Ärztetag : Ärztliche Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte bei Digitalisierung stärken

Der 127. Deutsche Ärztetag hat wichtige Beschlüsse zur Digitalisierung im Gesundheitswesen gefasst.

Die Ärz­te­schaft lehnt die vom Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG) geplan­te voll­stän­di­ge Über­nah­me der gema­tik-Trä­ger­schaft durch den Bund strikt ab. Die Aus­gren­zung der bis­he­ri­gen Gesell­schaf­ter aus der gema­tik pas­se nicht zu der Stär­kung der Nut­zer­ori­en­tie­rung, die das BMG mit der neu­en Digi­tal­stra­te­gie für das Gesund­heits­we­sen ange­kün­digt hat, kri­ti­sier­ten die Abge­ord­ne­ten. Statt­des­sen müs­se die Bun­des­ärz­te­kam­mer (BÄK) wei­ter­hin Mit­wir­kungs- und Ent­schei­dungs­rech­te in der gema­tik haben, die der Rol­le der Ärz­te­schaft im Gesund­heits­we­sen gerecht werden.

„Digi­ta­le Lösun­gen im Nach­hin­ein an die Ver­sor­gungs­rea­li­tä­ten anzu­pas­sen, wird ansons­ten erneut zu Frust und Zeit­ver­zö­ge­run­gen füh­ren. Wir wer­den jeden­falls alles dar­an­set­zen, dass die Ärz­te­schaft auch zukünf­tig wir­kungs­voll an der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on des Gesund­heits­we­sens mit­wir­ken kann“, beton­te PD Dr. Peter Bob­bert, Co-Vor­sit­zen­der des BÄK-Aus­schus­ses „Digi­ta­li­sie­rung in der Gesund­heits­ver­sor­gung“ auf dem Ärz­te­tag. Die Ein­rich­tung einer ers­ten dau­er­haf­ten Test­re­gi­on in Ham­burg sei ein ers­ter rich­ti­ger Schritt.

Um die Nut­zer- und Pra­xis­ori­en­tie­rung bei der Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen zu stär­ken, müs­se aus Sicht des Ärz­te­ta­ges zudem ein Panel ein­ge­rich­tet wer­den, bei dem sich Ärz­tin­nen und Ärz­te sowie Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten für die Test-Nut­zung von digi­ta­len Anwen­dun­gen regis­trie­ren kön­nen. Die­se könn­ten kon­stant und früh­zei­tig die Pha­sen „Iden­ti­fi­ka­ti­on prio­ri­tä­rer digi­ta­ler Anwen­dun­gen“, „Erhe­bung von Anfor­de­run­gen“ und „Bewer­tung und Nach­jus­tie­rung umge­setz­ter Anfor­de­run­gen“ begleiten.

Außer­dem sei eine Road­map der gema­tik mit rea­lis­ti­schen Pla­nungs­an­nah­men und prio­ri­sier­ten medi­zi­ni­schen Anwen­dun­gen zu ent­wi­ckeln, die die bis­he­ri­gen gesetz­lich vor­ge­ge­be­nen Ein­füh­rungs­ter­mi­ne und fach­lich-inhalt­li­chen Vor­ga­ben für ein­zel­ne Anwen­dun­gen erset­ze. (Beschluss Vc – 03)

Medi­zi­ni­sche Apps : Arzt­be­ruf im Wan­del digi­ta­ler Transformation

Medi­zi­ni­sche Apps – vor allem Digi­ta­le Gesund­heits­an­wen­dun­gen (DiGA) – gehö­ren immer mehr zum Ver­sor­gungs­all­tag. Damit das Poten­zi­al von DiGA für die Ver­sor­gung voll umfäng­lich genutzt wer­den kann, sind aus Sicht der Ärz­te­schaft eine Rei­he von Anfor­de­run­gen zu erfül­len. Basie­rend auf dem Posi­ti­ons­pa­pier der Bun­des­ärz­te­kam­mer „Der Arzt­be­ruf im Wan­del digi­ta­ler Trans­for­ma­ti­on – eine Stand­ort­be­stim­mung zum Ein­satz medi­zi­ni­scher Apps in der Ver­sor­gung“for­der­te der 127. Deut­sche Ärz­te­tag, DiGA stär­ker in die ärzt­li­che The­ra­pie zu integrieren.

