Baustelle Klima: Städte wappnen sich gegen Klimawandel Bundesweite Woche der Klimaanpassung ab 18.9.

Starkregen, Hitzewellen, Gewitterstürme und extremer Schneefall

Berlin/​Stuttgart/​Rastatt: In Städ­ten ist der Kli­ma­wan­del vor allem durch Extrem­wet­ter­er­eig­nis­se spür­bar. Schwe­re Ver­wüs­tun­gen und enor­me Gesund­heits­ri­si­ken sind die Fol­gen. Mit Kli­ma­schutz allei­ne ist es nicht mehr getan – Städ­te müs­sen sich schon jetzt an das ver­än­der­te Kli­ma anpas­sen. Wel­che Maß­nah­men sich dazu eig­nen, zei­gen zum Bei­spiel die baden-würt­tem­ber­gi­sche Stadt Ras­tatt oder die Quar­tiers­ent­wick­lung Ber­lin TXL. Wei­te­re Lösungs­an­sät­ze prä­sen­tie­ren Städ­te und Kom­mu­nen im Rah­men der bun­des­wei­ten Woche der Kli­ma­an­pas­sung vom 18. bis 22. Sep­tem­ber 2023, die das auf Bau und Immo­bi­li­en spe­zia­li­sier­te Bera­tungs­un­ter­neh­men Drees & Som­mer SE als Part­ner unterstützt.

“Unse­re Städ­te sind nicht für extre­me Hit­ze oder tro­pi­sche Regen­güs­se gebaut. Das größ­te Pro­blem ist die hohe Ver­sie­ge­lung mit wär­me­spei­chern­den Mate­ria­li­en, wie Beton, Asphalt oder Glas. Dadurch kann es in Städ­ten um bis zu 10 Grad wär­mer als im Umland sein, es bil­den sich soge­nann­te urba­ne Hit­ze­inseln”, erklärt Gre­gor Grassl, Asso­cia­te Part­ner und Exper­te für nach­hal­ti­ge Stadt­ent­wick­lung bei Drees & Som­mer. Hin­zu kom­men ver­mehrt auf­tre­ten­de Stark­re­gen­er­eig­nis­se. Laut des Gesamt­ver­ban­des der Deut­schen Ver­si­che­rungs­wirt­schaft (GDV) haben die­se zwi­schen 2002 und 2021 allei­ne an Wohn­ge­bäu­den einen Scha­den von rund 12,6 Mil­lio­nen Euro verursacht.[1] “Neben Kli­ma­schutz und der damit ver­bun­de­nen CO2-Reduk­ti­on müs­sen wir unse­re gebau­te Umwelt an die kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen anpas­sen, um Schä­den zu ver­mei­den und lebens­wer­te Städ­te zu erhal­ten”, so Grassl.

Klimaschutz und Klimaanpassung: Zwei Seiten einer Medaille

Maß­nah­men für Kli­ma­schutz und Kli­ma­an­pas­sung gehen häu­fig Hand in Hand – sie kön­nen in der Umset­zung jedoch auch mit gegen­sätz­li­chen Inter­es­sen ver­bun­den sein und dadurch kol­li­die­ren. Ein Bei­spiel dafür ist die Dis­kus­si­on dar­über, Dächer ent­we­der zu begrü­nen oder mit Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen aus­zu­stat­ten. “Ers­te­res ist eine Maß­nah­me der Kli­ma­an­pas­sung, zwei­te­res des Kli­ma­schut­zes. Dabei legen zahl­rei­che Stu­di­en nahe, dass sich bei­des kom­bi­nie­ren lässt und dar­aus sogar Syn­er­gien ent­ste­hen. Pho­to­vol­ta­ik-Modu­le auf Grün­dä­chern erzie­len dem­nach einen höhe­ren Ertrag, weil sie durch die Küh­lung des Gründa­ches bes­ser arbei­ten”, berich­tet Grassl. Ein wei­te­res Bei­spiel sind Solar­sied­lun­gen, deren stren­ge Süd­aus­rich­tung im Ein­zel­fall dazu füh­ren kann, dass sie dadurch die wich­ti­ge Stadt­durch­lüf­tung stö­ren. Sämt­li­che Bau­maß­nah­men gilt es somit stets aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven zu beleuch­ten, um Poten­zia­le sowohl für den Kli­ma­schutz als auch für die Kli­ma­an­pas­sung best­mög­lich zu nutzen.

