Kinder im Haus – Urteile deutscher Gerichte zum Thema Immobilien und Nachwuchs
Kinder sind die Zukunft, das ist unumstritten. Aber im Alltag gibt es dann doch immer wieder Streit, wann und in welchem Umfang Störungen durch sie hingenommen werden müssen. Solche Urteile und auch andere Fälle, die mit Kindern und Immobilien zu tun haben, hat der Infodienst Recht und Steuern der LBS für seine Extraausgabe gesammelt. Die Tendenz der Rechtsprechung ist eindeutig: Dem Nachwuchs ist Raum zu geben, so lange sich die Belästigungen nicht jedes übliche Maß übersteigen.
Besonders laut sind Kinder und Jugendliche häufig dann, wenn sie in größeren Gruppen zusammenkommen. Nachbarn empfanden es zum Beispiel als Störung, dass sie regelmäßig dem von einer Schulsportanlage ausgehenden Lärm ausgesetzt waren. Insbesondere störten sich die Kläger an den beim Ballsport entstehenden Geräuschen. Das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 5 K 60⁄17) entschied, die Bedeutung des Schulsports sei sehr hoch und die Geräusche müssten deswegen ertragen werden. Zudem widersprächen die Nutzungszeiten der Anlage nicht den üblichen Ruhephasen.
Anders ist die Situation, wenn es sich um ein privates Umfeld handelt und zudem die Ruhezeiten erheblich verletzt werden. Konkret kam es in einem Mietshaus zu ständigen lauten Streitereien, Geschrei und Türenschlagen auch nach 22 Uhr. Abmahnungen halfen nichts, deswegen sprach der Vermieter die fristlose Kündigung aus. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 65 S 104⁄21) hielt das für vertretbar und stellte fest, hier seien die Grenzen des gesellschaftlichen Toleranzgebotes überschritten worden.
Nachbarn wehrten sich gerichtlich dagegen, dass in einem reinen Wohngebiet eine Krippe für 48 Kinder und bis zu 20 Beschäftigte von den Behörden genehmigt worden war.
Das Areal musste über eine Zufahrt erschlossen werden und es sollte über ein Dutzend Stellplätze entstehen. Das Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen M1 SN 22.5051) konnte den Bedenken der Anwohner nicht folgen. Es müsse eine Interessenabwägung stattfinden und die falle zu Gunsten der Krippe aus, denn solch eine Einrichtung diene dem vorhandenen Bedarf.
Diese Bedarfserfüllung bezieht sich aber nicht ganz streng auf ein behördlich festgelegtes Umfeld, sondern ist etwas großzügiger zu sehen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Aktenzeichen 3 S 2343⁄19) stellte fest, nicht irgendwelche im Bebauungsplan vorgesehenen Grenzen seien für die Bedarfsermittlung relevant, sondern die fußläufige Erreichbarkeit der Kindertagesstätte. Wenn das gegeben sei, dann reiche es als Begründung für die Genehmigung einer derartigen Einrichtung.
Manchmal sind es gar nicht die Kinder selbst, die Nachbarn stören, sondern deren „Fahrzeuge“. Ein Wohnungseigentümer verlangte, dass ein Kinderwagen nicht länger im Hausflur stehen dürfe. Das Amtsgericht Dortmund (Aktenzeichen 425 C 6305⁄17) prüfte den Fall und kam zu dem Ergebnis, dass vom beanstandeten Stellplatz keine Beeinträchtigungen für die Hausgemeinschaft ausgingen und der Kinderwagen deswegen bleiben könne.
Eine Wohnung kann nicht ohne weiteres als Kindertagesstätte genutzt werden. Das teilte das Landgericht Koblenz (Aktenzeichen 2 S 34⁄19) einer Eigentümerin mit, die ihr Objekt als Tagespflegestelle für bis zu fünf Kinder nutzte. Konkret hatte die Eigentümergemeinschaft, wie das häufig der Fall ist, in ihrer Gemeinschaftsordnung festgelegt, dass eine Nutzung nur zu Wohnzwecken erlaubt sei. Deshalb schied eine Umwandlung zur Pflegestelle für Kinder aus.
Eigenbedarfskündigungen erfolgen häufig mit der Begründung, die eigenen Kinder wollten in die betreffende Immobilie einziehen. Diese Behauptung darf allerdings nicht zu allgemein gehalten sein, wenn die Kündigung juristisch erfolgreich sein soll. Es gehöre zur Formerfordernis, so das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 67 S 288⁄22), dass die begünstigten Personen einer Eigenbedarfskündigung zwar nicht unbedingt namentlich benannt werden, aber identifizierbar sein müssten. Sonst habe der Mieter keine Chance, sich dagegen zu wehren.
Häufig geben Eheleute in ihrem gemeinsamen Testament an, dass die Erben des Letztversterbenden „unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen“ sein sollen. Das ist nach Meinung der Rechtsprechung wörtlich zu nehmen. Die Formulierung bezieht sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts Oldenburg (Aktenzeichen 3 U 24⁄18) nicht nur auf die unmittelbaren Abkömmlinge, also die Kinder, sondern auch auf die folgenden Generationen. Also auch auf Enkel und Urenkel.
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Quelle: Dr. Ivonn Kappel, Referat Presse, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen
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