Erschreckend: Hinweise nur durch ausländischer Dienste. Sind deutsche Geheimdienste überhaupt fähig, Gefährder auf deutschem Boden zu überwachen?

Wir müssen wachsam sein: Die jüngsten Attentatspläne zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist – Leitartikel von Jörg Quoos

Es war fünf Tage vor Weih­nach­ten 2016, kurz vor 20 Uhr, als der mehr­fach vor­be­straf­te Tune­si­er Anis Amri den schwe­ren Sca­nia-Sat­tel­schlep­per, bela­den mit 25 Ton­nen Bau­stahl, mit vol­ler Absicht von der Har­den­berg­stra­ße in den Weih­nachts­markt an der Ber­li­ner Gedächt­nis­kir­che steu­er­te. Der Mann war Isla­mist und hät­te wegen mehr­fa­cher schwe­rer Dro­gen­ver­ge­hen leicht aus dem Ver­kehr gezo­gen wer­den kön­nen, wie die Unter­su­chungs­be­rich­te am Ende erga­ben. Aber es kam nicht dazu.

Des­halb muss­ten drei­zehn Men­schen ster­ben, 67 wur­den zum Teil schwer ver­letzt. Vie­le lei­den heu­te noch unter den Spät­fol­gen des Atten­tats. Hät­te der moder­ne Lkw kei­ne auto­ma­ti­sche Not­fall­ab­schal­tung gehabt, wären es noch viel mehr Opfer gewe­sen. Der Ter­ror zu Weih­nach­ten hat sich tief ein­ge­brannt in das Sicher­heits­ge­fühl der Men­schen in der City West. Spä­tes­tens beim Anblick der mar­tia­li­schen Beton- und Stahl­pol­ler rund um den Breit­scheid­platz wird man an das Grau­en an die­sem furcht­ba­ren Dezem­ber­abend erinnert.

Jetzt woll­ten erneut Isla­mis­ten einen töd­li­chen Anschlag bege­hen. Sie plan­ten mit Waf­fen aus einem Ver­steck Juden zu töten, heißt es in der Begrün­dung der Bun­des­an­walt­schaft zum Haft­be­fehl. Es ist wenig bekannt dar­über, wie weit die Män­ner mit ihren Plä­nen waren. Die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger wis­sen nicht, wer die­se Män­ner sind, wie weit ihre mör­de­ri­schen Plä­ne waren und war­um sie sich über­haupt radikalisierten.

Aber eines ist gewiss: Es leben Men­schen in Deutsch­land, die aus reli­giö­ser Über­zeu­gung anders­den­ken­de Men­schen töten wol­len. Das ist eine beun­ru­hi­gen­de Bot­schaft, kurz vor dem Weih­nachts­fest. Von 486 isla­mis­ti­schen Gefähr­dern und rund 450 Hamas-Mit­glie­dern geht der Ver­fas­sungs­schutz aus – und wegen des Krie­ges um Gaza steigt die Gefahr, dass sie aktiv wer­den. Es ist erschre­ckend, dass auch die jüngs­ten Fest­nah­men in Ber­lin und Rot­ter­dam offen­bar nur durch Hin­wei­se aus­län­di­scher Diens­te zustan­de kamen. Das wirft Fra­gen auf, ob die deut­schen Geheim­diens­te aus­rei­chend fähig und legi­ti­miert sind, die Gefähr­der auf deut­schem Boden eng­ma­schig zu überwachen.

Die aktu­el­le Gefähr­dung zeigt auch, wie schnell eine unkon­trol­lier­te Migra­ti­on gefähr­lich wer­den kann, ganz beson­ders für Juden in Deutsch­land, die unse­ren beson­de­ren Schutz benötigen.

Viel zu lan­ge war die Debat­te um die Migra­ti­on nur vom Kos­ten­ge­dan­ken oder vom ideo­lo­gi­schen Streit bestimmt. Es ist höchs­te Zeit, deut­lich genau­er hin­zu­se­hen, wer auf der Suche nach einem bes­se­ren Leben in unser Land kommt. Selbst Men­schen mit Dul­dung oder geneh­mig­tem Asyl­an­trag kön­nen Juden­hass und Into­le­ranz ins Land brin­gen, wie eini­ge Demons­tra­tio­nen in den ver­gan­ge­nen Wochen bewie­sen haben. Auf den Stra­ßen hat sich erschre­ckend gezeigt, dass es noch lan­ge kein gemein­sa­mes Wer­te­ver­ständ­nis von vie­len Flüch­ten­den und denen gibt, die ihnen Schutz und Obdach bie­ten. Dazu kommt eine bemer­kens­wer­te Igno­ranz der Poli­tik gegen­über der offen­sicht­li­chen Gefahr, dass immer mehr Men­schen in Deutsch­land unse­re frei­heit­li­che demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ableh­nen und sich einen ganz ande­ren Staat wün­schen. Die­se Ein­stel­lung muss ange­sichts der Welt­la­ge sehr viel erns­ter genom­men wer­den. In der Poli­tik, in den Sicher­heits­be­hör­den, bei uns allen.

Wer zulässt, dass auf unse­ren Stra­ßen das Kali­fat aus­ge­ru­fen wird, wird sich eines Tages auch ver­ant­wor­ten müs­sen, wenn es zu töd­li­cher Gewalt kommt.

___________________

BER­LI­NER MORGENPOST
Ori­gi­nal-Con­tent von: BER­LI­NER MOR­GEN­POST, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit: Ado­be­Stock 128770191 / Brisystem

Print Friendly, PDF & Email