Dashcams : Darf man mit einer Autokamera eigentlich filmen ?

Winterberg-Totallokal : Rechtsanwälte Mühlenbein und Kollegen recherchieren für Sie !

win­ter­berg-total­lo­kal :  Dash­cams sind klei­ne Video­ka­me­ras, die an der Front­schei­be oder auf dem Arma­tu­ren­brett befes­tigt wer­den und das Ver­kehrs­ge­sche­hen auf­zeich­nen kön­nen. Die Her­stel­ler wer­ben damit, dass die Auto­ka­me­ra die schöns­ten Urlaubs­fahr­ten auf Video fest­ge­hal­ten kann und im Fal­le eines Ver­kehrs­un­falls ein zuver­läs­si­ger „Augen­zeu­ge“ zur Ver­fü­gung steht.

Doch sind sol­che Auf­zeich­nun­gen vor Gericht ver­wert­bar oder ver­sto­ßen die­se Auf­zeich­nun­gen gegen daten­schutz­recht­li­che Bestim­mun­gen oder gar gegen das all­ge­mei­nen Per­sön­lich­keits­rechts der in der Video­auf­zeich­nung abge­bil­de­ten Personen ?

Gerich­te beur­tei­len die Ver­wert­bar­keit sol­cher pri­va­ter Video­auf­zeich­nun­gen unter­schied­lich. Der Ein­satz von Dash­cams ist auch nicht über­all erlaubt. Die Benut­zung von Dash­cams ist der­zeit bei­spiels­wei­se in Öster­reich, Bel­gi­en, Por­tu­gal und Luxem­burg ver­bo­ten und bei­spiels­wei­se in Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en, Nie­der­lan­de, Spa­ni­en und Däne­mark erlaubt. Beden­ken gegen den Ein­satz die­ser Mini-Kame­ras bestehen in Deutsch­land und der Schweiz.

Das Amts­ge­richt Nürn­berg, Az.: 18 C 8938/14, hielt eine sol­che pri­va­ten Video­auf­zeich­nun­gen von Ver­kehrs­vor­gän­gen auch unter der Berück­sich­ti­gung daten­schutz­rech­li­cher und urhe­ber­recht­li­cher Aspek­te sowie der Wah­rung des all­ge­mei­nen Per­sön­lich­keits­rechts der in der Video­auf­zeich­nung abge­bil­de­ten Per­so­nen für ver­wert­bar und gab der Kla­ge des Geschä­dig­ten in vol­lem Umfang statt.

Dash­cams kön­nen in der Tat im Rah­men einer Unfall­re­kon­struk­ti­on bzw. der Bewer­tung eines Fahr­ver­hal­tens hilf­reich sein zumal sich Ver­kehrs­un­fall­ereig­nis­se gericht­lich häu­fig nur schwie­rig auf­klä­ren las­sen. So sind Zeu­gen­aus­sa­gen viel­fach unge­nau. Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten sind kost­spie­lig und teil­wei­se unergiebig.

Ein anlass­be­zo­ge­ner Ein­satz einer Dash­cam kann eine Form sein, die­sem Man­gel an ver­läss­li­chen, objek­ti­ven Beweis­mit­teln ent­ge­gen­zu­wir­ken, vor­aus­ge­setzt der ver­folg­te Zweck der Beweis­si­che­rung ist geeig­net, erfor­der­lich und ver­hält­nis­mä­ßig. Denn hier­durch wer­den Gerich­te in die Lage ver­setzt, die Ein­las­sung eines Ange­klag­ten oder die Aus­sa­gen eines Zeu­gen im unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang des Gesamt­ge­sche­hens zu bewer­ten. Aus­sa­gen kön­nen hier­durch auch um eine Viel­zahl von Ein­zel­hei­ten ergänzt wer­den auf die Zeu­gen häu­fig nicht geach­tet haben, die aber ent­schei­dungs­er­heb­lich sind. Mit Hil­fe die­ser Video­auf­zeich­nung kann das Gericht oder ein Sach­ver­stän­di­ge die dort abge­bil­de­ten, mess­ba­ren Geschwin­dig­keits- und Ent­fer­nungs­un­ter­schie­de, die Fahr­wei­se etc. fest­zu­stel­len und in der gesam­ten Trag­wei­te würdigen.

Der 54. Ver­kehrs­ge­richts­tag 2016 in Gos­lar emp­fiehlt die bis­her feh­len­de gesetz­li­che Rege­lung zum Ein­satz bzw. der Ver­wert­bar­keit die­ser Video­auf­zeich­nun­gen zu schaf­fen, die auf der Basis des euro­päi­schen Daten­schutz­rechts mög­lichst ein ein­heit­li­ches Schutz­ni­veau inner­halb der EU gewähr­leis­tet. So könn­te ein Aus­gleich zwi­schen Beweis­in­ter­es­sen und dem Per­sön­lich­keits­recht dar­in bestehen, die Auf­zeich­nung dann für zuläs­sig zu hal­ten, wenn die Auf­zeich­nung anlass­be­zo­gen, ins­be­son­de­re bei einem (dro­hen­den) Unfall, erfolgt oder bei aus­blei­ben­den Anlass kurz­fris­tig über­schrie­ben wird. Fer­ner soll­te ein Miss­brauch die­ser Auf­zeich­nun­gen mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten wie z.B. eine Ver­öf­fent­li­chung im Inter­net mit Sank­tio­nen bedroht werden.

Rechts­an­wäl­tin Sil­via Hoff­mann-Benz, Fach­an­wäl­tin für Ver­kehrs­recht + Rechts­an­wäl­te Müh­len­bein und Kol­le­gen, www​.mueh​len​bein​.de

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