Peter Liese : Nicht noch mehr Auflagen für Kommunen im ländlichen Raum

Land­wir­te, Wald­be­sit­zer, Was­ser­kraft­werks­be­trei­ber und Kom­mu­nen im länd­li­chen Raum leh­nen Gesetz zur Wie­der­her­stel­lung der Natur ab

„Bür­ger­meis­ter, Land­rä­te, Wald­be­sit­zer und Land­wir­te kla­gen mir gegen­über seit vie­len Jah­ren über zu vie­le Auf­la­gen aus der Euro­päi­schen Uni­on. Ins­be­son­de­re haben die Men­schen den Ein­druck, dass Natur­schutz­ver­bän­de auf­grund der FFH- und Vogel­schutz­richt­li­nie schon sehr viel Ein­fluss haben und wich­ti­ge Pro­jek­te behin­dert wer­den. Auch des­halb wer­de ich am Mitt­woch gegen das soge­nann­te Gesetz zur Wie­der­her­stel­lung der Natur stim­men“, dies erklär­te der süd­west­fä­li­sche CDU-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Dr. Peter Lie­se im Vor­feld der Abstim­mung über das ent­spre­chen­de Gesetz im Euro­päi­schen Par­la­ment in Straß­burg am Mittwoch.

In einer Video­kon­fe­renz dis­ku­tier­te er mit Exper­tin­nen und Exper­ten aus der Regi­onsowie mit Jour­na­lis­tin­nen und Jour­na­lis­ten. Das Gesetz zur Wie­der­her­stel­lung der Natur sieht unter ande­rem vor, dass bis 2030 20 % und bis 2050 90 % der Flä­chen, die sich nicht in einem guten Zustand befin­den, wie­der­her­ge­stellt wer­den sol­len. Dies sehen Natur­schutz­ver­bän­de wie der NABU als Chan­ce, zusätz­li­chen Druck auf Land­wir­te und länd­li­che Kom­mu­nen aus­zu­üben, um den Arten­schutz wei­ter vor­an­zu­brin­gen. Die Defi­ni­ti­on, wel­che Flä­chen sich nicht in einem guten Zustand befin­den, ist im Vor­schlag der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on sehr unklar, es wird aber Bezug genom­men auf den Zustand von vor 70 Jah­ren. „Dies ist aus mei­ner Sicht ein Kern­pro­blem des Vor­schlags. Einer­seits ist die Defi­ni­ti­on so unklar, dass jeder alles und nichts hin­ein­in­ter­pre­tie­ren kann und ande­rer­seits ist der Zustand von vor 70 Jah­ren nicht unbe­dingt erstre­bens­wert. Wald­bau­ern wei­sen zum Bei­spiel zu Recht dar­auf hin, dass wir neue Baum­ar­ten brau­chen, wie die Dou­gla­sie, die vor 70 Jah­ren nicht hei­misch war, aber mit dem geän­der­ten Kli­ma bes­ser klar­kommt.“ Neben den Christ­de­mo­kra­ten im Euro­päi­schen Par­la­ment haben auch vie­le ande­re Akteu­re, zum Bei­spiel die FDP-Abge­ord­ne­ten, die aller­dings in ihrer Frak­ti­on in Straß­burg kei­ne Mehr­heit haben, der baden-würt­tem­ber­gi­sche Minis­ter­prä­si­dent Win­fried Kret­sch­mann und der Städ­te- und Gemein­de­bund Kri­tik geübt. Auch Bür­ger­meis­ter aus der Regi­on schlos­sen sich die­ser Kri­tik an.

„Natur­schutz ist wich­tig und rich­tig“.  „Wenn aller­dings kon­fron­ta­ti­ver Natur­schutz zu einer Eska­la­ti­on bei­trägt, die uns Kom­mu­nen in unse­rer Hand­lungs­fä­hig­keit ein­schränkt, dann geht das am The­ma vor­bei,“ so Tho­mas Schrö­der, Bür­ger­meis­ter der Stadt Mars­berg. Beson­ders kri­tisch ist Arti­kel 7 des Vor­schlags, der vor­sieht, 25.000 km Fließ­ge­wäs­ser wie­der in den natür­li­chen Zustand zurück zu set­zen. Dadurch sehen sich Betrei­ber von Was­ser­kraft­wer­ken unter Druck. Für Peter Lie­se ist dies ein kla­res Bei­spiel dafür, dass der Vor­schlag nicht wie behaup­tet dem Kli­ma­schutz nutzt, son­dern an vie­len Stel­len sogar schadet.

