Zukunft des Wintersports im Sauerland

Winterberg-Totallokal: Live-Radiosendung verdeutlicht die Vielschichtigkeit eines Themas, führt aber nur zu einem vagen Ausblick.

win­ter­berg-total­lo­kal: In regel­mä­ßi­gen Abstän­den lädt WDR5 mit sei­nen „Stadt­ge­sprä­chenˮ zu rele­van­ten und aktu­el­len The­men ein. Ein wich­ti­ger Bestand­teil der Sen­dun­gen sind die Dis­kus­sio­nen zwi­schen Exper­ten und Publi­kum. Am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag tag­te das For­mat unter dem Titel „Mit Schnee­ka­no­nen gegen den Kli­ma­wan­del – hat der Ski­sport im Sau­er­land noch eine Zukunft?ˮ im Over­sum der Stadt Win­ter­berg. Auf dem Podi­um saßen der Meteo­ro­lo­ge und Kli­ma­ex­per­te Kars­ten Schwan­ke, der Natur­sport­ex­per­te Prof. Dr. Ralf Roth, der Geschäfts­lei­ter des BUND in NRW Dirk Jan­sen und Micha­el Beck­mann als Geschäfts­füh­rer der Win­ter­berg Tou­ris­tik. Mode­riert wur­de die Sen­dung von Judith-Schul­te Loh und Denis Ste­phan, der die Stim­mun­gen und Anmer­kun­gen aus dem Publi­kum einfing.

In der ein­stün­di­gen Über­tra­gung ging es um die Kern­fra­ge, ob und in wel­cher Form, vor allem aber wie lan­ge im Hoch­sauer­land noch Ski­sport ange­bo­ten wer­den kann. Die Rah­men­be­din­gun­gen hier­für gibt die Kli­ma­er­wär­mung vor, die von kei­nem der Rede­teil­neh­mer – auch nicht aus dem Publi­kum in Fra­ge gestellt wurde.

Rede­bei­trä­ge auf dem Podi­um las­sen kla­re Posi­tio­nie­run­gen erkennen.

Schwan­ke stell­te für die nächs­ten 80 Jah­re eine Kli­ma­er­wär­mung von sechs bis sie­ben Grad über dem Fest­land in Aus­sicht. Damit sei eine in der Erd­ge­schich­te noch nie dage­we­se­ne Beschleu­ni­gung in der Erwär­mung erreicht. Schuld dar­an sei der Mensch, der durch die Nut­zung fos­si­ler Brenn­stof­fe zur erhöh­ten Koh­len­di­oxi­d­an­rei­che­rung in der Atmo­sphä­re bei­trü­ge. Mit sei­nen Aus­füh­run­gen begeg­ne­te er Ver­mu­tun­gen aus dem Publi­kum, die in der Kli­ma­er­wär­mung einen ganz nor­ma­len erd­ge­schicht­li­chen Zyklus sahen. Mit Hil­fe kli­ma­to­lo­gi­scher Kenn­grö­ßen beleg­te er die Kli­ma­er­wär­mung auch für den Raum rund um den Kah­len Asten.

Pro­fes­sor Roth sieht die tech­ni­schen und infra­struk­tu­rel­len Mög­lich­kei­ten für An- und Abrei­se der Win­ter­fans noch nicht aus­ge­schöpft, damit der Ski­sport einen Bei­trag gegen die Kli­ma­er­wär­mung leis­ten kann. Die Aus­füh­run­gen Schwan­kes ergänz­te er um die zuneh­men­de Varia­bi­li­tät meteo­ro­lo­gi­scher Ereig­nis­se, wel­che die lang­sa­me und natür­li­che Erwär­mung überprägt.

