Stichwort der Woche : Gemein oder nütz(ig)lich ?

Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Was haben die Fried­rich-Nau­mann-Stif­tung, die Hans-Sei­del-Stif­tung, die Kon­rad-Ade­nau­er-Stif­tung und die Fried­rich-Ebert-Stif­tung gemein­sam ? Rich­tig, alle die­se Insti­tu­tio­nen sind soge­nann­te „par­tei­na­he“ Stif­tun­gen oder Ver­ei­ne. Sie finan­zie­ren sich haupt­säch­lich aus Steu­er­gel­dern und in Punk­to Ehren­amt läuft da nicht viel ab. Was haben die Bri­lo­ner St. Huber­tus-Schüt­zen, der Män­ner­ge­sang­ver­ein Mede­bach und die KFD Ols­berg gemein­sam ? Rich­tig, das sind alles Ver­ei­ne, in denen es jede Men­ge ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment gibt, die kei­ne Steu­er­gel­der ver­schwen­den dür­fen und jetzt will Herr Scholz ihnen auch noch ihre Gemein­nüt­zig­keit strei­chen. Olaf Scholz redet bei sei­nen Aus­las­sun­gen natür­lich nur von rei­nen Män­ner­ver­ei­nen. Das ist juris­tisch sicher nicht halt­bar und wird in der Recht­spre­chung dann auch rei­ne Frau­en­ver­ei­ne tref­fen. Manch­mal fragt man sich, wel­che Inten­ti­on hin­ter sol­chen Vor­stö­ßen steht. War­um muss der Staat stän­dig ver­su­chen, sei­ne Bür­ger im Sin­ne sei­ner Vor­stel­lung einer „moder­nen gen­der­ge­rech­ten Gesell­schaft“ zu erziehen ?

 

In Deutsch­land ver­fü­gen wir über eine rie­si­ge Band­brei­te von unter­schied­lichs­ten Ver­ei­nen. Das sorgt für eine kul­tu­rel­le Viel­falt und bringt ein ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment von Bür­gern her­vor, wel­ches euro­pa­weit sei­nes­glei­chen sucht. Schwer­punkt die­ser kul­tu­rel­len Viel­falt ist beson­ders der länd­li­che Raum. Hier wer­den vie­ler­orts Tra­di­tio­nen gepflegt, die die Iden­ti­tät der jewei­li­gen Regi­on ver­kör­pern. Zudem sind die Ver­ei­ne auch eine Stüt­ze unse­rer Demo­kra­tie. Es ist sicher kein Zufall, dass sich vie­le Ehren­amt­li­che aus den Ver­ei­nen auch kom­mu­nal­po­li­tisch enga­gie­ren. Berufs­po­li­ti­ker wie Herr Scholz haben natür­lich kei­ne Ahnung von die­ser Basis unse­rer demo­kra­ti­schen Gesell­schaft. Als rei­ne Kar­rie­ris­ten kön­nen sich sol­che Leu­te nicht in die Gedan­ken­welt von jemand hin­ein­ver­set­zen, der ohne finan­zi­el­le Inter­es­sen sei­nen Dienst am Mit­men­schen leis­tet. Einem Olaf Scholz käme es sicher nicht in den Sinn, ohne eine ent­spre­chen­de Ent­loh­nung, Bier zu zap­fen, Würst­chen zu gril­len oder einen Hal­len­bo­den und die Toi­let­ten zu schrup­pen, es sei denn, es han­delt sich hier­bei um einen PR-Gag. An der von ihm ange­sto­ße­nen Debat­te kann man wie­der ein­mal erken­nen, wie weit sich Tei­le der „herr­schen­de Klas­se“ in Ber­lin von den nor­ma­len Bür­gern ent­fernt haben.

 

Tra­di­tio­nen sind ein Fun­da­ment die­ser Gesell­schaft. Wenn es zu die­ser Tra­di­ti­ons­pfle­ge gehört, dass der Bei­tritt zu einem Ver­ein nur Ange­hö­ri­gen eines Geschlechts vor­be­hal­ten ist, hat die Poli­tik das zu tole­rie­ren. Es kann nicht die Auf­ga­be eines Finanz­mi­nis­ters sein hier „erzie­he­risch“ ein­zu­grei­fen. Die Aner­ken­nung der Gemein­nüt­zig­keit eines Ver­eins rich­tet sich nach vie­len Punk­ten, die den Nut­zen für die All­ge­mein­heit bewer­ten, aber nicht nach den Aus­wahl­kri­te­ri­en für die Auf­nah­me von Mit­glie­dern. Die­se Ent­schei­dung soll­te man in einem frei­heit­li­chen Rechts­staat den Ver­ei­nen selbst überlassen.

 

Ihr Nor­bert Schnellen

 

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