Wasserwirtschaft in Deutschland steht vor großen Herausforderungen

 

„Workshop Flussgebietsmanagement“ in Essen positioniert sich zur EU-Wasserrahmenrichtlinie

 

bri­lon-total­lo­kal: Kli­ma­schutz und die Anpas­sung an die Fol­gen des Kli­ma­wan­dels, demo­gra­fi­sche und gesell­schaft­li­che Ver­än­de­run­gen ein­schließ­lich Fach­kräf­te­man­gel, Ver­än­de­run­gen von beleb­ter und unbe­leb­ter Umwelt, die Ein­fluss­nah­me des Men­schen auf Stadt und Land­schaft: Es war ein bun­ter Strauß an The­men, die die gut 100 aus ganz Deutsch­land ange­reis­ten Fach­leu­te für Was­ser­wirt­schaft auf dem 20. „Work­shop
Fluss­ge­biets­ma­nage­ment“ Ende Novem­ber in Essen dis­ku­tier­ten. Ein­mü­tig­keit herrsch­te dabei vor allem in
einem Punkt: Um das kom­ple­xe was­ser­wirt­schaft­li­che Sys­tem in Deutsch­land auch unter sich rasant
ändern­den Rah­men­be­din­gun­gen funk­ti­ons­fä­hig zu hal­ten, bedarf es eines struk­tu­rier­ten Koope­ra­ti­ons­pro­zes­ses unter Ein­be­zie­hung aller Stake­hol­der und im Ein­klang mit Stra­te­gien ande­rer Poli­tik­fel­der und Disziplinen.

Der „Work­shop Fluss­ge­biets­ma­nage­ment“ ist eine Gemein­schafts­ver­an­stal­tung der Deut­schen Ver­ei­ni­gung für Was­ser­wirt­schaft, Abwas­ser und Abfall e. V. (DWA) mit dem nord­rhein-west­fä­li­schen Lan­des­ver­band der Inge­nieu­re für Was­ser­wirt­schaft, Abfall­wirt­schaft und Kul­tur­bau (BWK NRW), dem Zen­trum für Was­ser- und Umwelt­for­schung der Uni­ver­si­tät Duis­burg Essen (ZWU), der Euro­pean Water Asso­cia­ti­on (EWA) und dem Insti­tut zur För­de­rung der Was­ser­gü­te- und Was­ser­men­gen­wirt­schaft e. V. (IFWW). Die Work­shop­rei­he wur­de im Jahr 2000 initi­iert, um den Mei­nungs- und Infor­ma­ti­ons­aus­tausch rund um die damals vom Euro­pa­par­la­ment ver­ab­schie­de­te Was­ser­rah­men­richt­li­nie (EG-WRRL) zu för­dern und zu beglei­ten, und wird von Beginn an vom Ruhr­ver­band inhalt­lich mitgestaltet.

Gut 100 Fachleute aus ganz Deutschland trafen sich in Essen zum zweitägigen Austausch über die künftigen Herausforderungen der Wasserwirtschaft. - Bildquelle Ruhrverband
Gut 100 Fach­leu­te aus ganz Deutsch­land tra­fen sich in Essen zum zwei­tä­gi­gen Aus­tausch über die künf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen der Was­ser­wirt­schaft. – Bild­quel­le Ruhrverband

In ihrem Syn­the­se­pa­pier mit den Ergeb­nis­sen des dies­jäh­ri­gen 20. Work­shops zeig­ten sich die Was­ser­fach­leu­te ernüch­tert über das bis­lang in Bezug auf die EG-WRRL Erreich­te. Der gefor­der­te „gute (che­mi­sche und öko­lo­gi­sche) Zustand“ der Gewäs­ser zei­ge seit Jahr­zehn­ten euro­pa­weit nur weni­ge Fort­schrit­te. Die in der Richt­li­nie for­mu­lier­ten Zie­le sei­en „alle rich­tig, ambi­tio­niert und durch­aus erreich­bar“, doch bei den gesetz­ten Zeit­vor­ga­ben zur Ziel­er­rei­chung „klaf­fen Anspruch und Wirk­lich­keit deut­lich auseinander“.

