vie­le Jah­re als Spi­on im Diens­te Mos­kaus unter­wegs gewe­sen sein soll. Beim Boxen wür­de man wohl von einem “Wir­kungs­tref­fer” spre­chen – also einem Tref­fer, der den Kon­tra­hen­ten spür­bar schwächt.

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