Baurecht in der Praxis – Eine Auswahl von Urteilen deutscher Gerichte

Fragen des Baurechts sind häufig ganz entscheidende Fragen für Immobilienbesitzer, denn es geht nicht selten um hohe Geldbeträge. Insbesondere bei Abrissverpflichtungen und Rückbauten kann es teuer werden.

Der Info­dienst Recht und Steu­ern der LBS hat Urtei­le deut­scher Gerich­te gesam­melt, die sich mit die­ser Rechts­ma­te­rie befas­sen. Dabei spie­len unter ande­rem ein maro­der Schup­pen, ein weg­ge­fal­le­ner Ret­tungs­weg und die Gefahr eines Hang­rut­sches eine Rolle.

Der geplan­te Bau eines neu­en, 12 Meter hohen Gebäu­des in sei­ner Nach­bar­schaft stör­te einen Anwoh­ner. Er zog dage­gen vor Gericht. Aller­dings kam das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Nord­rhein-West­fa­len (Akten­zei­chen 2 B 19222) sei­ner For­de­rung nicht nach. Er woh­ne in 50 Metern Ent­fer­nung zu dem Neu­bau­pro­jekt und wer­de des­we­gen nicht in sei­nen Rech­ten verletzt.

Ein schwer­wie­gen­des Pro­blem hat­te eine Gemein­schaft von Woh­nungs­ei­gen­tü­mern. Die Fas­sa­de ihres Gebäu­des ent­hielt brenn­ba­re Stof­fe und soll­te des­we­gen auf Anwei­sung der Bau­auf­sicht ent­fernt wer­den. Die Behör­de voll­streck­te die­se Ver­fü­gung gegen­über der Gemein­schaft. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Nie­der­sach­sen (Akten­zei­chen 1 ME 10622) stell­te fest, nach­dem der Vor­gang aus­schließ­lich das Gemein­schafts­ei­gen­tum betref­fe, bedür­fe es kei­ner zusätz­li­chen Dul­dungs­ver­fü­gun­gen gegen­über den ein­zel­nen Mitgliedern.

Nicht immer ger­ne gese­hen sind Gast­stät­ten in Wohn­ge­bie­ten. Zwar wer­den sie von vie­len Men­schen immer wie­der besucht, aber in sei­ner unmit­tel­ba­ren Nähe möch­te man sie dann doch nicht haben. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Nie­der­sach­sen (Akten­zei­chen 1 LA 8521) erklär­te: Für die bau­recht­li­che Zuläs­sig­keit ist es nicht ent­schei­dend, ob die gebiets­be­zo­ge­ne Nach­fra­ge bereits durch vor­han­de­ne Loka­le bedient wird. Für den Kon­kur­renz­schutz bestehen­der Betrie­be sei man nicht zuständig.

In etli­chen deut­schen Städ­ten gibt es noch Hoch­bun­ker aus Kriegs­zei­ten, die kaum oder nur mit aller­größ­tem Auf­wand zu ent­fer­nen sind. Die Nut­zungs­än­de­rung eines sol­chen Bun­kers in einen Beher­ber­gungs­be­trieb ver­letz­te nach Ansicht des Ver­wal­tungs­ge­richts­ho­fes Hes­sen (Akten­zei­chen 3 B 208818) nicht die gebo­te­ne Rück­sicht­nah­me gegen­über den Nachbarn.

Beson­de­re Auf­merk­sam­keit ist bei Neu­bau­ten in Hang­la­ge gebo­ten, denn hier besteht natur­ge­mäß eine Rutsch­ge­fahr. Doch ein Anwoh­ner, der Angst um die Trag­fä­hig­keit sei­nes eige­nen Grund­stücks hat, kann nicht die Auf­he­bung der bau­recht­li­chen Geneh­mi­gung für sein Nach­bar­grund­stück erwir­ken. So urteil­te das Ver­wal­tungs­ge­richt Mainz (Akten­zei­chen 3 K 24820.MZ), denn die Erlaub­nis ste­he im kon­kre­ten Fall unter der Bedin­gung, dass spä­tes­tens bei Bau­be­ginn die Gewähr­leis­tung der Stand­si­cher­heit nach­zu­wei­sen sei.

