Hitzewelle und zugleich Unwetter stehen laut Wetterprognosen bevor

Intelligentes Wassermanagement für Städte, Kommunen und Unternehmen notwendig / „Wir brauchen ein intelligentes Wassermanagement“

„Wir dür­fen nicht erst dann über den Was­ser­not­stand oder auch Stark­re­gen nach­den­ken, wenn der Scha­den bereits ein­ge­tre­ten ist“, for­dert Umwelt­schutz­tech­ni­ker Phil­ipp Alber, Exper­te für Was­ser­ma­nage­ment beim auf Bau, Immo­bi­li­en und Infra­struk­tur spe­zia­li­sier­ten Bera­tungs­un­ter­neh­men Drees & Som­mer SE mit Haupt­sitz in Stutt­gart. Alber plä­diert für ein intel­li­gen­tes Wassermanagement.

Tro­cken­heit, Dür­re und Was­ser­knapp­heit einer­seits, Stark­re­gen, Hoch­was­ser und Über­schwem­mun­gen auf der ande­ren Sei­te. Was die bei­den schein­bar dia­me­tra­len Wet­ter­phä­no­me­ne ver­bin­det : die ver­hee­ren­den Fol­gen für den Was­ser­haus­halt und das Grund­was­ser, das einen unver­zicht­ba­ren Bestand­teil unse­res Was­ser­kreis­lau­fes und damit unse­rer Lebens­grund­la­ge bildet.

Zwei Sei­ten einer Medaille

Je län­ger und hei­ßer die Hit­ze­pe­ri­oden aus­fal­len, des­to höher ist die Ver­duns­tung, was für eine zusätz­li­che Aus­trock­nung der Böden sorgt. Gleich­zei­tig kön­nen sie gro­ße Regen­fäl­le in kur­zer Zeit nicht auf­neh­men. Das führt zu Über­schwem­mun­gen, Boden­ero­si­on, Ver­rin­ge­rung der Was­ser­spei­cher­ka­pa­zi­tät im Boden und damit zu einem nach­ge­la­ger­ten Was­ser­man­gel im Boden und Grund­was­ser. Um die­sen Man­gel aus­zu­glei­chen, muss häu­fi­ger und län­ger bewäs­sert wer­den. Die Kon­se­quenz : die Grund­was­ser­re­ser­ven schrump­fen immer mehr.

Wer glaubt, es hand­le sich dabei allein um das Pro­blem unser süd­lich gele­ge­ne­ren Nach­bar­län­der, täuscht sich. Zwar ver­zeich­ne­te Deutsch­land den nas­ses­ten März seit 22 Jah­ren und auch der April und Mai waren im Ver­gleich zu lang­jäh­ri­gen Mit­tel­wer­ten nie­der­schlags­stark, doch für eine Ent­war­nung reicht das bei Wei­tem nicht aus. Die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren stark gesun­ke­nen Grund­was­ser­pe­gel haben sich von der aus­ge­präg­ten Som­mer­tro­cken­heit der Jah­re 2018 bis 2022 noch immer nicht erholt. Noch ist die Lage hier­zu­lan­de nicht dra­ma­tisch. Aber Kli­ma­pro­gno­sen bis 2050 ver­hei­ßen nichts Gutes : In Tei­len der Bun­des­re­pu­blik wer­de um bis zu zwan­zig Pro­zent weni­ger Grund­was­ser neu gebil­det. Umso wich­ti­ger, sich bereits heu­te dar­auf ein­zu­stel­len und ent­spre­chen­de Maß­nah­men zu ergreifen.

Bund und ein­zel­ne Län­der reagieren

Erst im März beschloss die Bun­des­re­gie­rung eine Natio­na­le Was­ser­stra­te­gie. Sie ent­hält rund 80 Maß­nah­men zur Siche­rung der Was­ser­ver­füg­bar­keit in Deutsch­land, die bis 2050 umge­setzt wer­den sol­len. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se eine drin­gend not­wen­di­ge bun­des­wei­te Erfas­sung des Grund­was­sers, der Schutz von Wäl­dern und Über­schwem­mungs­flä­chen, Was­ser­spei­cher in den Städ­ten sowie Fern­was­ser­lei­tun­gen in tro­cke­ne Regio­nen. Fest­ge­schrie­ben ist zudem : Trink­was­ser hat Prio­ri­tät. Soll­te es beim Grund­was­ser knapp wer­den, müs­sen Indus­trie und Land­wirt­schaft kürzertreten.

