Bundesminister Pistorius entmachtet die Staatssekretäre zu Gunsten eines militärischen Planungs- und Führungsstabes

Zurzeit werden im BMVg durch Personalentscheidungen, aber auch durch organisatorische Vorgaben die Weichen neu gestellt.

Ins­be­son­de­re die Orga­ni­sa­ti­on des BMVg wird der Lack­mus­test dafür sein, wie es mit der Wert­schät­zung des neu­en Bun­des­mi­nis­ters für die Zivil­be­schäf­tig­ten der Bun­des­wehr aus­sieht. Nach unse­rem Ver­ständ­nis ist die eigen­stän­di­ge Wehr­ver­wal­tung aus dem BMVg her­aus von zivi­len Abtei­lun­gen zu füh­ren und zu beauf­sich­ti­gen. Die Abtei­lungs­lei­tun­gen erhal­ten ihre Vor­ga­ben von der poli­ti­schen Lei­tung des BMVg – nach dem gera­de für bewaff­ne­te Streit­kräf­te in einer Demo­kra­tie essen­zi­el­len Grund­satz des Pri­mats der Poli­tik- also vom „zivi­len“ Minis­ter und den zivi­len Staats­se­kre­tä­ren. Die­se Auf­ga­ben sind in der Gemein­sa­men Geschäfts­ord­nung der Bun­des­mi­nis­te­ri­en klar gere­gelt : „Staats­se­kre­tä­rin­nen oder Staats­se­kre­tä­re lei­ten die Ver­wal­tung und sind für die ziel­ori­en­tier­te Wahr­neh­mung der Auf­ga­be des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums ver­ant­wort­lich.“(§ 6, Abs. 2 GGO).

Infor­ma­tio­nen zu den beab­sich­tig­ten orga­ni­sa­to­ri­schen Ände­run­gen erfolg­ten ledig­lich mündlich. 

Danach zeich­net sich ab, dass der Lei­tungs­be­reich des BMVg erheb­lich ver­än­dert wer­den soll. Beab­sich­tigt ist die Ein­füh­rung eines soge­nann­ten Pla­nungs- und Füh­rungs­sta­bes, der ein Arbeits­mus­kel für die poli­ti­sche Lei­tung des BMVg – also die beam­te­ten Staat­s­e­kre­tä­re und den Minis­ter – sowie für den Gene­ral­inspek­teur (GI) sein soll. Die­ser Stab wird mili­tä­risch gelei­tet und aus­ge­stal­tet. Im Gegen­satz zu frü­he­ren Pla­nungs­stä­ben soll die­ser Stab nicht nur den Minis­ter bera­ten und Hand­lungs­emp­feh­lun­gen für ihn erar­bei­ten. Alle Vor­la­gen aus dem BMVg an die poli­ti­sche Lei­tung des BMVg und an den GI sol­len bewer­tet sowie inhalt­lich und qua­li­ta­tiv gesteu­ert wer­den. Die Vor­la­gen an die poli­ti­sche Lei­tung des BMVg gehen damit durch einen „mili­tä­ri­schen Fil­ter“. Die Büros der Staats­se­kre­tä­re sol­len ent­spre­chend aus­ge­dünnt werden.

Mili­tä­ri­sche Vor­la­gen errei­chen den Minis­ter bis­her über den GI. Es erscheint eher unwahr­schein­lich, dass wich­ti­ge Vor­la­gen des Gene­ral­inspek­teurs noch zusätz­lich dem mili­tä­ri­schen Pla­nungs- und Füh­rungs­stab vor­ge­legt wer­den, denn der Gene­ral­inspek­teur als obers­ter mili­tä­ri­scher Bera­ter hat den direk­ten Zugang zum Minister.

