Urteile der Gerichte: Schwein & Co./ Wenn Nutztierhaltung und Wohnbebauung kollidieren
Schon Hunde und Katzen als Haustiere sind immer wieder Gegenstand eines Rechtsstreits. Da überrascht es nicht, dass Nachbarn erst recht darüber diskutieren, inwieweit Nutztiere eine unzumutbare Störung darstellen können. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe einige Urteile zu diesem Themenkreis gesammelt. Mal geht es um schmerzhafte Bienenstiche, mal um einen krähenden Hahn.
Mieter einer Immobilie waren auf die Idee gekommen, drei Wollschweine im Garten des Anwesens zu halten. Dazu hatten sie auch einen kleinen Stall erbaut, in den sich die Tiere zurückziehen konnten. Die Nachbarn im unmittelbar angrenzenden allgemeinen Wohngebiet störten sich vor allem an den Gerüchen, die von der Schweinehaltung ausgingen. Das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 3 L 966⁄13) schloss sich dieser Meinung an und untersagte die Nutzung des Gartens als Aufenthaltsort für Schweine.
Grundsätzlich stellt sich bei der Tierhaltung immer die Frage, ob denn so etwas wie eine Ortsüblichkeit vorliegt. Also, ob denn eine bestimmte Tierart gut in das Umfeld passt. Hühner seien in ländlich geprägten Gebieten mit großen Grundstücken durchaus normal, beschied das Landgericht Koblenz (Aktenzeichen 6 S 21⁄19). Insofern bestehe eine Duldungspflicht für die Nachbarn.
Etwas anders sieht es bei Hähnen aus – vor allem dann, wenn sie in der Nähe eines allgemeinen Wohngebiets gehalten werden. Das Landgericht Mosbach (Aktenzeichen 5 S 47⁄22) verpflichtete einen Halter dazu, in der Nachtzeit von 22 bis 6 Uhr durch Schallisolierung des Hühnerstalles für eine Lautstärke von maximal 60 Dezibel zu sorgen. Dass dafür bis zu 4.000 Euro investiert werden müssten, betrachteten die Richter noch als wirtschaftlich zumutbar.
Zu den kleinsten Nutztieren, wegen denen es zu Konflikten kommen kann, zählen Bienen. Aber wie jeder weiß, verfügen sie über eine nicht zu unterschätzende „Waffe“, den giftigen Stachel. Ein Grundstückseigentümer wurde von einer Biene gestochen, deren Volk der Nachbar auf seinem Anwesen hielt. Der Verletzte klagte auf 300 Euro Schmerzensgeld. Das Amtsgericht Brandenburg (Aktenzeichen 34 C 146⁄16) entsprach dem nicht, denn Bienenhaltung sei im konkreten Umfeld als unwesentliche Beeinträchtigung anzusehen.
Der alljährliche Reinigungsflug eines Volkes über ein fremdes Grundstück, bei dem die Bienen Kot abwerfen, reicht ebenfalls nicht aus, ein Schmerzensgeld zu begründen. Das Landgericht Dessau-Roßlau (Aktenzeichen 1 S 22⁄12) betrachtete das als ganz klar unter der Erheblichkeitsschwelle liegend.
Am anderen Ende der Größenskala der Tiere, die man auf seinem Anwesen halten kann, stehen Pferde. Ein Nachbar wollte mit Hinweis auf die Geruchsbelästigung durch den Pferdemist dagegen vorgehen. Doch damit kam er nicht durch. Mit dem Hinweis darauf, dass hier deutlich weniger Immissionen als zum Beispiel bei Schweinen festzustellen seien, durfte die Pferdehaltung auf einem Grundstück sogar noch erweitert werden. Von Unzumutbarkeit könne keine Rede sein, stellte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Aktenzeichen 1 ME 64⁄14) fest.
Die Art der Haltung muss allerdings den Pferden angemessen sein, sonst kann keine Baugenehmigung erteilt werden. Wenn fünf Pferde zeitweise in einem Stall mit nur 60 Quadratmeter großer Freifläche untergebracht werden sollen, ist das nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Neustadt (Aktenzeichen 4 K 828⁄12) nicht tragbar. Eine Baugenehmigung könne deswegen nicht erteilt werden.
Manchmal sind die Tierwünsche ziemlich ungewöhnlich. So beschaffte sich ein Grundstückseigentümer zwei Hängebauchschweine, die sich auf einem Freigelände austoben durften. Er betrachtete das als statthaft. Die Nachbarschaft im Wohngebiet und in der Folge das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 10 B 1092⁄22) sahen das anders. Auch die Frist zur Entfernung der Schweine von drei Wochen sei angemessen und zumutbar.
Ein von Menschen gehaltenes Tier muss seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden. Das Verwaltungsgericht Trier (Aktenzeichen 6 K 1531⁄13) hatte zu entscheiden, ob die Einzelhaltung eines Esels dieser Vorschrift entspreche. Es kam zu dem Ergebnis, dass dies angesichts des Bedürfnisses eines Esels nach sozialem Kontakt nicht der Fall sei.
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Quelle: Dr. Ivonn Kappel, Referat Presse, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen
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