Kirchenrechtler Schüller erwartet „Klagewelle“ – Erneut Schmerzensgeldklage gegen das Erzbistum Köln

Erneut Schmerzensgeldklage gegen das Erzbistum Köln – Missbrauchsopfer verlangt 830.000 Euro Schmerzensgeld – Kirchenrechtler Schüller erwartet „Klagewelle“

Das Erz­bis­tum Köln sieht sich im Miss­brauchs­skan­dal erneut einer Schmer­zens­geld­kla­ge gegen­über. Wie der „Köl­ner Stadt-Anzei­ger“ (Mitt­woch-Aus­ga­be) berich­tet, ver­langt die frü­he­re Pfle­ge­toch­ter des Seri­en­tä­ters und Köl­ner Ex-Pries­ters Hans Ue., Mela­nie F., 830 000 Euro als Ent­schä­di­gung für das ihr zuge­füg­te kör­per­li­che und see­li­sche Leid. Der Spre­cher des Land­ge­richts, Jan Orth, bestä­tig­te der Zei­tung den Ein­gang der Kla­ge (Az 5O220/23) mit dem Vor­be­halt, dass sie dem Erz­bis­tum als Beklag­tem noch nicht zuge­stellt wor­den sei. Das Erz­bis­tum nahm unter Hin­weis auf „lau­fen­de Ver­fah­ren“ nicht Stellung.

Die heu­te 56 Jah­re alte Frau war von ihrem Pfle­ge­va­ter in den spä­ten 70er und frü­hen 80er Jah­ren viel­fach aufs Schwers­te miss­braucht wor­den. In zwei Fäl­len wur­de sie von Ue. unge­wollt schwan­ger. Die ers­te Schwan­ger­schaft, die der jun­gen Frau nach eige­nen Anga­ben damals nicht bewusst war, wur­de durch einen gynä­ko­lo­gi­schen Ein­griff been­det, des­sen Ziel Ue. und der Frau­en­arzt ihr ver­heim­lich­ten. Bei der zwei­ten Schwan­ger­schaft ent­schied sie sich selbst für einen Abbruch.

Der Fall wur­de bekannt, weil F. im Dezem­ber 2021 als Zeu­gin im Köl­ner Straf­pro­zess gegen Ue. aus­sag­te. Das Land­ge­richt Köln ver­ur­teil­te Ue. zu zwölf Jah­ren Haft wegen Miss­brauchs von neun Mäd­chen in mehr als 100 Fäl­len. Inzwi­schen ist auch ein kirch­li­ches Straf­ver­fah­ren gegen Ue. abge­schlos­sen. Der Vati­kan ver­häng­te die Höchst­stra­fe, die Ent­las­sung aus dem Klerikerstand.

F.s Fall ist sowohl straf­recht­lich als auch zivil­recht­lich ver­jährt. Damit ein Scha­den­er­satz­pro­zess geführt wer­den kann, muss das Erz­bis­tum Köln auf die Ein­re­de der Ver­jäh­rung ver­zich­ten. Dies hat es im Fall des Miss­brauchs­op­fers Gün­ter Men­ne getan. Men­ne bekam im Juni vom Land­ge­richt Köln 300 000 Euro Schmer­zens­geld zuge­spro­chen, die höchs­te Sum­me, die in einem sol­chen Fall je von einem deut­schen Gericht fest­ge­setzt wurde.

Der Anwalt der Klä­ge­rin, Eber­hard Luet­jo­hann, erwar­tet, dass das Erz­bis­tum auch im Fall F. kei­ne Ver­jäh­rung gel­tend macht. Sonst wäre „der Maria­nen­gra­ben der Unmo­ral erreicht“, sag­te der Bon­ner Jurist dem „Köl­ner Stadt-Anzeiger“.

Der Müns­te­ra­ner Kir­chen­recht­ler Tho­mas Schül­ler räumt der Kla­ge hohe Erfolgs­aus­sich­ten ein. „Die Ver­ge­hen und die kirch­li­chen Ver­säum­nis­se sind gut doku­men­tiert“, sag­te Schül­ler der Zei­tung. Den katho­li­schen Bis­tü­mern und evan­ge­li­schen Lan­des­kir­chen ste­he ins­ge­samt „eine Kla­ge­wel­le“ bevor, weil sich immer mehr Betrof­fe­ne ermu­tigt sähen, für ihre Rech­te vor staat­li­che Gerich­te zu ziehen.

Wenn sich die Recht­spre­chung des Land­ge­richts Köln ver­ste­ti­ge und Betrof­fe­ne künf­tig hohe sechs­stel­li­ge Sum­men zuge­spro­chen bekä­men, „droht finanz­schwa­chen Bis­tü­mern bald die Insol­venz“, so Schül­ler wei­ter. Rei­che Diö­ze­sen wie Köln, Müns­ter oder Pader­born könn­ten „viel­leicht zehn, 15 sol­che Fäl­le mit Rück­la­gen oder bischöf­li­chen Son­der­ver­mö­gen auf­fan­gen“, schätzt Schül­ler. „Aber danach ist Schluss. Dann muss man an die Kir­chen­steu­er ran. Und das bedeu­tet : Alle, die die Kir­che finan­zi­ell unter­stüt­zen, wer­den bei der Ent­schä­di­gung in Mit­haf­tung für die Miss­brauchsta­ten genommen.

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Quel­le : Köl­ner Stadt-Anzei­ger, Newsdesk
Ori­gi­nal-Con­tent von : Köl­ner Stadt-Anzei­ger, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit : Ado­be­Stock 302187266 / Brisystem

 

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