Stichwort der Woche : 30 Jahre Mauerfall

Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : „Die Ver­trä­ge sind gemacht, und es wur­de viel gelacht… Frei­heit, Frei­heit, ist die ein­zi­ge, die fehlt… Frei­heit, Frei­heit, wur­de wie­der abbe­stellt.“ Mari­us Mül­ler-Wes­tern­ha­gen brach­te es in sei­ner Hym­ne auf die Frei­heit visio­när auf den Punkt : Die Frei­heit war nicht unbe­dingt die Gewin­ne­rin der deut­schen Ein­heit. Natür­lich bedeu­te­te der Mau­er­fall am 9.November 1989 für die Men­schen in der DDR zunächst ein­mal das Ende des kom­mu­nis­ti­schen Unrechts­sys­tems und somit sicher erst ein­mal eine Befrei­ung. Doch im dar­auf­fol­gen­den „Ein­heits­tau­mel“ wur­de über­se­hen, dass ein grö­ße­res Land auch eine grö­ße­re Ver­wal­tung, das heißt mehr Büro­kra­tie braucht. Und die Büro­kra­tie ist nun mal der größ­te Feind der Frei­heit. Des Wei­te­ren fiel mit der Mau­er auch der „Wett­streit der Sys­te­me“ weg. Hat­te der Kapi­ta­lis­mus, mit angst­vol­lem Blick auf den Wett­be­werb mit dem Kom­mu­nis­mus, in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten fast ein mensch­li­ches Gesicht gezeigt, konn­ten jetzt nach und nach alle Mas­ken fal­len. Auch das ging zu Las­ten der Freiheit.

 

Nach dem zwei­ten Welt­krieg hat­te sich die Welt in zwei Lager gespal­ten : Auf der einen Sei­te das „Reich des Bösen“ (Zitat Ronald Rea­gan) unter der Füh­rung der Sowjet­uni­on, auf der ande­ren Sei­te die „freie Welt“ unter der Füh­rung der Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Nach dem Zusam­men­bruch der Sowjet­uni­on und der „Befrei­ung“ Ost­eu­ro­pas, inklu­si­ve der DDR, hät­te in Deutsch­land nun das gol­de­ne Zeit­al­ter der Frei­heit anbre­chen müs­sen – tat es aber nicht. Statt­des­sen brei­te­te sich eine zuneh­men­de Staats­gläu­big­keit aus. Wie in der DDR-Pro­pa­gan­da wur­de nun auch den Men­schen im Wes­ten vor­ge­gau­kelt, dass die Obrig­keit am bes­ten weiß, was für sie gut ist. Kin­der­er­zie­hung, kann die Kin­der­krip­pe (übri­gens ein Wort­re­likt aus der DDR) bes­ser als die Eltern. Der Staat sorgt für Arbeit, für Gesund­heit, für Bil­dung, für Sicher­heit und der Ein­fluss der staat­li­chen Stel­len auf das Leben der ein­zel­nen Bür­ger nimmt immer mehr zu. Dass sich hin­ter dem Begriff „Staat“ natür­lich auch vie­le Lob­by­is­ten, wie Groß­kon­zer­ne, Ban­ken und ande­re Inter­es­sen­grup­pen ver­ber­gen, ist vie­len Men­schen bis heu­te noch nicht klar.

 

Wäh­rend den Unter­drück­ten, die in Dik­ta­tu­ren leben müs­sen, das Feh­len der Frei­heit sehr bewusst ist, mer­ken die Men­schen in unse­rer „schö­nen neu­en Welt“ offen­bar nicht, dass man ihnen ihre Frei­heit Stück für Stück beschnei­det. Wahr­schein­lich lebt sich ohne Frei­heit auch viel beque­mer. Wer alles vor­ge­kaut bekommt, braucht schließ­lich nur noch zu schlu­cken. In die­ser Dis­zi­plin, schlu­cken ohne Nach­zu­den­ken, sind wir Deut­schen inzwi­schen Weltmeister.

 

Quel­le : Ihr Nor­bert Schnellen

 

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