Corona-Infektionen in Schlachthöfen : NGG fordert regelmäßige Kontrollen

„Gesundheitsschutz nicht eingepreist“ | 600 Beschäftigte im Hochsauerlandkreis

bri­lon-total­lo­kal : 2,29 Euro für ein Pfund Rin­der­hack : Mit sol­chen Prei­sen wer­ben in die­ser Woche Super­märk­te im Hoch­sauer­land­kreis – obwohl die Coro­na-Kri­se die Her­stel­lung von Fleisch und Wurst eigent­lich viel teu­rer machen müss­te. Dar­auf weist die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) hin. „Bei der Schlach­tung und Zer­le­gung herrscht seit Jah­ren ein knall­har­ter Dum­ping-Wett­be­werb – beson­ders zum Start der Grill­sai­son. Wohin die­ser Preis­kampf füh­ren kann, zei­gen die jüngs­ten Coro­na-Aus­brü­che in Coes­feld und ande­ren Schlacht­hö­fen“, sagt Isa­bell Mura, Geschäfts­füh­re­rin der NGG-Regi­on Südwestfalen.

Es sei gut, dass die NRW-Lan­des­re­gie­rung nun alle Fleisch-Beschäf­tig­ten auf Coro­na tes­ten und die Sam­mel­un­ter­künf­te durch die Gesund­heits­äm­ter kon­trol­lie­ren las­sen wol­le. „Aber das darf kei­ne ein­ma­li­ge Akti­on sein. Aktu­ell geht es um das Virus. Um die Gesund­heit der Beschäf­tig­ten aber auch künf­tig zu schüt­zen, muss die Fleisch­bran­che regel­mä­ßig vom Staat in den Blick genom­men wer­den“, so Mura. Dies müs­se wesent­lich inten­si­ver gesche­hen als bis­lang. Zwar habe das Land NRW den Arbeits­schutz in der Fleisch­in­dus­trie schon im Okto­ber ver­gan­ge­nen Jah­res schwer­punkt­mä­ßig kon­trol­liert. Trotz­dem sei es jetzt zu die­sen fata­len Coro­na-Infek­ti­ons­fäl­len gekom­men. „Hier muss also deut­lich mehr pas­sie­ren“, for­dert Mura. Im Hoch­sauer­land­kreis beschäf­tigt die Fleisch­wirt­schaft nach Anga­ben der Arbeits­agen­tur 600 Men­schen. In ganz Nord­rhein-West­fa­len arbei­ten knapp 30.000 Beschäf­tig­te in der Bran­che – vie­le ost­eu­ro­päi­sche Werk­ver­trags­ar­beit­neh­mer in Sub­un­ter­neh­men nicht mitgerechnet.

Der Gesund­heits­schutz der Beschäf­tig­ten sei bei den Ramsch-Ange­bo­ten offen­bar nicht ein­ge­preist, kri­ti­siert die NGG – „vom Tier­wohl ganz zu schwei­gen“. Nach Infor­ma­tio­nen der Gewerk­schaft hat die Arbeits­be­las­tung in den Schlacht­hö­fen im Zuge der hohen Fleisch­nach­fra­ge des Ein­zel­han­dels zuletzt stark zuge­nom­men. „12-Stun­den-Schich­ten sind in vie­len Betrie­ben gang und gäbe. Es trifft vor allem die Werk­ver­trags­be­schäf­tig­ten aus Ost­eu­ro­pa, die über Sub­un­ter­neh­men ange­stellt sind“, so Mura. Die lan­ge, kör­per­lich har­te Arbeit in der Schlach­tung und die Zer­le­gung geschlach­te­ter Tie­re mache die Men­schen anfäl­li­ger für Erkran­kun­gen und schwä­che ihre Wider­stands­kraft. Auch das sei ein Aspekt, der bei Covid-19-Infek­tio­nen nicht unter den Tisch fal­len dürfe.

Hin­zu kom­me die Unter­brin­gung. „Wäh­rend über­all Abstands­re­geln und Kon­takt­sper­ren gel­ten, woh­nen in den Gemein­schafts­un­ter­künf­ten oft bis zu sechs Ost­eu­ro­pä­er in einer 60-Qua­drat­me­ter-Woh­nung. Dafür zie­hen die Sub­un­ter­neh­mer dann aber jedem Ein­zel­nen auch noch 250 Euro vom ohne­hin kar­gen Lohn ab“, berich­tet Mura. Vor allem die Gesund­heits­äm­ter müss­ten die Unter­künf­te von Beschäf­tig­ten wesent­lich inten­si­ver ins Visier neh­men. Hier brü­te über­all im Land eine enor­me Coro­na-Gefahr, so die NGG.

Die Gewerk­schaft for­dert die Fleisch­her­stel­ler dazu auf, den Gesund­heits­schutz „abso­lut ernst“ zu neh­men. Sie stün­den in der Ver­ant­wor­tung, auch bei ihren Sub­un­ter­neh­men für fai­re Arbeits­be­din­gun­gen und eine ordent­li­che Unter­brin­gung zu sor­gen. „Dabei ist klar : Sicher­heit ist nicht zum Null­ta­rif zu haben. Dum­ping­prei­se kön­nen schon des­halb nicht funk­tio­nie­ren. Fleisch darf kei­ne Ramsch­wa­re sein – nicht in nor­ma­len Zei­ten und schon gar nicht in der Pan­de­mie“, so Mura.

Um die Zustän­de in der Fleisch­wirt­schaft dau­er­haft zu ver­bes­sern, müss­ten aus Werk­ver­trä­gen regu­lä­re Jobs wer­den – bezahlt zu einem fai­ren Bran­chen­min­dest­lohn, so die NGG. „Außer­dem brau­chen wir eine bes­se­re Nach­un­ter­neh­mer­haf­tung, damit pre­kä­re Arbeits­be­din­gun­gen und unwür­di­ge Unter­künf­te auch beim letz­ten Sub­un­ter­neh­men aus­ge­schlos­sen sind“, betont Mura.

Bild : Kno­chen­job : In der Schlach­tung und Fleisch­ver­ar­bei­tung arbei­ten vie­le Men­schen aus Ost­eu­ro­pa für Sub­un­ter­neh­men. Die Gewerk­schaft NGG kri­ti­siert die pre­kä­ren Wohn- und Arbeits­be­din­gun­gen – und for­dert mehr staat­li­che Kon­trol­len in der Branche.

Quel­le : Isa­bell Mura – NGG-Regi­on Südwestfalen

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