10-Punkte-Plan der Stadt Rastatt: Mehr grün, mehr Schatten, weniger Beton

Die Stadt Ras­tatt hat gemein­sam mit Drees & Som­mer und dem Bera­tungs­un­ter­neh­men alpS ein Kli­ma­an­pas­sungs­kon­zept ent­wi­ckelt. Ras­tatt liegt inmit­ten des Ober­rhein­gra­bens in einer der wärms­ten Regio­nen Deutsch­lands. Kli­ma­da­ten aus den Jah­ren 1960 bis 2020 zei­gen, dass die Tem­pe­ra­tu­ren in Ras­tatt im Som­mer wie im Win­ter um rund drei Grad ange­stie­gen sind. “Die Anzahl hei­ßer Tage und war­mer Näch­te hat zuge­nom­men, wäh­rend die Nie­der­schlä­ge in den Som­mer­mo­na­ten zurück­ge­hen”, berich­tet Mar­tin Schursch, Kli­ma­schutz­ma­na­ger der Stadt Ras­tatt. “Um unse­re Stadt und ihre Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner gegen die kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen zu wapp­nen, haben wir gemein­sam mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der Stadt­ver­wal­tung zehn über­ge­ord­ne­te Maß­nah­men zur Kli­ma­an­pas­sung prio­ri­siert, die in den kom­men­den fünf Jah­ren umge­setzt wer­den sol­len. Da Ras­tatt bereits 1994 als eine der ers­ten deut­schen Städ­te ein Kli­ma­schutz­kon­zept auf den Weg gebracht hat und wir als Stadt bis 2035 kli­ma­neu­tral sein wol­len, sind zahl­rei­che Ein­zel­maß­nah­men auch bereits begonnen.”

Dazu zählt bei­spiels­wei­se die Begrü­nungs- und Ver­schat­tungs­in­itia­ti­ve, im Rah­men derer seit 2020 ins­ge­samt 1.000 neue Bäu­me im Stadt­ge­biet gepflanzt wer­den. Zudem setzt das Maß­nah­men­pa­ket auf eine ver­stärk­te Fas­sa­den­be­grü­nung für Ver­duns­tungs­küh­le. Mar­tin Schursch ergänzt: “Für die Durch­lüf­tung der Stadt und um Hit­ze und Schad­stof­fe aus­zu­lei­ten, brau­chen wir Frisch­luft­schnei­sen sowie Grün­flä­chen und Wäl­der als Kalt- und Frisch­luft­pro­du­zen­ten. Zu deren Schutz geht seit 2017 jedem Bau­vor­ha­ben eine Kli­ma­ana­ly­se vor­aus.” Zur Ver­bes­se­rung der Was­ser­ver­füg­bar­keit will die Stadt nach dem Prin­zip der Schwamm­stadt mehr Was­ser dezen­tral spei­chern und bei Bedarf abru­fen, bei­spiels­wei­se mit­tels Baum­ri­go­len, Tief­bee­ten und Zis­ter­nen. Ent­lang von Rhein und Murg sol­len neue Reten­ti­ons­flä­chen zum Über­flu­tungs- und Hoch­was­ser­schutz geschaf­fen werden.

Städte als Schwämme

Wie ein Schwamm kön­nen auch begrün­te Flach­dä­cher in inner­städ­ti­schen Gebie­ten wir­ken, aller­dings muss die Sta­tik der Gebäu­de auf die­se Zusatz­be­las­tung aus­ge­legt sein. An die Stel­le ver­sie­geln­der Mate­ria­li­en wie Asphalt oder Pflas­ter­stei­nen kön­nen was­ser­durch­läs­si­ge Rasen­git­ter­stei­ne tre­ten, wobei zu berück­sich­ti­gen ist, dass die­se die Bar­rie­re­frei­heit ein­schrän­ken. Gro­ße Plät­ze oder auch Ska­ter­parks las­sen sich in Mul­den­form als mul­ti­funk­tio­na­le Reten­ti­ons­flä­chen anle­gen, so dass sich dort Regen­was­ser sam­meln und die­ses spä­ter dosiert an das Kanal­netz abge­führt wer­den kann.

In Ber­lin hat Drees & Som­mer für das Stadt­ent­wick­lungs­pro­jekt Ber­lin TXL auf dem Are­al des ehe­ma­li­gen Flug­ha­fens Tegel ein Bio­di­ver­si­täts­kon­zept mit Regen­was­ser­ma­nage­ment für eine nach­hal­ti­ge Was­ser­ver­sor­gung bei gleich­zei­ti­gem Stark­re­gen­schutz ent­wi­ckelt. So sind die Gebäu­de und Frei­flä­chen nach dem Prin­zip der Schwamm­stadt geplant, Flä­chen wur­den ent­sie­gelt und ein natur­na­hes Regen­was­ser­be­cken ein­ge­plant. Auf­ge­fan­ge­nes Regen­was­ser kann teil­wei­se als Brauch­was­ser ver­wen­det werden.