„Die jetzt von der Kom­mis­si­on vor­ge­se­he­nen Maß­nah­men wer­den der Natur nicht nut­zen, son­dern mas­siv scha­den. Es bedeu­tet, dass groß­räu­mig Wehr­an­la­gen aus der Kul­tur- und Natur­land­schaft her­aus­ge­ris­sen wer­den. Die rege­ne­ra­ti­ve Ener­gie­er­zeu­gung und der Kli­ma­schutz wer­den unter­bun­den. Der Hoch­was­ser­schutz wird ver­schlech­tert. Das Was­ser fließt im Win­ter schnel­ler ab und füllt nicht mehr die Grund­was­ser­spei­cher, so dass in tro­cke­nen Som­mern die Gewäs­ser und die Aue viel­fach kom­plett aus­trock­nen. Die­se Vor­ha­ben sind kon­tra­pro­duk­tiv für die Auen­land­schaf­ten, für die Bio­di­ver­si­tät, für die Gewäs­ser­öko­lo­gie die Land­wirt­schaft und den Kli­ma­schutz. Im Ergeb­nis wer­den gan­ze Land­stri­che mas­siv aus­trock­nen. Das kann nie­mand ernst­haft wol­len. Wir müs­sen zukünf­tig das Was­ser in der Land­schaft hal­ten und nicht weg­flie­ßen las­sen!“, beton­te Cars­ten Lin­ne­born, Was­ser­kraft­werks­be­trei­ber an der Ruhr. Die Land- und Forst­wirt­schaft pro­tes­tiert gegen den Vor­schlag. Lie­se teilt auch die­se Kri­tik : „Die Ein­schrän­kung der Land- und Forst­wirt­schaft in einer Zeit, in der wir drin­gend Holz und Nah­rungs­mit­tel brau­chen, hal­te ich für problematisch.“

„Ich set­ze mich als prak­ti­zie­ren­de Land­wir­tin inten­siv für den Arten­schutz ein und inte­grie­re aktiv Arten­schutz­pro­jek­te in unse­ren betrieb­li­chen All­tag“.

So wol­len wir Insek­ten­wäl­le errich­ten und in Agro­forst inves­tie­ren. Wir als Land­wir­te haben ein beson­de­res Inter­es­se am Natur­schutz, weil wir in und mit der Natur arbei­ten und lang­fris­tig davon leben müs­sen. Die Kos­ten der Maß­nah­men müs­sen aber gedeckt sein. Hier kann die Erwei­te­rung der Pro­dukt­pa­let­te durch z.B. Agro­forst einen wirt­schaft­li­chen Anreiz dar­stel­len. Ande­re Maß­nah­men wie Beat­le Banks müs­sen ent­spre­chend ver­gü­te­te wer­den. Ein bedeu­ten­der Trug­schluss im Natu­re Res­to­ra­ti­on Law ist, dass der Ein­satz von Dün­ger und Pflan­zen­schutz pau­schal die Arten­viel­falt min­dert und die Böden schä­digt. Viel­mehr müs­sen wir in sen­si­blen Gebie­ten auf mecha­ni­sche Boden­be­ar­bei­tung und mine­ra­li­schen Dün­ger ver­zich­ten, um lang­fris­tig CO2 in Form von Humus zu spei­chern und eine Puf­fer­zo­ne zu haben, sodass Nähr- aber auch Schad­stof­fe nicht ins Grund­was­ser ver­la­gert wer­den und das Boden­le­ben inkl. der geschütz­ten Boden­brü­ter und Co. erhal­ten blei­ben“, erläu­te­re Marie Hoff­mann, Land­wir­tin und Agrar-Influen­ce­rin aus Lippetal.

„Die Wie­der­her­stel­lung der Natur darf nicht über noch mehr Flä­chen­ex­ten­si­vie­rung vor­ge­schrie­ben wer­den, denn die fehlt uns dann zur Ver­sor­gungs­si­cher­heit. Man kann aber bestehen­de Umwelt­maß­nah­men opti­mie­ren und moder­ne (Sensor‑, Kamera‑, Drohnen‑, …-) Tech­nik för­dern und ein­set­zen, um Dün­ger und Che­mie zu redu­zie­ren,“ erläu­ter­te Josef Lehm­en­küh­ler (Vor­sit­zen­der des land­wirt­schaft­li­chen Kreis­ver­ban­des Soest des West­fä­lisch-Lip­pi­schen Land­wirt­schafts­ver­ban­des (WLV)).

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Quel­le : Die­ter Ber­ger, Euro­pa­bü­ro für Süd­west­fa­len und das Hoch­stift, Meschede
Fotocredit:©Büro Liese

 

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