Der Minis­ter lässt zu Recht kei­nen Zwei­fel dar­an, dass er Struk­tu­ren straf­fen und damit ins­be­son­de­re Ent­schei­dungs­pro­zes­se beschleu­ni­gen möch­te. Der geplan­te Stab bewirkt jedoch das Gegen­teil. Das Minis­te­ri­um hät­te eine wei­te­re Ent­schei­dungs­ebe­ne, eine zusätz­li­che Soll­bruch- und Schnitt­stel­le. Die Staats­se­kre­tä­re als Teil der poli­ti­schen Lei­tung wer­den zu Guns­ten des mili­tä­ri­schen Pla­nungs- und Füh­rungs­sta­bes geschwächt. Bemer­kens­wert ist in die­sem Zusam­men­hang bereits die Vor­ga­be, dass alle Lei­tungs­bü­ros von einer Soldatin/​ einem Sol­da­ten gelei­tet wer­den sollen.

Das struk­tu­rel­le Risi­ko eines Sta­bes für drei Lei­tungs­bü­ros und den GI ist offen­kun­dig. Ganz prak­tisch ist es unvor­stell­bar, dass sich vier Büros für Bespre­chun­gen aus dem­sel­ben, quan­ti­ta­tiv redu­zier­ten Refe­ren­ten­pool bedie­nen. Selbst­re­dend, dass das Minis­ter­bü­ro immer Pri­mus inter pares ist. Die Staats­se­kre­tä­re wer­den nicht mehr auf das „know how“ im eige­nen Büro zurück­grei­fen können.

Die Geschäfts­ord­nung (GO) des BMVg gibt kla­re Vor­ga­ben für die Zusam­men­ar­beit vor. Nach unse­rer Auf­fas­sung wäre es vor dem Ein­rich­ten einer kom­ple­xen neu­en Struk­tur zunächst einen Ver­such wert gewe­sen, mit kla­ren Ansa­gen auf die Ein­hal­tung der GO zu ver­wei­sen und unab­ge­stimm­te, wider­sprüch­li­che oder aus­ufern­de Vor­la­gen regel­mä­ßig zurück­zu­ge­ben. Das wür­de jedoch dann nicht ver­fan­gen, wenn das pri­mä­re Ziel der Ver­än­de­rung die zusätz­li­che mili­tä­ri­sche Prüf­schlei­fe aller Lei­tungs­vor­la­gen sein soll.

Dem Ver­neh­men nach sol­len die Ergeb­nis­se der Struk­tur­über­le­gun­gen unmit­tel­bar nach Ostern bekannt gege­ben wer­den. Die Betrof­fe­nen wur­den nicht infor­miert. Der Haupt­per­so­nal­rat beim BMVg hat eine umfas­sen­de schrift­li­che Infor­ma­ti­on eingefordert.

Die Vor­sit­zen­de des VBB, Imke v. Born­staedt-Küp­per, for­dert daher :

  • Kei­ne Ent­mach­tung der Staats­se­kre­tä­re. Sie sind Teil der poli­ti­schen Lei­tung des BMVg. Sie sind die Gewähr für die ver­fas­sungs­kon­for­me Wahr­neh­mung der Auf­ga­ben des Minis­te­ri­ums. In die­sem Sin­ne ist die Ver­ant­wor­tung unteilbar.
  • Kei­ne Ver­schie­bung von Auf­ga­ben der poli­ti­schen Lei­tung zu Soldaten.
  • Wan­del mit und nicht gegen die Menschen.
  • Stär­kung der Bun­des­wehr durch eine deut­li­che Ver­klei­ne­rung des BMVg, durch eine Stär­kung der Trup­pe und durch eine star­ke Wehrverwaltung.
  • Über­prü­fung der Wahr­neh­mung von Lei­tungs­auf­ga­ben im BMVg durch Sol­da­ten. In den letz­ten Jah­ren wur­den die zivi­len Abtei­lun­gen Aus­rüs­tung und Per­so­nal aus­schließ­lich mili­tä­risch gelei­tet. Das hat sich nicht bewährt. Die größ­ten Pro­ble­me der Bun­des­wehr lie­gen in der per­so­nel­len und mate­ri­el­len Einsatzbereitschaft.

Quel­le : Ver­band der Beam­ten und Beschäf­tig­ten der Bun­des­wehr e.V. (VBB)
Ori­gi­nal-Con­tent von : VBB Ver­band der Beam­ten und Beschäf­tig­ten der Bun­des­wehr e.V., über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit : Ado­be­Stock 146536177

 

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