Helle Oberflächen und Nachtkühlung statt Klimaanlage

In Städ­ten gehen hei­ße Tage mit mehr als 30 Grad auf­grund des Hit­ze­insel-Effekts häu­fig mit Tro­pen­näch­ten ein­her, in denen die Tem­pe­ra­tur nicht unter 20 Grad absinkt. Das bedeu­tet Dau­er­stress für den Kör­per und ein gesund­heit­li­ches Risi­ko vor allem für älte­re Men­schen, Per­so­nen mit Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen und Klein­kin­der. Damit sich Gebäu­de und Innen­städ­te weni­ger stark auf­hei­zen, set­zen Städ­te­pla­ner ver­mehrt auf den soge­nann­ten Albe­do-Effekt – so auch beim Schu­ma­cher Quar­tier, dem Wohn­quar­tier inner­halb des Ent­wick­lungs­pro­jekts Ber­lin TXL. Hel­le und reflek­tie­ren­de Ober­flä­chen­ma­te­ria­li­en mit gerin­ger Wär­me­spei­cher­fä­hig­keit (Albe­do) kön­nen die star­ke Wär­me­ab­sorp­ti­on in Städ­ten an hei­ßen Tagen ver­rin­gern. Es gilt: Je hel­ler die Gebäu­de und Ober­flä­chen in einer Stadt sind, des­to gerin­ger ist die Auf­hei­zung, weil kurz­wel­li­ge Strah­lung reflek­tiert wird und das Mate­ri­al sich nicht erwär­men kann. “Auch hel­ler Stra­ßen­be­lag ist ver­ein­zelt bereits im Ein­satz”, weiß Gre­gor Grassl.

Ganz ohne eine Küh­lung des Innen­raums geht es in vie­len Fäl­len trotz­dem nicht. “In Sum­me ste­hen aus­rei­chend vie­le CO2-neu­tra­le Lösun­gen zur Bewäl­ti­gung von Hit­zestress in Städ­ten zur Ver­fü­gung. Kli­ma­an­la­gen wie Split­ge­rä­te hin­ge­gen küh­len zwar den Innen­raum, hei­zen jedoch gleich­zei­tig durch die Abwär­me den Außen­raum noch wei­ter auf. Zudem sind sie enor­me Strom­fres­ser”, gibt Grassl zu beden­ken. Auf Gebäu­de­ebe­ne kom­men des­halb als Alter­na­ti­ve ver­stärkt Low-Tech-Sys­te­me zum Ein­satz. Dabei wird viel Spei­cher­mas­se in das Gebäu­de ein­ge­baut, die den Innen­raum nachts durch die küh­le­re Außen­luft kühlt. “In Tro­pen­näch­ten ist es nachts jedoch zu warm, dann funk­tio­niert das Prin­zip nicht mehr. In die Zukunft gedacht, müs­sen des­halb sogar aus heu­ti­ger Sicht nach­hal­ti­ge Gebäu­de auf Grund des Kli­ma­wan­dels saniert wer­den”, sagt Grassl.

Wäh­rend Grün­fas­sa­den die Tem­pe­ra­tur an der Fas­sa­de und damit den Kühl­be­darf sen­ken, kön­nen Fuß­bo­den­hei­zun­gen im Som­mer zum Kühl­bo­den wer­den und Decken im Rah­men der Bau­teil­ak­ti­vie­rung als Kühl­flä­chen die­nen. Auch Geo­ther­mie lässt sich nicht nur zum Hei­zen, son­dern eben­so zum Küh­len ein­set­zen. Glei­ches gilt für Nied­rig-Ener­gie-Sys­te­me (LowEx-Sys­te­me): Dabei ent­steht ein klein­räu­mi­ger Quar­tiers­kreis­lauf mit nied­ri­ger Vor­lauf­tem­pe­ra­tur, der ange­schlos­se­nen Gebäu­den beim gegen­sei­ti­gen Aus­tausch von Wär­me und Käl­te unter­stützt und ver­schie­de­ne rege­ne­ra­ti­ve Wär­me­quel­len ein­bin­det. Eben­so kön­nen sai­so­na­le Spei­cher inte­griert wer­den, die im Erd­reich über­schüs­si­ge Wär­me aus dem Som­mer spei­chern und im Win­ter abge­ben – und umge­kehrt. Die­se zukunfts­ori­en­tier­ten Lösun­gen sind resi­li­ent und auch bei tro­pi­schen Näch­ten funktionsfähig.

 

Über die Woche der Klimaanpassung:

Die bun­des­wei­te Woche der Kli­ma­an­pas­sung fin­det vom 18.–22. Sep­tem­ber statt. Dabei han­delt es sich um eine Initia­ti­ve des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Umwelt, Natur­schutz, nuklea­re Sicher­heit und Ver­brau­cher­schutz. Das Zen­trum Kli­ma­An­pas­sung (ZKA) ist mit der Aus­ge­stal­tung und Umset­zung beauf­tragt. Ziel ist es, Aktio­nen zur Umset­zung von Kli­ma­an­pas­sungs­maß­nah­men vie­ler Städ­te, Kom­mu­nen, Insti­tu­tio­nen und Akteur:innen sicht­bar zu machen. Drees & Som­mer unter­stützt die Woche der Kli­ma­an­pas­sung als Part­ner. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: https://​zen​trum​-kli​ma​an​pas​sung​.de/​w​d​k​a23

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Quel­le: Ori­gi­nal-Con­tent von: Drees & Som­mer SE, über­mit­telt durch news aktuell

Bild: Wie ein Schwamm kön­nen begrün­te Flach­dä­cher in inner­städ­ti­schen Gebie­ten wir­ken, aller­dings muss die Sta­tik der Gebäu­de auf die­se Zusatz­be­las­tung aus­ge­legt sein.

Foto­credit: Drees & Som­mer SE / Foto­graf:© Drees & Sommer