Stichwort der Woche : Die EU, Mercosur und das Weltklima

Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Mal wie­der wird ein EU-Frei­han­dels­ab­kom­men, rela­tiv unbe­merkt von der Öffent­lich­keit, durch die Instan­zen gepeitscht : Das EU – Mer­co­sur – Abkom­men steht kurz vor der Rati­fi­zie­rung. Nun ist so ein Frei­han­dels­ab­kom­men doch eigent­lich etwas Gutes. Zoll­schran­ken fal­len und wir als Ver­brau­cher par­ti­zi­pie­ren von sin­ken­den Prei­sen für Pro­duk­te, ob wir die jetzt brau­chen oder nicht. Wer oder was aber ist eigent­lich Mer­co­sur ? Im Kern besteht die Mer­co­sur-Zone aus vier süd­ame­ri­ka­ni­schen Staa­ten : Bra­si­li­en, Argen­ti­ni­en, Para­gu­ay und Uru­gu­ay. Die­se vier Staa­ten haben zusam­men ca. 260 Mil­lio­nen Ein­woh­ner und ver­fü­gen ins­ge­samt über 72% der Flä­che Süd­ame­ri­kas. Zusam­men mit den ca. 510 Mil­lio­nen Ein­woh­nern der EU wür­de eine der größ­ten Frei­han­dels­zo­nen entstehen.

Kri­tisch hin­ter­fragt, wer will ein sol­ches Frei­han­dels­ab­kom­men, wem nützt es und wer sind die Ver­lie­rer ? Vor­an­ge­trie­ben wur­de das Abkom­men von der EU – Kom­mis­si­on, der böse Zun­gen ja eine gewis­se Nähe zu Lob­by­is­ten nach­sa­gen und den süd­ame­ri­ka­ni­schen Wirt­schafts­eli­ten. Gewin­ner sind die euro­päi­sche Auto­in­dus­trie, die in Süd­ame­ri­ka einen Markt für Fahr­zeug­tech­no­lo­gien fin­det, die hier inzwi­schen ein Aus­lauf­mo­dell sind, die che­mi­sche Indus­trie, die die süd­ame­ri­ka­ni­schen Land­wirt­schafts­in­dus­trie auch wei­ter­hin mit Che­mi­ka­li­en belie­fern möch­te, die hier schon längst ver­bo­ten sind und die Phar­ma­in­dus­trie, die durch die­ses Abkom­men ihren Patent­schutz auf die dor­ti­gen Märk­te aus­wei­ten kann und den Ver­kauf von Gene­ri­ka ein­däm­men möch­te. Ver­lie­rer sind die euro­päi­schen Land­wir­te, weil die Märk­te der EU mit Bil­lig­pro­duk­ten aus der süd­ame­ri­ka­ni­schen Land­wirt­schafts­in­dus­trie über­schwemmt wer­den, vie­le afri­ka­ni­sche Län­der, weil ihre Pro­duk­te durch die­ses Abkom­men nicht mehr wett­be­werbs­fä­hig sein wer­den, am meis­ten jedoch die Men­schen­rech­te, das Welt­kli­ma und die Zukunft der Mensch­heit auf die­sem Planeten.

Von den vier Mer­co­sur­staa­ten ist Bra­si­li­en die domi­nie­ren­de Wirt­schafts­macht. Seit dem Amts­an­tritt von Jair Bol­so­n­a­ro wird die­ses Land von einem kor­rup­ten und ver­bre­che­ri­schem Régime regiert, für das Men­schen­rech­te und Kli­ma­schutz nur unnö­ti­ge Hemm­schwel­len auf dem Weg zu noch mehr Reich­tum für die Éli­te sind. Seit Anfang des Jah­res, also mit der Regie­rungs­über­nah­me durch Bol­so­n­a­ro, hat die Abhol­zung des bra­si­lia­ni­schen Regen­wal­des dra­ma­ti­sche Aus­ma­ße ange­nom­men. Die­ser Regen­wald am Ama­zo­nas gehört zur den größ­ten CO2 Spei­chern der Erde. Eine wei­te­re Abhol­zung, die zudem die Lebens­grund­la­ge der indi­ge­nen Völ­ker des Lan­des ver­nich­tet, führt zu einem Kipp­ef­fekt, der die Kli­ma­ka­ta­stro­phe beschleu­nigt  und in nur weni­gen Jahr­zehn­ten zur Unbe­wohn­bar­keit der Erde füh­ren wird. Es wäre die Auf­ga­be der Welt­ge­mein­schaft die­ses Régime mit Sank­tio­nen zu bele­gen und hand­lungs­un­fä­hig zu machen, anstatt es durch Frei­han­dels­ab­kom­men zu unter­stüt­zen. Und es wäre die Auf­ga­be einer frei­en Pres­se, gegen die­ses Abkom­men Sturm zu lau­fen. Statt­des­sen – Toten­stil­le ! Hat man den Kampf gegen die Kli­ma­ka­ta­stro­phe inzwi­schen still­schwei­gend aufgegeben ?

Ihr Nor­bert Schnellen

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