Einen ehr­li­chen Umgang der betei­lig­ten Stake­hol­der auf allen Ebe­nen, in Poli­tik und Öffent­lich­keit, mahn­ten die Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer des Work­shops in Essen an – auch bei Kon­flik­ten um kon­kur­rie­ren­de Nut­zun­gen und diver­gie­ren­de Inter­es­sen, wenn es etwa um die Ver­füg­bar­keit von Was­ser und um die Bereit­stel­lung von Flä­chen am Gewäs­ser geht. Aus ihrer Sicht steht die EG-WRRL eher für einen kon­ti­nu­ier­li­chen Ver­bes­se­rungs­pro­zess im Sin­ne eines ler­nen­den Instru­ments in einem grö­ße­ren Zeit­ho­ri­zont und weni­ger für ein kon­kre­ti­sier­tes Pro­gramm bis 2027, wie die Richt­li­nie es fordert. 

Bei der For­mu­lie­rung von Ziel­vor­ga­ben und dem Moni­to­ring des bis­her Erreich­ten, bei der Stadt­ent­wick­lung und beim Flä­chen­ma­nage­ment, bei der Pro­gno­se von Sys­tem­re­ser­ven und not­wen­di­gen Red­un­dan­zen müs­se lang­fris­tig gedacht und auch berück­sich­tigt wer­den, „dass vie­le klei­ne Maß­nah­men zur Ziel­er­rei­chung ins­ge­samt bei­tra­gen, dies aber oft­mals erst nach län­ge­rer Zeit erkenn­bar wird“. Doch trotz aller Kri­tik an den bis­her erreich­ten Zie­len, der Umset­zung und den Zeit­vor­ga­ben herrsch­te auf dem „Work­shop Fluss­ge­biets­ma­nage­ment“ brei­ter Kon­sens, dass die EG-WRRL der rich­ti­ge Ansatz sei, um die Mega­trends der Was­ser­wirt­schaft in Deutsch­land und Euro­pa anzu­ge­hen. „Sie (die Was­ser­rah­men­richt­li­nie, Anm.) ist es wert, wei­ter­ent­wi­ckelt und sys­te­ma­tisch und ver­bind­lich umge­setzt zu
werden.“ 

Auch mit dem zukünf­ti­gen Umgang mit der kost­ba­ren Res­sour­ce Trink­was­ser unter den Vor­zei­chen des Kli­ma­wan­dels befass­ten sich die Fach­leu­te in Essen. Zwar wur­de ein gene­rel­ler Vor­rang der öffent­li­chen Trink­was­ser­ver­sor­gung vor ande­ren Nut­zun­gen und Zie­len kon­tro­vers dis­ku­tiert, doch über den Vor­sor­ge­ge­dan­ken bei der Trink­was­ser­be­reit­stel­lung und die Bedarfs­de­ckung für rei­ne Trink­was­ser­zwe­cke gab es über­wie­gen­de Ein­mü­tig­keit. Maß­nah­men zum Kli­ma­schutz wur­den eben­falls ange­mahnt, doch gleich­zei­tig müss­ten auch Anpas­sungs­stra­te­gien für die zu erwar­ten­den Kli­ma­fol­gen ent­wi­ckelt und die mit den bereits jetzt unab­wend­ba­ren Ver­än­de­run­gen ver­bun­de­nen Risi­ken und Scha­dens­po­ten­zia­le früh­zei­tig offen kom­mu­ni­ziert werden.

Bild­un­ter­schrift: In einem Work­shop­ge­spräch unter der Mode­ra­ti­on von Prof. Nor­bert Jar­din (Vor­stands­vor­sit­zen­der des Ruhr­ver­bands, M.) dis­ku­tier­ten (v. l.) R. Andre­as Krae­mer (Eco­lo­gic Insti­tut gGmbH), Dr. Jörg Wag­ner (Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Umwelt, Natur­schutz und nuklea­re Sicher­heit), Prof. Mar­tin Feus­tel (Thü­rin­ger Minis­te­ri­um für Umwelt, Ener­gie und Natur­schutz) und Gun­da Rös­tel (Stadt­ent­wäs­se­rung Dres­den) über „Was­ser­po­li­tik und Voll­zug zwi­schen Anspruch, Lob­by­is­mus und Zielverfehlung“

Quelle_​ (Text & Bild): Ruhr­ver­band