Wenn ein Schup­pen deut­li­che Zei­chen des Ver­falls auf­weist, muss ihn der Eigen­tü­mer trotz­dem nicht zwangs­läu­fig abrei­ßen. Auch wenn die Behör­de die­ser Mei­nung ist. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Koblenz (Akten­zei­chen 4 L 108420.KO) ent­schied das für den Fall, dass der Ver­falls­pro­zess noch nicht irrever­si­bel und eine Instand­set­zung nicht völ­lig aus­zu­schlie­ßen sei.

Beson­ders ärger­lich ist es für Grund­stücks­ei­gen­tü­mer, wenn Neu­bau­ten plötz­lich vor­her nicht vor­han­de­ne Ein­bli­cke auf ihr Anwe­sen erlau­ben. Es gibt aller­dings nach Über­zeu­gung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Nord­rhein-West­fa­len (Akten­zei­chen 10 A 17920) kei­nen Anspruch dar­auf, dass Frei­flä­chen ver­blei­ben, die den Bli­cken Drit­ter ent­zo­gen sind.

Die Ver­wen­dung des Aus­drucks „Pfusch am Bau“ in einem Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten recht­fer­tigt noch nicht die Ableh­nung des Gut­ach­ters wegen Besorg­nis der Befan­gen­heit. Es han­delt sich, so das Ober­lan­des­ge­richt Ros­tock (Akten­zei­chen 4 W 3020), um einen untech­ni­schen Begriff, der die Per­son des Hand­wer­kers nicht zwin­gend ver­un­glimp­fe oder herabsetze.

Grund­le­gend im Bau­recht ist die Tat­sa­che, dass sich ein geplan­tes Wohn­ge­bäu­de in die Umge­bungs­be­bau­ung ein­fügt. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Mainz (Akten­zei­chen 3 K 114218.MZ) leg­te Wert dar­auf, solch ein Neu­bau müs­se sich vor allem in sei­nen Dimen­sio­nen mit den bereits vor­han­de­nen Gebäu­den ver­glei­chen las­sen. Im kon­kre­ten Fall tat das ein Objekt mit sie­ben Wohn­ein­hei­ten nicht und konn­te des­we­gen nicht geneh­migt werden.

Die Ret­tungs­we­ge zäh­len zum Wich­tigs­ten, auf das bei Gebäu­den geach­tet wer­den muss, denn im Ernst­fall ent­schei­den sie über Leben und Tod. Fällt bei einer Dach­ge­schoss­woh­nung der vor­ge­schrie­be­ne zwei­te Ret­tungs­weg weg und wird damit die bis­her gel­ten­de Bau­ge­neh­mi­gung rechts­wid­rig, dann kann nach Ansicht des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg (Akten­zei­chen 2 S 18.19) die wei­te­re Wohn­nut­zung unter­sagt werden.

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Quel­le: Dr. Ivonn Kap­pel, Refe­rat Pres­se, Bun­des­ge­schäfts­stel­le Landesbausparkassen
Ori­gi­nal-Con­tent von: Bun­des­ge­schäfts­stel­le Lan­des­bau­spar­kas­sen (LBS), über­mit­telt durch news aktuell

Bild­un­ter­schrift: Eine Aus­wahl von Urtei­len deut­scher Gerich­te Fra­gen des Bau­rechts sind häu­fig ganz ent­schei­den­de Fra­gen für Immo­bi­li­en­be­sit­zer, denn es geht nicht sel­ten um hohe Geld­be­trä­ge. Ins­be­son­de­re bei Abriss­ver­pflich­tun­gen und Rück­bau­ten kann es teu­er werden.

Bildrechte:©Bundesgeschäftsstelle Lan­des­bau­spar­kas­sen (LBS)
Fotograf:©Bundesgeschäftsstelle LBS

 

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