Jetzt geht’s rund

Stichwort der Woche von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : …sag­te der Rot Milan und flog in das Wind­rad ! Zuge­ge­ben, ein etwas maka­brer Witz, aber er trifft genau die Situa­ti­on der Umwelt­po­li­tik in unse­rem Land. Auf der einen Sei­te sol­len im neu­en Natur­schutz­ge­setz des Lan­des NRW dras­ti­sche Ein­grif­fe, auch in den pri­va­ten Land- und Wald­be­sitz vor­ge­nom­men wer­den, um dem Arten­ster­ben ent­ge­gen­zu­wir­ken. Auf der ande­ren Sei­te wird seit der soge­nann­ten Ener­gie­wen­de eine Poli­tik für (über­di­men­sio­nier­te) Groß­wind­an­la­gen geför­dert, wel­che weit­ge­hend ohne Rück­sicht auf Mensch und Tier in die, sonst so schüt­zen­wer­te, Land­schaft gesetzt wer­den. Die sen­si­blen Zug­vö­gel, die im Wald schon bei der kleins­ten Ver­än­de­rung der Land­schaft gefähr­det sein sol­len, wer­den dann in frei­er Land­schaft von unzäh­li­gen Groß­wind­an­la­gen geschred­dert. Medi­zi­nisch gese­hen könn­te man ein sol­ches Ver­hal­ten als schi­zo­phren bezeich­nen. Soll man dann lie­ber wie­der zurück zu Koh­le und Kern­kraft ? Natür­lich nicht, aber die der­zei­ti­ge Umset­zung der Ener­gie­wen­de begüns­tigt sogar die wei­te­re Not­wen­dig­keit des Ein­sat­zes fos­si­ler Ener­gien, weil gro­ße Wind­an­la­gen ohne aus­rei­chen­de Spei­cher­mög­lich­kei­ten den immensen Ener­gie­hun­ger unse­rer Gesell­schaft nicht zu jeder Zeit gleich­mä­ßig befrie­di­gen kön­nen. Da läuft also schwer was falsch im Lan­de NRW.

Eine wirk­lich erfolg­rei­che Ener­gie­wen­de bedeu­tet auch den Abschied von der bis­he­ri­gen Kraft­werks­phi­lo­so­phie. Nicht immer grö­ßer, zum Vor­teil von Inves­to­ren, son­dern immer klei­ner, zum Vor­teil der Ver­brau­cher und der Umwelt. Momen­tan kom­men die Mil­li­ar­den, die wir alle über die EEG-Abga­be zah­len, in die Taschen von eini­gen Weni­gen, die bei den gro­ßen Anla­gen als Inves­to­ren auf­tre­ten. Oft sind das die glei­chen Typen, die uns frü­her den Atom­strom als „sau­be­re Ener­gie“ ver­kauft haben, mit dem Erfolg, dass wir und noch vie­le Gene­ra­tio­nen nach uns für die Ent­sor­gung und End­la­ge­rung auf­kom­men müs­sen. Jetzt haben sie sich grün ange­stri­chen und ver­kau­fen uns Öko­strom aus CO2 neu­tra­len Wind­kraft­an­la­gen. Dabei ist die CO2 Bilanz die­ser Anla­gen, unter Berück­sich­ti­gung des CO2 Aus­sto­ßes bei deren Her­stel­lung, alles ande­re als „sau­ber“. Eine sol­che Anla­ge muss erst mal eini­ge Jah­re effek­tiv arbei­ten um wirk­lich kli­ma­neu­tral zu sein – und das ist ohne aus­rei­chen­de Spei­cher­mög­lich­keit ohne­hin nicht möglich.

Eine wirk­li­che Ener­gie­wen­de muss da anfan­gen, wo Ener­gie ver­braucht wird, also in den Haus­hal­ten und Unter­neh­men. Das gro­ße Pro­blem ist näm­lich, dass unser Ener­gie­ver­brauch nur des­halb so hoch ist, weil wir die Pri­mär­ener­gie abso­lut unef­fek­tiv ein­set­zen. An den Mög­lich­kei­ten der Kraft- Wär­me­kopp­lung, dem Ein­satz von Solar­zie­geln beim Haus­bau, der Nut­zung von Indus­trie­ab­wär­me wird kaum etwas getan, weil es dafür offen­sicht­lich kei­ne Lob­by gibt. Dem Land fehlt auch ein­fach das Geld dafür, hier Inves­ti­ti­ons­an­rei­ze zu schaf­fen. Die­ses Geld lan­det näm­lich, durch über­höh­te Ein­spei­se­ver­gü­tun­gen, wie­der in den Taschen eini­ger weni­ger Inves­to­ren, die anschei­nend eine gute Lob­by­ar­beit betrei­ben. Ein Schelm der Böses dabei denkt ! 

Text : Nor­bert Schellen

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