Vom Provisorium zur Dauerlösung – Der Briloner Pfarrer Rainer Müller geht in den Ruhestand / Nachfolgerin ist Antje Jäkel

Vom Provisorium zur Dauerlösung – Der Briloner Pfarrer Rainer Müller geht in den Ruhestand / Nachfolgerin ist Antje Jäkel  (Von Hans-Albert Limbrock)

Bri­lon. Geplant war das so nicht unbe­dingt. Denn eigent­lich soll­te Rai­ner Mül­ler 2012 nur inte­rims­wei­se die Lei­tung im Pres­by­te­ri­um der Evan­ge­li­schen Kir­chen­ge­mein­de Bri­lon über­neh­men. „Super­in­ten­dent Alfred Ham­mer hat mich damals gefragt, ob ich mir vor­stel­len kann, das Bri­lo­ner Pres­by­te­ri­um kom­mis­sa­risch zu lei­ten, bis die Pfarr­stel­le wie­der besetzt ist“, erin­nert sich Mül­ler. Die Kir­chen­ge­mein­de stand plötz­lich ohne Pfar­rer da, nach­dem Roland Lich­ter­feld 2010 in Ruhe­stand getre­ten war und das Ehe­paar Eulen­stein im Früh­som­mer 2011 ande­re Pfarr­stel­len im Güters­lo­her Bereich über­nom­men hatten.

Da die Gemein­de vor tief­grei­fen­den Ver­än­de­run­gen stand und eine gewis­se Unru­he zu regis­trie­ren war, woll­te man ihr mit Mül­ler wie­der eine gewis­se Sta­bi­li­tät ver­lei­hen. Doch uner­war­tet wur­de es die letz­te Sta­ti­on sei­nes beweg­ten beruf­li­chen Lebens, in dem er zuvor unter ande­rem Urlaubs­seel­sor­ger, vor allem aber 26 Jah­re am Berufs­kol­leg Ols­berg beschäf­tigt war.

„Ich“, so Mül­ler, „habe das als ein span­nen­des Pro­jekt wahr­ge­nom­men, auf das ich neu­gie­rig war und rasch gespürt, wie erfül­lend und schön Gemein­de­ar­beit sein kann.“ So schön und erfül­lend, dass aus der Inte­rims- eine Dau­er­lö­sung wur­de – zumin­dest bis zum 1. Advent die­sen Jah­res, denn dann wird Rai­ner Mül­ler offi­zi­ell in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det. Mit Ant­je Jäkel steht sei­ne Nach­fol­ge­rin qua­si schon in den Startlöchern.

Dass es den gebür­ti­gen Gro­nau­er, der dem­nächst 66 Jah­re wird, über­haupt ins Sau­er­land ver­schla­gen hat, war eine Ent­schei­dung der Lan­des­kir­che : „Ich selbst wäre eigent­lich lie­ber in Müns­ter geblie­ben.“ Dort und in Göt­tin­gen hat­te er sein Stu­di­um absol­viert. Doch im Herbst 1982 begann sei­ne Zeit in Bri­lon. Und schon bald war für den Seel­sor­ger klar : „Hier blei­ben wir. Bri­lon ist schnell unser Zuhau­se und zur Hei­mat gewor­den.“ Auch im Ruhe­stand soll das so blei­ben : „Wir füh­len uns hier rund­um wohl. Hier ist der Platz für unse­re Familie“

Die zehn Jah­re sei­nes Wir­kens in der Kir­chen­ge­mein­de waren vor allem in den letz­ten Jah­ren von der Dis­kus­si­on um die Stadt­kir­che geprägt. Das „Pro­jekt Sanie­rung“ hat­te man schon 2015 mit der Reno­vie­rung und Neu­ge­stal­tung des Gemein­de­zen­trums begon­nen. Dann soll­ten klei­ne­re Reno­vie­run­gen in der Kir­che fol­gen. Die Plä­ne waren schon recht weit gedie­hen. Drei Jah­re spä­ter dann der Schock. Diplom-Inge­nieur Gun­ther Rohr­berg (Lipp­stadt) hat­te den Kirch­turm unter die Lupe genom­men und fest­ge­stellt, dass er durch brü­chi­gen Mör­tel und porö­se Stei­ne eine Gefahr für die All­ge­mein­heit dar­stell­te : „Das war natür­lich ein abso­lu­ter Schock für uns.“ Ein Schock, der kon­ti­nu­ier­lich grö­ßer wur­de, als ers­te Kos­ten­schät­zun­gen vorlagen.