„Digi­ta­le Gesund­heits­an­wen­dun­gen dür­fen nicht zu einem eige­nen Ver­sor­gungs­be­reich par­al­lel zu ande­ren medi­zi­ni­schen Ver­sor­gungs­be­rei­chen wer­den“, warn­te Erik Boden­dieck, eben­falls Co-Vor­sit­zen­der des BÄK-Aus­schus­ses. Auf­ga­be von Ärz­tin­nen und Ärz­ten blei­be, exter­ne Evi­denz und die Beur­tei­lung einer The­ra­pie für ihre Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit­ein­an­der abzu­wä­gen – basie­rend auf der eige­nen ärzt­li­chen Erfahrung.

Der Ärz­te­tag for­der­te die Poli­tik des­halb auf, die Rol­le der Ärz­te­schaft bei der Beur­tei­lung von digi­ta­len Anwen­dun­gen in der Medi­zin für ihre Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu stär­ken. Eine Geneh­mi­gung der Anwen­dung von DiGA allein durch Kran­ken­kas­sen lehnt die Ärz­te­schaft ab.

Dar­über hin­aus müss­ten ärzt­li­che Tätig­kei­ten im Zusam­men­hang mit digi­ta­len Anwen­dun­gen ange­mes­sen hono­riert wer­den. (Beschluss Vc – 01)

Pati­en­ten­rech­te im EU-Gesund­heits­da­ten­raum schützen

In einem wei­te­ren Beschluss hat der 127. Deut­sche Ärz­te­tag die Plä­ne der EU-Kom­mis­si­on für einen euro­päi­schen Gesund­heits­da­ten­raum begrüßt. Zugleich for­der­ten die Abge­ord­ne­ten Nach­bes­se­run­gen an dem EU-Ver­ord­nungs­vor­schlag, ins­be­son­de­re bei den Rah­men­be­din­gun­gen zur Nut­zung von Pati­en­ten­da­ten für Forschungszwecke.

Ent­schei­dend für den Erfolg des EU-Gesund­heits­da­ten­raums sei, dass Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ein sofor­ti­ger und ein­fa­cher Zugang zu ihren Gesund­heits­da­ten ermög­licht wer­de und sie einer Daten­wei­ter­ga­be zu For­schungs­zwe­cken wider­spre­chen könn­ten, ohne dass ihnen dadurch Nach­tei­le ent­ste­hen, beton­ten die Abge­ord­ne­ten. Auch müs­se die uner­wünsch­te Re-Iden­ti­fi­zie­rung von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten anhand ihrer Gesund­heits­da­ten ver­bo­ten und wirk­sam sank­tio­niert wer­den. Dafür sei­en alle tech­ni­schen und orga­ni­sa­to­ri­schen Maß­nah­men zu treffen.

Kri­tisch sieht die Ärz­te­schaft mit Blick auf den zuneh­men­den Fach­kräf­te­man­gel im Gesund­heits­we­sen, dass Ange­hö­ri­gen von Gesund­heits­be­ru­fen umfang­rei­che Daten­lie­fe­rungs­pflich­ten auf­er­legt werden.

Der Ärz­te­tag for­der­te des­halb den Gesetz­ge­ber auf, alle im Gesund­heits­we­sen Täti­gen vor einer Über­for­de­rung durch kos­ten­in­ten­si­ve Anfor­de­run­gen an Infra­struk­tur und Inter­ope­ra­bi­li­tät sowie durch Daten­lie­fe­rungs­pflich­ten zu schüt­zen. Ins­be­son­de­re Arzt­pra­xen sei­en von der Pflicht aus­zu­neh­men, Daten für die Sekun­där­nut­zung zu liefern.

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Quel­le : Bun­des­ärz­te­kam­mer, Dezer­nat Poli­tik und Kommunikation
Ori­gi­nal-Con­tent von : Bun­des­ärz­te­kam­mer, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit : Ado­be­Stock 575543482 / Brisystem

 

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