Das Land Baden-Würt­tem­berg hat bei­spiels­wei­se einen „Mas­ter­plan Was­ser­ver­sor­gung“ initi­iert – ein ehr­gei­zi­ges Pro­jekt unter Betei­li­gung von Drees & Som­mer, in dem lan­des­weit die zukünf­ti­ge Ent­wick­lung der Was­ser­res­sour­cen und der Bedarf abge­schätzt wer­den. Daten über die Struk­tur der Was­ser­ver­sor­gung wer­den kom­mu­nen­scharf erho­ben und ana­ly­siert mit dem Ziel, eine zukunfts­fä­hi­ge Trink­was­ser­ver­sor­gung zu gewährleisten.

Trans­pa­renz schaffen

Mit der Natio­na­len Was­ser­stra­te­gie legt die Bun­des­re­gie­rung die drin­gend not­wen­di­gen Grund­la­gen für ein moder­nes Was­ser­ma­nage­ment. Sie darf aber kei­ne unver­bind­li­che To-Do-Lis­te blei­ben. Für die Sta­bi­li­sie­rung unse­rer Grund­was­ser­spie­gel ist der Ver­brauch eine ent­schei­den­de Grö­ße. Mehr Trans­pa­renz ist hier ein Muss, um Nut­zungs­kon­flik­te früh­zei­tig zu erken­nen und zu ver­mei­den. Wer benö­tigt wie viel Was­ser, wie kann es ein­ge­spart oder sinn­voll im Was­ser­kreis­läu­fen gehal­ten wer­den ? Hier kön­nen loka­le und dezen­tra­le Was­ser­kreis­läu­fe einen beträcht­li­chen Bei­trag zur Resi­li­enz bei­tra­gen. Eini­ge Fir­men neh­men dies bereits selbst in die Hand. Aller­dings fehlt hier für vie­le Berei­che noch die ent­spre­chen­de Dar­stel­lung der posi­ti­ven Effek­te sowie wirt­schaft­li­che Anrei­ze, wie z.B. Fördermittel.

Gleich­zei­tig bestehen für Indus­trie und Land­wirt­schaft Mel­de­pflich­ten, was ihren Was­ser­ver­brauch angeht. Noch unter­lie­gen die­se Anga­ben kei­ner­lei Kon­trol­len. Der bereits etwas in die Jah­re gekom­me­nen Sta­tis­tik des Umwelt­bun­des­amts aus dem Jahr 2019 zufol­ge wur­den in Deutsch­land 20,7 Mil­li­ar­den Kubik­me­ter Was­ser aus den Grund- und Ober­flä­chen­ge­wäs­sern ent­nom­men. Ver­brauchs-Spit­zen­rei­ter ist die Ener­gie­ver­sor­gung mit 42,6 Pro­zent. Das ver­ar­bei­ten­de Gewer­be macht 19,6 Pro­zent sowie der Berg­bau 6,2 Pro­zent des Was­ser­ver­brauchs aus. Gut ein Vier­tel benö­tigt die öffent­li­che Was­ser­ver­sor­gung, die fast ganz Deutsch­land mit Trink­was­ser ver­sorgt. Mit 2,1 Pro­zent fällt der Anteil der Land­wirt­schaft eher gering aus. Ob das so blei­ben wird, ist frag­lich, denn die Flä­che der Fel­der, die bewäs­sert wer­den müs­sen, steigt seit Jah­ren an.

In Kreis­läu­fen denken

In allen Berei­chen ist es sinn­voll, Was­ser ein­zu­spa­ren. Par­al­lel dazu soll­ten wir jedoch von dem Gedan­ken weg­kom­men, dass eine simp­le Redu­zie­rung lang­fris­tig aus­rei­chen wird. Wir müs­sen begin­nen, in Kreis­läu­fen zu den­ken. Solan­ge wir Was­ser rein ver­brau­chen oder ablei­ten, statt es so lan­ge wie mög­lich zurück­zu­hal­ten und mehr­fach zu gebrau­chen, wird es uns nicht gelin­gen, gegen den dro­hen­den Was­ser­man­gel anzu­ge­hen. Ein Gebäu­de zum Bei­spiel, das statt schmut­zi­gem Abwas­ser sau­be­res Betriebs‑, oder sogar Trink­was­ser pro­du­ziert, ist die Rich­tung, in die wir den­ken müs­sen. Basis für sol­che Was­ser­kreis­läu­fe und Mehr­fach­nut­zung ist die Stoff­strom­tren­nung. Aktu­ell wird im Bestand wie auch im Neu­bau eine dop­pel­te Lei­tungs­füh­rung – das heißt Regen- und Brauch­was­ser müs­sen getrennt geführt wer­den – lei­der meist aus Kos­ten­grün­den abgelehnt.

