„Vollbild“-Recherchen zeigen : Sexueller Missbrauch von Jugendlichen über „Sugardating“-Plattformen

Video online ab 20.6.2023 : „Vollbild“-Recherchen zeigen : Sexueller Missbrauch von Jugendlichen über „Sugardating“-Plattformen Video online ab 20.6.2023

Zwei­te Staf­fel des SWR-Inves­ti­ga­tiv­for­mats „Voll­bild“ star­tet mit Under­co­ver-Recher­che zu sexu­el­lem Miss­brauch durch „Sugard­ad­dys“: Online ab 20. Juni 2023, 16 Uhr in der ARD Media­thek und 17 Uhr auf www​.you​tube​.com/​v​o​l​l​b​ild

Sugar­da­ting-Platt­for­men wie „MySugard­ad­dy“ wer­den von älte­ren Män­nern gezielt genutzt, um sexu­el­le Kon­tak­te zu Min­der­jäh­ri­gen anzu­bah­nen. Das zei­gen Recher­chen des SWR-Inves­ti­ga­tiv­for­mats „Voll­bild“ (Video online 20. Juni 2023, ab 16 Uhr in der ARD Media­thek, 17 Uhr auf You­Tube). Dem Bun­des­kri­mi­nal­amt sowie meh­re­ren Lan­des­kri­mi­nal­äm­tern ist die Platt­form im Zusam­men­hang mit Men­schen­han­del sowie sexu­el­lem Miss­brauch von Jugend­li­chen bekannt.

Im Rah­men einer Under­co­ver-Recher­che leg­te sich das „Vollbild“-Rechercheteam ver­schie­de­ne Fake-Pro­fi­le auf der Platt­form an – als soge­nann­tes „Sugarb­a­be“ und als soge­nann­ter „Sugard­ad­dy“ – und chat­te­te mit mehr als 100 Nut­zern auf der Platt­form. Zwei „Sugard­ad­dys“ bestä­tig­ten, auf der Platt­form schon Min­der­jäh­ri­ge ken­nen­ge­lernt und sie für sexu­el­le Hand­lun­gen bezahlt zu haben. Dies stellt den Straf­tat­be­stand des sexu­el­len Miss­brauchs an Jugend­li­chen nach § 182 Absatz 2 Straf­ge­setz­buch dar. Außer­dem gaben auch eini­ge Nut­ze­rin­nen der Platt­form im Chat zu, noch nicht voll­jäh­rig zu sein.

Under­co­ver-Recher­che auf der Online-Platt­form „MySugard­ad­dy“

Die Platt­form „MySugard­ad­dy“ wirbt damit, die „Num­mer eins Sugar Dating Com­mu­ni­ty in Euro­pa“ zu sein. Nach eige­nen Anga­ben hat sie vier Mil­lio­nen Mit­glie­der. Hier tref­fen jun­ge Frau­en auf meist älte­re Män­ner, um gegen Geld und Geschen­ke emo­tio­na­le oder sexu­el­le Bezie­hun­gen ein­zu­ge­hen. Die Platt­form wirbt mit einem gla­mou­rö­sen Life­style und dem Ver­spre­chen eines Luxus­le­bens. Der Slo­gan : „Upgrade your Life­style!“. Die Platt­form „MySugarD­ad­dy“ bezeich­net sich als „Treff­punkt für erfolg­rei­che und stil­vol­le Kava­lie­re, die auf der Suche nach einer attrak­ti­ven Part­ne­rin sind“.

Kei­ne Alters­ve­ri­fi­ka­ti­on auf der Plattform

Laut Nut­zungs­be­din­gun­gen steht „MySugard­ad­dy“ nur Per­so­nen ab 18 Jah­ren offen. Zwar muss man bei der Regis­trie­rung das Geburts­da­tum ange­ben, kann aber kein Datum aus­wäh­len, das nicht min­des­tens 18 Jah­re zurück­liegt. Eine Über­prü­fung des Alters fin­det nicht statt. Das Min­dest­al­ter mit einer fal­schen Anga­be zu umge­hen, ist also ein Kin­der­spiel. Die Grün­der von „MySugard­ad­dy“ haben sich trotz mehr­ma­li­ger Nach­fra­ge des „Vollbild“-Teams nicht dazu geäu­ßert, wie­so es kei­ne stren­ge­re Alters­ve­ri­fi­ka­ti­on gibt oder ob sie eine ein­füh­ren wollen.

