Kinder im Haus – Urteile deutscher Gerichte zum Thema Immobilien und Nachwuchs. In welchem Umfang müssenStörungen hingenommen werden?

Kinder im Haus – Urteile deutscher Gerichte zum Thema Immobilien und Nachwuchs

Kin­der sind die Zukunft, das ist unum­strit­ten. Aber im All­tag gibt es dann doch immer wie­der Streit, wann und in wel­chem Umfang Stö­run­gen durch sie hin­ge­nom­men wer­den müs­sen. Sol­che Urtei­le und auch ande­re Fäl­le, die mit Kin­dern und Immo­bi­li­en zu tun haben, hat der Info­dienst Recht und Steu­ern der LBS für sei­ne Extra­aus­ga­be gesam­melt. Die Ten­denz der Recht­spre­chung ist ein­deu­tig: Dem Nach­wuchs ist Raum zu geben, so lan­ge sich die Beläs­ti­gun­gen nicht jedes übli­che Maß übersteigen.

Beson­ders laut sind Kin­der und Jugend­li­che häu­fig dann, wenn sie in grö­ße­ren Grup­pen zusam­men­kom­men. Nach­barn emp­fan­den es zum Bei­spiel als Stö­rung, dass sie regel­mä­ßig dem von einer Schul­sport­an­la­ge aus­ge­hen­den Lärm aus­ge­setzt waren. Ins­be­son­de­re stör­ten sich die Klä­ger an den beim Ball­sport ent­ste­hen­den Geräu­schen. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Neu­stadt (Akten­zei­chen 5 K 6017) ent­schied, die Bedeu­tung des Schul­sports sei sehr hoch und die Geräu­sche müss­ten des­we­gen ertra­gen wer­den. Zudem wider­sprä­chen die Nut­zungs­zei­ten der Anla­ge nicht den übli­chen Ruhephasen.

Anders ist die Situa­ti­on, wenn es sich um ein pri­va­tes Umfeld han­delt und zudem die Ruhe­zei­ten erheb­lich ver­letzt wer­den. Kon­kret kam es in einem Miets­haus zu stän­di­gen lau­ten Strei­te­rei­en, Geschrei und Türen­schla­gen auch nach 22 Uhr. Abmah­nun­gen hal­fen nichts, des­we­gen sprach der Ver­mie­ter die frist­lo­se Kün­di­gung aus. Das Land­ge­richt Ber­lin (Akten­zei­chen 65 S 10421) hielt das für ver­tret­bar und stell­te fest, hier sei­en die Gren­zen des gesell­schaft­li­chen Tole­ranz­ge­bo­tes über­schrit­ten worden.

Nach­barn wehr­ten sich gericht­lich dage­gen, dass in einem rei­nen Wohn­ge­biet eine Krip­pe für 48 Kin­der und bis zu 20 Beschäf­tig­te von den Behör­den geneh­migt wor­den war.

Das Are­al muss­te über eine Zufahrt erschlos­sen wer­den und es soll­te über ein Dut­zend Stell­plät­ze ent­ste­hen. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Mün­chen (Akten­zei­chen M1 SN 22.5051) konn­te den Beden­ken der Anwoh­ner nicht fol­gen. Es müs­se eine Inter­es­sen­ab­wä­gung statt­fin­den und die fal­le zu Guns­ten der Krip­pe aus, denn solch eine Ein­rich­tung die­ne dem vor­han­de­nen Bedarf.

Die­se Bedarfs­er­fül­lung bezieht sich aber nicht ganz streng auf ein behörd­lich fest­ge­leg­tes Umfeld, son­dern ist etwas groß­zü­gi­ger zu sehen. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Baden-Würt­tem­berg (Akten­zei­chen 3 S 234319) stell­te fest, nicht irgend­wel­che im Bebau­ungs­plan vor­ge­se­he­nen Gren­zen sei­en für die Bedarfs­er­mitt­lung rele­vant, son­dern die fuß­läu­fi­ge Erreich­bar­keit der Kin­der­ta­ges­stät­te. Wenn das gege­ben sei, dann rei­che es als Begrün­dung für die Geneh­mi­gung einer der­ar­ti­gen Einrichtung.