Laut Beck­mann sei die Regi­on mit ihren 600 Schnee­er­zeu­gern gut auf­ge­stellt, um die von Roth ange­spro­che­ne Varia­bi­li­tät so aus­zu­glei­chen, dass eine aus­rei­chen­de Schnee­si­cher­heit von Mit­te Dezem­ber bis Mit­te März gewähr­leis­tet wer­den kann. Jan­sen hielt mit der sze­ni­schen Fra­ge dage­gen, wie­viel Tech­nik eine Natur­sport­art ver­trägt, um als sol­che über­haupt noch wahr­ge­nom­men zu wer­den. Mehr­fach for­der­te er zu einer Debat­te auf, die unse­ren Lebens­stil zum The­ma hat. Frei­zeit- und Urlaubs­an­sprü­che müss­ten hin­ter­fragt wer­den, um wei­te­ren Scha­den für die Natur zu ver­mei­den. In sei­nen Aus­füh­run­gen bezog er auch die Aus­wir­kun­gen des Indi­vi­du­al­ver­kehrs für die An- und Abrei­se der Ski­fah­rer ein und spitz­te zu: „Win­ter­sport ist Motorsport.ˮ

Inter­es­san­te Erkennt­nis­se über die Aus­wir­kun­gen auf The­ma FFH-Gebiete

Beck­mann erkennt für den Raum Win­ter­berg durch den Ski­sport im Ver­gleich zu den Alpen ganz ande­re, näm­lich posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen für die Natur: „Wir haben hier das Phä­no­men, dass die Berg­wie­sen mit ihren sel­te­nen Pflan­zen nur des­halb hier exis­tie­ren, weil die Beschnei­ung und die Schnee­la­gen so sind und in der Kom­bi­na­ti­on mit der exten­si­ven Som­mer­nut­zung erhal­ten werden.ˮ Daher ste­he man mit dem Natur­schutz in enger Ver­bin­dung, wenn es um wei­te­re Ein­grif­fe gehe.

In die­sem Punkt wider­sprach Jan­sen ener­gisch: „Das hier gezeich­ne­te Bild, dass wir den Ski­tou­ris­mus brau­chen, um Natur­schutz zu betrei­ben, stimmt nicht.ˮ Viel­mehr gehe es hier um ein Geschäftsmodell.

Fazit

Es wur­den vie­le Für- und Wider- Argu­men­te bezüg­lich des künf­ti­gen Ski­tou­ris­mus im Sau­er­land aus­ge­tauscht. Dies fand im fast immer fai­ren Umgang statt, schließ­lich ging es Dank der Mode­ra­ti­ons­leis­tung von Schul­te-Loh weder um Gewin­ner noch Ver­lie­rer. Eher ging es um die künf­ti­ge Per­spek­ti­ve von Win­ter­an­ge­bo­ten, die nur durch zuneh­mend kos­ten­träch­ti­ge Tech­ni­sie­rung auf­recht­erhal­ten wer­den kön­nen, dadurch aber immer mehr an ihre wirt­schaft­li­chen Gren­zen sto­ßen und dabei immer weni­ger die Belan­ge von Natur und Umwelt berück­sich­ti­gen. Deut­lich konn­te man die nicht aus­ge­spro­che­nen Ängs­te um getä­tig­te Inves­ti­tio­nen und die Rat­lo­sig­keit um nicht vor­han­de­ne, wert­schöp­fen­de Alter­na­ti­ven spü­ren. Es wird sich schon in über­schau­ba­rer Zeit etwas ändern – was ist die Frage.

Unter dem Link https://​www1​.wdr​.de/​m​e​d​i​a​t​h​e​k​/​a​u​d​i​o​/​w​d​r​5​/​w​d​r​5​-​s​t​a​d​t​g​e​s​p​r​a​e​c​h​/​i​n​d​e​x​.​h​tmlkann sich jeder selbst ein Bild machen und die knapp 55 minü­ti­ge Sen­dung anhö­ren oder downloaden.

BU.: Anre­gen­de Dis­kus­sio­nen auf dem Podi­um mit hohem Input für das teil­neh­men­de Publi­kum präg­ten die Sendung.

Quel­le: Robert Trappmann