Fall Dani­el B.: Sexu­el­ler Miss­brauch von Jugendlichen

Dass Män­ner gezielt min­der­jäh­ri­ge Mäd­chen auf „MySugard­ad­dy“ kon­tak­tie­ren, um sie sexu­ell zu miss­brau­chen, zeigt auch ein aktu­el­ler Fall, der im Früh­jahr am Land­ge­richt in Mün­chen ver­han­delt wur­de. Der Ange­klag­te Dani­el B. soll unter ande­rem auch auf „MySugard­ad­dy“ mit Mäd­chen im Alter von 13 bis 16 Jah­ren geschrie­ben und teil­wei­se sexu­el­le Hand­lun­gen an und vor ihnen vor­ge­nom­men haben. Er wur­de zu einer Frei­heits­stra­fe von drei Jah­ren und sechs Mona­ten ver­ur­teilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Ermitt­ler kri­ti­sie­ren unzu­rei­chen­de Altersprüfung

Die im Fall Dani­el B. ermit­teln­de Kom­mis­sa­rin Eli­sa Panuc­cio ist spe­zia­li­siert auf die Bekämp­fung sexu­el­ler Gewalt gegen Kin­der und Jugend­li­che. Sie kri­ti­siert im Inter­view mit „Voll­bild“ die feh­len­de Alters­ve­ri­fi­zie­rung auf ein­schlä­gi­gen Platt­for­men : „Es gibt auf kei­ner Platt­form, die wir ken­nen, Sicher­heit vor sexu­el­lem Miss­brauch. Es gibt kei­ne Alters­prü­fung, es gibt kei­ner­lei Veri­fi­zie­rung.“ Das Bun­des­kri­mi­nal­amt schreibt auf „Vollbild“-Nachfrage, es hal­te eine Alters­ve­ri­fi­ka­ti­on durch die Betrei­ber der Platt­form für „wün­schens­wert“. Das Bun­des­di­gi­tal­mi­nis­te­ri­um teilt jedoch mit, dies sei nicht mit dem EU-Recht ver­ein­bar. Das Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um erklärt auf Anfra­ge, die Platt­for­men soll­ten pro­ak­tiv nach min­der­jäh­ri­gen Usern suchen und sie sperren.

Macht­miss­brauch und Abhän­gig­kei­ten durch „Sugardating“-Beziehungen

Eine qua­li­ta­ti­ve Lang­zeit­stu­die, für die eine däni­sche For­schungs­grup­pe rund 60 „Sugarb­a­bes“ befragt hat, zeigt die Gefah­ren von „Sugar­da­ting“ auf. Nach anfäng­lich posi­ti­ven Erfah­run­gen hät­ten vie­le der „Sugarb­a­bes“ ihre per­sön­li­chen Gren­zen immer wei­ter ver­scho­ben und sei­en in Abhän­gig­keits­ver­hält­nis­se gerutscht – aus Angst vor Gewalt, aber auch vorm Ver­las­sen­wer­den, sagt die Lei­te­rin der Stu­die, Pro­fes­so­rin Jea­nett Bjøn­ness von der Uni­ver­si­tät Aar­hus. Vie­le der „Sugarb­a­bes“ kämen außer­dem aus kom­pli­zier­ten Fami­li­en­ver­hält­nis­sen und such­ten beim „Sugar­da­ting“ Geld und Anerkennung.