Mül­ler : „Das war schon eine Zer­reiß­pro­be. So ein Kirch­turm­ab­riss ist für die Gemein­de­glie­der und über­haupt für die Men­schen in Bri­lon schließ­lich eine zutiefst emo­tio­na­le Sache ; das geht an die Sub­stanz und ans Herz.“ Als ers­te Maß­nah­me wur­de die größ­te der Glo­cken still­ge­legt. Auch das tat weh. 2018 fiel dann die Ent­schei­dung, den Turm tat­säch­lich abzureißen.

Da gab es noch die Hoff­nung, dass man sich einen Wie­der­auf­bau bzw. Neu­bau wür­den leis­ten kön­nen. Doch aus­blei­ben­de För­der­gel­der aus den Denk­mal­kas­sen von Bund und Land lie­ßen die­sen Traum plat­zen. Inzwi­schen ist klar, dass die Stadt­kir­che auf län­ge­re Sicht kei­nen Kirch­turm mehr haben wird. Dafür kon­zen­triert man sich nun ganz auf die Sanie­rung und Neu­ge­stal­tung des Innen­rau­mes. Im Som­mer kom­men­den Jah­res, so die Pro­gno­se, könn­te viel­leicht alles fer­tig sein.

Obwohl die Ent­schei­dun­gen alles ande­re als leicht waren und natür­lich auch kon­tro­vers dis­ku­tiert wur­den, so hat Mül­ler die Zusam­men­ar­beit mit der Gemein­de, vor allem aber mit dem Pres­by­te­ri­um als äußerst inten­siv und posi­tiv in Erin­ne­rung : „Das ist wirk­lich in einer guten und kon­struk­ti­ven Atmo­sphä­re pas­siert.“ Natür­lich hät­te er die­ses Pro­jekt ger­ne noch selbst zum Abschluss gebracht, aber auch so freut er sich dar­über, dass die Kir­chen­ge­mein­de sich mit ihrer erneu­er­ten Kon­zep­ti­on nun in eine Rich­tung ent­wi­ckelt, die eine gute Zukunft haben wird : „Inzwi­schen sind wir auf einem rich­tig guten Weg.“

Einen Weg, den er auch im Ruhe­stand beglei­ten wird – aller­dings nicht mehr in der ers­ten Ver­ant­wor­tungs­rei­he. „Da hat das Pres­by­te­ri­um neue Lösun­gen gefun­den und ist mit den Nach­bar­ge­mein­den auf einem gemein­sa­men Weg, Ant­wor­ten auf die Her­aus­for­de­run­gen der nächs­ten Jah­re zu fin­den.“ Mit sei­ner Ver­ab­schie­dung am 27. Novem­ber beginnt für ihn weni­ge Tage spä­ter erst ein­mal eine Zeit der Ruhe, des Kraft Schöp­fens, und des geruh­sa­me­ren Tages­ab­lau­fes. „Dar­auf freue ich mich. Vor allem bin ich froh, künf­tig nicht mehr mit so vie­len ‚Auf­ga­ben­bäl­len‘ gleich­zei­tig jon­glie­ren zu müs­sen“, so sei­ne Hoff­nung. Man­ches, wozu lan­ge kei­ne Zeit war, soll jetzt wie­der Auf­merk­sam­keit bekommen.

Davon soll vor allem der eige­ne Gar­ten pro­fi­tie­ren, in dem Rai­ner Mül­ler gemein­sam mit sei­ner Ehe­frau Bar­ba­ra viel und ger­ne Zeit ver­bringt. Und die Musik soll wie­der einen höhe­ren Stel­len­wert bekom­men. Sei­ne Gei­ge und die Posau­ne hat er in den letz­ten Jah­ren viel zu sel­ten in die Hand genom­men. „Da gibt es eini­ges auf­zu­ho­len. Lang­wei­lig wird mir ganz bestimmt nicht.“

 

Quel­le : Hans-Albert Lim­b­rock, Öffent­lich­keits­ar­beit, Ev. Kir­chen­kreis Soest-Arnsberg

Bild : Abschied von einem beweg­ten und bewe­gen­den Berufs­le­ben : Pfar­rer Rai­ner Mül­ler geht am 1. Advent in den Ruhestand.
Foto­credit : Hans-Albert Limbrock

 

 

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