Stichwort der Woche von Norbert Schnellen
winterberg-totallokal : Auch wenn das Feiern von Namenstagen und das Gedenken an Heilige, selbst in überwiegend katholischen Gegenden, ziemlich aus der Mode gekommen ist, weiß jedes Kind, was am 6.Dezember gefeiert wird, nämlich Nikolaus. Wie kommt es, dass ein Heiliger, der im 4.Jahrhundert nach Christus in der heutigen Türkei lebte, bis heute so beliebt ist ? Vermutlich, weil er seit vielen Jahrhunderten in allen christlichen Konfessionen als Gabenbringer fungiert. Nikolaus ist der Heilige um den sich die meisten Legenden ranken. Ob das alles etwas mit der historischen Person des Bischofs von Myra zu tun hat, bleibt dahin gestellt. Tatsache ist, dass Nikolaus von ca. 270 – 340 nach Christus an der türkischen Mittelmeerküste gelebt haben soll.
Die Mittelmeergebiete der heutigen Türkei waren ja der wichtigste Stützpunkt für die Ausbreitung des Christentums in römischer und nachrömischer Zeit. Der christliche Glauben ersetzte nach und nach die griechischen und römischen Götter und so hatten sich in dieser Gegend schon früh die ersten christlichen Gemeinden gebildet. So war es nur folgerichtig, dass man einen populären Bischof nach seinem Tod mit vielen schönen Legenden in Verbindung brachte um die Ausbreitung der neuen Religion durch volkstümliche Geschichten zu unterstützen. Das ist, wie man weiß, sehr gut gelungen. Die Legenden vom heiligen Nikolaus traten ihren Siegeszug durch die ganze christliche Welt an. Auch in seiner türkischen Heimat blieb der Heilige, trotz der Islamisierung im 15.Jahrhundert, als „Noël Baba“ bis heute erhalten.
In Europa stieg der türkische Bischof schon bald zum Schutzpatron der unterschiedlichsten Gruppen und Berufsgruppen auf : Pilger und Reisende, Schüler und Studenten, Seefahrer und Kaufleute, Apotheker und Juristen, aber auch Diebe und Banker stellten sich gern unter den Schutz des Heiligen. Ab dem Mittelalter bürgerte sich dann in vielen Ländern der Brauch ein, dass der Nikolaus den Kindern Geschenke brachte. Martin Luther versuchte, in seiner Ablehnung des katholischen Heiligenkults, die Bescherung der Kinder auf das Weihnachtsfest und damit in die Feier der Geburt des Christkinds umzustellen, ein Brauch, der sich später auch in katholischen Regionen einbürgerte.
Dennoch blieb der Nikolaus für viele Menschen ein Symbol für das Verteilen von Geschenken und heute, in unserer nachchristlichen Konsumgesellschaft, feiert er als „Weihnachtsmann“ ein riesiges Comeback. Basierend auf der Werbefigur eines amerikanischen Getränkekonzerns ist die Karikatur des Heiligen heute das Sinnbild für uneingeschränkten Konsum ohne Reue. Er geistert weltweit durch die Konsumtempel der großen Städte, grinst uns aus allen Medien an und bewegt sich schwerelos durchs Internet.
Der Wortschatz des damals redegewandten Bischofs hat sich inzwischen auf drei Worte reduziert : „Kauft, kauft, kauft!“ Ob das in Zeiten, in denen die Welt aus den Fugen gerät und überall auf der Welt Menschen hungern oder auf der Flucht sind, allerdings noch etwas mit christlichen Werten zu tun hat, sollte jeder für sich selbst entscheiden.