In eini­gen Drees & Som­mer- Pro­jek­ten prü­fen wir, wann und in wel­chem Maß­stab sich Bau­ob­jek­te für ein Grau­was­ser-Recy­cling eig­nen. Damit sich eine dop­pel­te Lei­tungs­füh­rung grund­sätz­lich für Bau­her­ren rech­net, soll­ten Kom­mu­nen, Städ­te und Län­der För­der­maß­nah­men prü­fen, die wirt­schaft­li­che Lösun­gen ver­spre­chen. In Zei­ten des Was­ser­man­gels wür­den gleich­zei­tig auch die Kom­mu­nen pro­fi­tie­ren, weil das gesam­mel­te Was­ser dann ande­ren Nut­zun­gen zur Ver­fü­gung stünde.

Gutes Vier­tel des Trink­was­sers lan­det in der Toilette

Umzu­den­ken gilt es auch, wie wir mit unse­rem Trink­was­ser im pri­va­ten Bereich umge­hen. Mehr als ein Drit­tel fließt beim Duschen, Baden und Waschen durch den Aus­guss, ein gutes Vier­tel spü­len wir die Toi­let­te hin­un­ter. Z.B. zwei­te­res ist bes­tes, sau­be­res Was­ser, das jeder­zeit durch in Zis­ter­nen gesam­mel­tes Regen­was­ser oder das auf­be­rei­te­te Grau­was­ser von Dusche, Baden und Waschen ersetzt wer­den könn­te. Da die Bereit­stel­lung des Trink­was­sers für die öffent­li­che Was­ser­ver­sor­gung auch elek­tri­sche Ener­gie in aber­wit­zi­gen Men­gen ver­schlingt, wür­de die Trink­was­ser­ein­spa­rung so neben­bei zu signi­fi­kan­ter Ener­gie­ein­spa­rung führen.

Stadt als Schwamm

Unter­schätzt wird bis­wei­len auch die regu­lie­ren­de Wir­kung von Grün­flä­chen auf den Was­ser­haus­halt und gleich­zei­tig als wirk­sa­mer Schutz vor den Fol­gen von Stark­re­gen­er­eig­nis­sen. Je mehr Regen­was­ser in soge­nann­ten Reten­ti­ons­flä­chen ver­si­ckert, umso bes­ser ist man für län­ge­re Tro­cken­pha­sen gerüs­tet. Wie ein Schwamm sol­len die­se Flä­chen das Was­ser spei­chern, um gegen Dür­re­pe­ri­oden gerüs­tet zu sein. „Schwamm­stadt“ ist die gebräuch­li­che Bezeich­nung für eine was­ser­sen­si­ble und was­ser­be­wuss­te Stadt. Durch nach­hal­ti­ge Mobi­li­täts­kon­zep­te las­sen sich bei­spiels­wei­se für den Ver­kehr benö­tig­te ver­sie­gel­te Flä­chen mini­mie­ren, die Grün­flä­chen im Stra­ßen­raum stei­gern und gleich­zei­tig Kos­ten einsparen.

Kurz­um : Was den Was­ser­ver­brauch und den Erhalt unse­res Grund­was­sers angeht, so ist ein Umden­ken und kon­se­quen­tes Han­deln aller drin­gend gebo­ten. Das erfor­dert Was­ser intel­li­gent zu mana­gen ! Oder um es mit den Wor­ten der größ­ten ita­lie­ni­sche Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on Legam­bi­en­te aus­zu­drü­cken : „Wir müs­sen damit begin­nen den Was­ser­not­stand zu ver­hin­dern, indem wir auf­hö­ren, erst dann dar­über nach­zu­den­ken, wenn der Scha­den bereits ein­ge­tre­ten ist.“

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Quel­le : Philpp Alber, Drees & Som­mer SE
Ori­gi­nal-Con­tent von : Drees & Som­mer SE, über­mit­telt durch news aktuell

Bild­un­ter­schrift : Je län­ger und hei­ßer die Hit­ze­pe­ri­oden aus­fal­len, des­to höher ist die Ver­duns­tung, was für eine zusätz­li­che Aus­trock­nung der Böden sorgt.

Bildrechte:©Drees & Som­mer SE
Fotograf:©Jasmin Mer­dan – Get­ty Images

 

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