„Sugar­da­ting“ als Gefahr für Min­der­jäh­ri­ge und jun­ge Frauen

Auch Julia von Wei­ler von der Orga­ni­sa­ti­on „Inno­cence in Dan­ger“, die sich gegen sexu­el­len Kin­des­miss­brauch enga­giert, sieht im „Sugar­da­ting“ eine gro­ße Gefahr für Min­der­jäh­ri­ge und jun­ge Frau­en. „Wenn ein jun­ger Mensch auf einen sehr viel älte­ren Men­schen trifft, dann haben wir es qua defi­ni­tio­nem mit einem Gefäl­le zu tun – an Lebens­er­fah­rung, an Macht, oft auch Defi­ni­ti­ons­ge­walt und finan­zi­el­ler Über­macht. Damit ent­ste­hen Abhän­gig­kei­ten“, sagt von Wei­ler. Sie äußert har­te Kri­tik an Sugar­da­ting-Platt­for­men : „Die­se Platt­form­be­trei­ber, da bin ich mir tau­send­pro­zen­tig sicher, wis­sen ganz genau, dass sie natür­lich auch ein Kli­en­tel anzie­hen, die anders unter­wegs sind. Und zwar auf bei­den Sei­ten, also jün­ge­re Nut­ze­rin­nen, als sie eigent­lich erlaubt sein dür­fen und erwach­se­ne Nut­zer, die auf der Suche nach Min­der­jäh­ri­gen sind.“

Zwei­te Staf­fel des jun­gen SWR-Inves­ti­ga­tiv­for­mats „Voll­bild“ mit zwölf neu­en Dokus

Mit einer exklu­si­ven Under­co­ver-Recher­che zu sexu­el­lem Miss­brauch durch „Sugard­ad­dys“ star­tet die zwei­te Staf­fel des jun­gen SWR-Inves­ti­ga­tiv­for­mats „Voll­bild“. Der SWR führt das For­mat auf­grund des Erfolgs der ers­ten Staf­fel wei­ter und rea­li­siert zusam­men mit der Ber­li­ner Pro­duk­ti­ons­fir­ma „Labo M“ zwölf neue inves­ti­ga­ti­ve Dokus à 20 bis 30 Minu­ten Län­ge, die sich in The­men­aus­wahl und Mach­art gezielt an die jün­ge­re Ziel­grup­pe der 30- bis 40-Jäh­ri­gen rich­ten. Die neue Staf­fel wird künf­tig im Vier-Wochen-Rhyth­mus in der ARD Media­thek ver­öf­fent­licht. Das For­mat war im Juli 2022 gestar­tet. Mit 17 inves­ti­ga­ti­ven Dokus hat „Voll­bild“ regel­mä­ßig bun­des­weit Schlag­zei­len gemacht und in ARD Media­thek und auf You­Tube eine Mil­lio­nen­reich­wei­te in der jün­ge­ren Ziel­grup­pe erzielt.

Die gan­ze Recher­che in der ARD Media­thek oder unter www​.you​tube​.de/​v​o​l​l​b​ild. „Voll­bild“ ist das jun­ge inves­ti­ga­ti­ve Recher­che-For­mat des SWR aus der Werk­statt von „Report Mainz“. Infos auch auf : http://​swr​.li/​v​o​l​l​b​i​l​d​-​s​u​g​a​r​d​a​t​ing

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Quel­le : „Voll­bild“ / SWR – Süd­west­rund­funk / SWR-Inves­ti­ga­tiv­for­mats „Voll­bild“
Ori­gi­nal-Con­tent von : SWR – Süd­west­rund­funk, über­mit­telt durch news aktuell

Bild­un­ter­schrift : ARD/SWR VOLL­BILD, „Sugar­da­ting“, am Diens­tag (20.06.23) ab 16:00 Uhr in der ARD Media­thek. VOLL­BILD-Jour­na­lis­tin Rabea West­arp im Inter­view mit einer jun­gen Frau („Sugarb­a­be“), die schlech­te Erfah­run­gen mit „Sugar­da­ting“ gemacht hat.

Bildrechte:©SWR
Fotograf:©SWR – Südwestrundfunk

 

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