Krieg, Flucht und Krisen erklären

Psychische Belastung für Kinder und Jugendliche in Krisenzeiten wie der aktuelle Krieg in der Ukraine

win­ter­berg-total­lo­kal : Hoch­sauer­land­kreis : Der Krieg in der Ukrai­ne ist in den Medi­en all­ge­gen­wär­tig : Bil­der von flie­hen­den Frau­en und Kin­dern, von Bom­ben­an­grif­fen und zer­stör­ten Städ­ten las­sen wohl jeden hilf- und fas­sungs­los, manch­mal auch ängst­lich zurück. In sol­chen Situa­tio­nen fra­gen sich Eltern auch im Hoch­sauer­land­kreis oft, wie ihre Kin­der mit die­sen Bil­dern und Infor­ma­tio­nen umge­hen und ob und wie sie ihnen dabei hel­fen können.

In den letz­ten zwei Jah­ren war es noch die Pan­de­mie mit Lock­downs, Mas­ken und feh­len­dem Schul­all­tag, die Eltern vor Her­aus­for­de­run­gen stell­te und psy­chi­sche Belas­tun­gen bei Kin­dern und Jugend­li­chen zwi­schen elf und 17 Jah­ren mit sich brach­ten. Dies ergab die COPSY-Stu­die des Uni­kli­ni­kums Ham­burg-Eppen­dorf. Zwar hat sich die Lebens­qua­li­tät der Kin­der und Jugend­li­chen im Herbst 2021 wie­der etwas ver­bes­sert, jedoch füh­len sich auch zwei Jah­re nach Pan­de­mie­be­ginn mehr als ein Drit­tel der Kin­der und Jugend­li­chen belastet.

“Die Haupt­auf­ga­be von Eltern ist es, Sicher­heit und Gebor­gen­heit für Kin­der auch in unru­hi­gen Zei­ten her­zu­stel­len. Dazu ist es wich­tig, dass sie auch für ihre eige­ne see­li­sche Sta­bi­li­tät sor­gen”, sagt Sven Diet­rich, Spe­zia­list für psy­cho­so­zia­le Gesund­heit bei der AOK NordWest.

Durch die diver­se Medi­en­nut­zung neh­men auch Kin­der und Jugend­li­che manch­mal viel mehr der Kriegs- und Flucht­nach­rich­ten auf, als Eltern glau­ben. Sie bekom­men außer­dem Gesprä­che mit, spü­ren die Anspan­nung der Eltern, oder es sind Ver­wand­te oder Freun­de betrof­fen. Es ist wich­tig, die Ängs­te der Kin­der nicht abzu­wie­geln, son­dern nach­zu­fra­gen, was dem Kind Sor­gen bereitet.

Aus einer AOK-Fami­li­en­stu­die geht her­vor, dass es für Kin­der wich­tig ist, dass sich ihre Eltern mit ihnen min­des­tens fünf Minu­ten am Tag inten­siv beschäf­ti­gen, also ihnen die vol­le Auf­merk­sam­keit schen­ken. Die Erwach­se­nen soll­ten daher selbst in einer Ver­fas­sung sein, in der sie Ori­en­tie­rung, Ruhe und Zuver­sicht geben kön­nen. Eine ent­spann­te Atmo­sphä­re ohne Ablen­kung ist hilf­reich. Wenn Kin­der Ängs­te zei­gen oder äußern, kön­nen die­se nicht immer durch Gesprä­che gelöst wer­den. Die Grund­kon­sti­tu­ti­on und das momen­ta­ne emo­tio­na­le Bedürf­nis des Kin­des spie­len eine Rol­le. „Wich­tig ist auch, nicht auf dem The­ma zu behar­ren und zu akzep­tie­ren, wenn das Kind im Moment nicht wei­ter dar­über spre­chen möch­te”, so Diet­rich. Vor allem klei­ne Kin­der wech­seln – aus Selbst­schutz – manch­mal spon­tan das Thema.

Je nach Alter ord­nen Kin­der die The­men unter­schied­lich ein. Daher ist eine alters­ge­rech­te Anspra­che not­wen­dig. Kin­der­gar­ten­kin­der reagie­ren bei­spiels­wei­se oft sehr emo­tio­nal und ängst­lich. Hier kön­nen Eltern Trost und Sicher­heit ver­mit­teln, indem sie zum Bei­spiel in Bezug auf den Krieg in der Ukrai­ne erklä­ren, dass gehol­fen wird und Flücht­lin­ge von ande­ren Men­schen auf­ge­nom­men wer­den. Kin­der im Schul­al­ter beschäf­ti­gen sich häu­fig schon mit dem Hin­ter­grund eines Krie­ges. Eini­ge Kin­der drü­cken sich viel­leicht anders aus und malen ein Bild dazu oder schrei­ben eine Geschich­te und ver­ar­bei­ten so ihre Gefüh­le. Auch das kann ein guter Anlass sein, mit dem Kind ins Gespräch zu kommen.

Mit Teen­agern wie­der­um ist eine Dis­kus­si­on über Ethik und Poli­tik mög­lich und sinn­voll. Dabei ist es wich­tig, zu ler­nen, dass ein Krieg auch in den Medi­en und um Infor­ma­tio­nen geführt wird. Eltern müs­sen bei die­sen Gesprä­chen ihre eige­nen Ängs­te nicht ver­ste­cken, soll­ten sie aber nicht auf ihre Kin­der über­tra­gen. Für Kin­der ist es hilf­reich zu sehen, wie ihre Eltern Ängs­te bewäl­ti­gen. Im Hier und Jetzt blei­ben, sich nur ein­mal am Tag in den Medi­en infor­mie­ren, Sport und Bewe­gung zum Stress­ab­bau, sich vor end­lo­sen Kata­stro­phen­fan­ta­sien zu schüt­zen, aktiv zu wer­den – all das kann Eltern hel­fen, eige­ne Ängs­te nicht eska­lie­ren zu las­sen. „Für sich selbst sor­gen, heißt manch­mal auch, dass Eltern für sich selbst Ent­las­tung und Hil­fe holen müs­sen – um dann ihren Kin­dern hel­fen zu kön­nen“, rät Dietrich.

Es soll­te auch nicht ver­ges­sen wer­den, dass Belas­ten­des und Bedrü­cken­des nicht den gesam­ten Raum in der Fami­lie ein­nimmt. Es darf gelacht wer­den und Kin­der dür­fen Kind blei­ben – auch wenn an einem ande­ren Ort ein furcht­ba­rer Krieg ist.

Unter www​.jugend​not​mail​.de fin­den belas­te­te Kin­der und Jugend­li­che online pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung, die die AOK als Koope­ra­ti­ons­part­ner unter­stützt. Hier kann kos­ten­los rund um die Uhr um Rat gefragt wer­den zu ver­schie­dens­ten The­men, die Kin­der und Jugend­li­che bewe­gen. Wei­te­re Hilfs­in­for­ma­tio­nen fin­den Eltern und Jugend­li­che auch unter der Bun­des­kon­fe­renz für Erzie­hungs­be­ra­tung www​.bke​.de oder der Bun­des­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Auf­klä­rung unter www​.bzga​.de.

Bild : Kin­der drü­cken sich nicht immer nur sprach­lich aus, so dass Eltern über ein Bild oder eine Geschich­te mit ihrem Kind ins Gespräch kom­men können.

Foto­credits : AOK/​hfr

Quel­le : AOK NordWest

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