Manch­mal sind es gar nicht die Kin­der selbst, die Nach­barn stö­ren, son­dern deren „Fahr­zeu­ge“. Ein Woh­nungs­ei­gen­tü­mer ver­lang­te, dass ein Kin­der­wa­gen nicht län­ger im Haus­flur ste­hen dür­fe. Das Amts­ge­richt Dort­mund (Akten­zei­chen 425 C 630517) prüf­te den Fall und kam zu dem Ergeb­nis, dass vom bean­stan­de­ten Stell­platz kei­ne Beein­träch­ti­gun­gen für die Haus­ge­mein­schaft aus­gin­gen und der Kin­der­wa­gen des­we­gen blei­ben könne.

Eine Woh­nung kann nicht ohne wei­te­res als Kin­der­ta­ges­stät­te genutzt wer­den. Das teil­te das Land­ge­richt Koblenz (Akten­zei­chen 2 S 3419) einer Eigen­tü­me­rin mit, die ihr Objekt als Tages­pfle­ge­stel­le für bis zu fünf Kin­der nutz­te. Kon­kret hat­te die Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft, wie das häu­fig der Fall ist, in ihrer Gemein­schafts­ord­nung fest­ge­legt, dass eine Nut­zung nur zu Wohn­zwe­cken erlaubt sei. Des­halb schied eine Umwand­lung zur Pfle­ge­stel­le für Kin­der aus.

Eigen­be­darfs­kün­di­gun­gen erfol­gen häu­fig mit der Begrün­dung, die eige­nen Kin­der woll­ten in die betref­fen­de Immo­bi­lie ein­zie­hen. Die­se Behaup­tung darf aller­dings nicht zu all­ge­mein gehal­ten sein, wenn die Kün­di­gung juris­tisch erfolg­reich sein soll. Es gehö­re zur Form­erfor­der­nis, so das Land­ge­richt Ber­lin (Akten­zei­chen 67 S 28822), dass die begüns­tig­ten Per­so­nen einer Eigen­be­darfs­kün­di­gung zwar nicht unbe­dingt nament­lich benannt wer­den, aber iden­ti­fi­zier­bar sein müss­ten. Sonst habe der Mie­ter kei­ne Chan­ce, sich dage­gen zu wehren.

Häu­fig geben Ehe­leu­te in ihrem gemein­sa­men Tes­ta­ment an, dass die Erben des Letzt­ver­ster­ben­den „unse­re gemein­schaft­li­chen Abkömm­lin­ge zu glei­chen Antei­len“ sein sol­len. Das ist nach Mei­nung der Recht­spre­chung wört­lich zu neh­men. Die For­mu­lie­rung bezieht sich nach Ansicht des Ober­lan­des­ge­richts Olden­burg (Akten­zei­chen 3 U 2418) nicht nur auf die unmit­tel­ba­ren Abkömm­lin­ge, also die Kin­der, son­dern auch auf die fol­gen­den Gene­ra­tio­nen. Also auch auf Enkel und Urenkel.

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Quel­le: Dr. Ivonn Kap­pel, Refe­rat Pres­se, Bun­des­ge­schäfts­stel­le Landesbausparkassen
Ori­gi­nal-Con­tent von: Bun­des­ge­schäfts­stel­le Lan­des­bau­spar­kas­sen (LBS), über­mit­telt durch news aktuell

Bild­un­ter­schrift: Urtei­le deut­scher Gerich­te zum The­ma Immo­bi­li­en und Nachwuchs.
Bildrechte:©Bundesgeschäftsstelle Lan­des­bau­spar­kas­sen (LBS)
Fotograf:©Bundesgeschäftsstelle LBS