Stichwort der Woche : Bezahlbarer Wohnraum

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

win­ter­berg-total­lo­kal : Nach­dem sich die Medi­en in den ver­gan­ge­nen Wochen, wet­ter­be­dingt, auch mal mit The­men wie dem Kli­ma­wan­del befasst haben, fokus­siert sich die Bericht­erstat­tung inzwi­schen wie­der auf ein The­ma : Bezahl­ba­rer Wohn­raum in den Groß­städ­ten. Natür­lich ist das ein wich­ti­ges The­ma und die Tat­sa­che, dass sich Nor­mal­ver­die­ner in Mün­chen, Ber­lin oder Ham­burg kei­ne Woh­nung mehr leis­ten kön­nen ist sicher ein Skan­dal. Die Lösungs­vor­schlä­ge der Poli­tik sind jedoch ein Griff in die Kla­mot­ten­kis­te des vori­gen Jahr­hun­derts. Der Bau von Sozi­al­woh­nun­gen kann sicher kei­ne nach­hal­ti­ge Lösung des Pro­blems sein, denn dadurch wird die Get­toi­sie­rung inner­halb der Städ­te geför­dert und eine Ände­rung der sozia­len Vor­aus­set­zun­gen erfor­dert dann zwangs­läu­fig einen Umzug, was dann wie­der­um die Aus­gren­zung der Bewoh­ner der „Sozi­al­get­tos“ ver­stärkt. Eine Erhö­hung des Wohn­gelds kommt kei­nes­falls den „armen Mie­tern“ zu Gute, son­dern bewirkt, dass Steu­er­gel­der von uns allen in die Taschen gut betuch­ter Ver­mie­ter flie­ßen. Es ist mir schlei­er­haft, wie hoch bezahl­te Exper­ten einen sol­chen Schwach­sinn ver­zap­fen dür­fen, ohne dass die Bevöl­ke­rung dage­gen Sturm läuft.

Der gro­ße Denk­feh­ler liegt dar­in, dass man das Pro­blem nicht nur an den Groß­städ­ten fest­ma­chen kann, son­dern dass eine Lösung deutsch­land­weit sowohl die länd­li­chen Räu­me als auch die urba­nen Bal­lungs­räu­me ein­be­zie­hen muss. Wäh­rend in vie­len Regio­nen des Lan­des ein Leer­stands­pro­blem besteht, wird in den Groß­städ­ten nach­ver­dich­tet, was das Zeug hält. Aus­schlag­ge­bend hier­für sind Pro­gno­sen von selbst­er­nann­ten Exper­ten, dass in den nächs­ten Jahr­zehn­ten die Bevöl­ke­rung der Groß­städ­te stark anstei­gen wird und die länd­li­chen Räu­me immer stär­ker ent­völ­kert wer­den. Das Anwach­sen der Groß­städ­te erfolgt jedoch nicht durch eige­ne Repro­duk­ti­on (die Gebur­ten­ra­te auf dem Land ist wesent­lich höher als in den Städ­ten), son­dern durch Zuzug der Land­be­völ­ke­rung in die Städ­te. Auf­grund die­ser „Pro­gno­sen“ beginnt man jetzt damit, jede Men­ge Flä­chen neu zu ver­sie­geln und Unmen­gen an Res­sour­cen für den Bau neu­er Wohn­si­los zu ver­brau­chen. Ganz außer Acht lässt man dabei, dass ein Leben in der Groß­stadt, bei einer Erd­er­wär­mung von 4 Grad, kaum noch mög­lich sein wird. Die zuneh­men­den Hit­ze­pe­ri­oden und die zu erwar­ten­den Stark­re­gen­er­eig­nis­se wer­den die Mor­ta­li­tät stei­gern und den Ener­gie­ver­brauch (Groß­städ­te sind schon jetzt die größ­ten Ener­gie­fres­ser) noch wei­ter anstei­gen las­sen, mit einer ent­spre­chen­den Poten­zie­rung der Umweltfolgen.

Eine cle­ve­re Woh­nungs­bau­po­li­tik muss dafür sor­gen, dass Groß­städ­te nicht mehr als „hip­pes“ Sehn­suchts­ziel für jun­ge Men­schen gel­ten, son­dern dass es über­all im Lan­de mög­lich ist zu leben und sei­ner Arbeit nach­zu­ge­hen. Dafür soll­te mehr Geld in den Aus­bau der Infra­struk­tur der länd­li­chen Räu­me inves­tiert wer­den und eine zusätz­li­che Ver­sie­ge­lung von Flä­chen in den Bal­lungs­räu­men ver­mie­den wer­den. Hier­zu gehört ein kla­res Bekennt­nis der Poli­tik zum länd­li­chen Raum, ver­bun­den mit der Strei­chung von finan­zi­el­len För­de­run­gen in den Bal­lungs­räu­men. Das kos­tet zwar kurz­fris­tig Wäh­ler­stim­men, ist aber nach­hal­tig die öko­lo­gisch (und öko­no­misch) ein­zi­ge Option.

Ihr Nor­bert Schnellen

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