Stichwort der Woche : Ab heute leben wir über unsere Verhältnisse

Winterberg-Totallokal:Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

win­ter­berg-total­lo­kal : In die­sem Jahr ist der heu­ti­ge 2. August der „Erd­über­las­tungs­tag“, also der Zeit­punkt, an dem die Mensch­heit für 2017 die Bio­ka­pa­zi­tät unse­res Pla­ne­ten auf­ge­braucht hat. Dazu wird die Fähig­keit der Natur, Roh­stof­fe jeder Art zu pro­du­zie­ren und wie­der her­zu­stel­len, mit dem „öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck“ der gesam­ten Mensch­heit ver­rech­net. Die Mensch­heit wür­de also 1,7 Erden benö­ti­gen um ihren der­zei­ti­gen Res­sour­cen­ver­brauch zu decken. Alles was wir ab heu­te ver­brau­chen geht dem­nach zu Las­ten künf­ti­ger Gene­ra­tio­nen. Bis in die acht­zi­ger Jah­re war das Ver­hält­nis noch aus­ge­gli­chen. Seit­dem hat das anhal­ten­de Wirt­schafts­wachs­tum welt­weit zu einer kata­stro­pha­len Ver­schie­bung der Öko­bi­lanz geführt. Wir plün­dern den Pla­ne­ten aus und pro­du­zie­ren jede Men­ge Müll und Dreck über des­sen end­gül­ti­ge Ent­sor­gung wir uns kei­ne Gedan­ken machen. Unse­re Gene­ra­ti­on ist die ego­is­tischs­te und rück­sicht­sichts­lo­ses­te, die jemals auf die­sem Pla­ne­ten gewohnt hat. Obwohl wir uns des­sen bewusst sind, pos­tu­lie­ren wir ein stän­di­ges Wirt­schafts­wachs­tum als ein­zi­ge Mög­lich­keit des Fort­be­stehens der Mensch­heit. Dabei ist genau das Gegen­teil der Fall. Wenn wir so wei­ter­ma­chen wird die­se Erde in spä­tes­tens 100 Jah­ren kom­plett unbe­wohn­bar sein. Die­ser Mei­nung ist zumin­dest Ste­ven Haw­king, einer der geni­als­ten Wis­sen­schaft­ler unse­rer Zeit.

Der bri­ti­sche Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler Andrew Simms ver­gleicht das Wirt­schafts­wachs­tum mit einem Hams­ter. Ein jun­ger Hams­ter ver­dop­pelt in sei­nen ers­ten Lebens­wo­chen jede Woche sein Gewicht. Nach zwei Mona­ten hört er damit auf. Wenn die Natur das nicht so ein­ge­rich­tet hät­te, wöge der Hams­ter nach einem Jahr 1 Mil­li­ar­de Ton­nen und wür­de an einem Tag sämt­li­che Mais­vor­rä­te der Erde ver­til­gen. Es ist dem­nach ein gra­vie­ren­der Trug­schluss der heu­ti­gen Wirt­schafts­wis­sen­schaft und Wirt­schafts­po­li­tik, auf einem Pla­ne­ten mit begrenz­ten Res­sour­cen und einer begrenz­ten öko­lo­gi­schen Belast­bar­keit, wei­ter auf ein unge­hemm­tes Wirt­schafts­wachs­tum zu bau­en. Wer zum Bei­spiel ein Ende der Ver­bren­nungs­mo­to­ren for­dert und die heu­ti­gen Fahr­zeu­ge durch Elek­tro­au­tos erset­zen möch­te, die bei glei­chem Ver­brauch ihren Strom dann aus Koh­le- und Kern­kraft­wer­ken bezie­hen, ist ent­we­der geis­tig min­der­be­mit­telt oder kriminell.

Glo­ba­li­sie­rung mit welt­wei­ten Waren­strö­men und ste­ti­ges Wachs­tum füh­ren zur Zer­stö­rung regio­na­ler Märk­te, zu einer kata­stro­pha­len CO2-Bilanz und lang­fris­tig auch zur Ver­nich­tung von Arbeits­plät­zen. Viel­leicht soll­ten wir mal an die­sem Tag dar­über nach­den­ken, bevor wir ab mor­gen wie­der über unse­re Ver­hält­nis­se leben.

Ihr Nor­bert Schnellen

Print Friendly, PDF & Email