Kommt nach Dieselgate nun Elektrogate? Hersteller von E‑Autos stehen im Verdacht, bei den Angaben zur Reichweite und Batteriekapazität zu mogeln

Steht die Automobilindustrie vor einem Elektrogate? WiWo-Bericht sieht nach ADAC-Tests Hinweise auf Schummelei bei Reichweite und Batteriekapazität

Kommt nach Die­sel­ga­te nun Elek­tro­ga­te? Her­stel­ler von E‑Autos ste­hen im Ver­dacht, bei den Anga­ben zur Reich­wei­te und Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät zu mogeln. Spei­chern die Bat­te­rien der Fahr­zeu­ge weni­ger Strom als ver­spro­chen? Ist die Akku­ka­pa­zi­tät gerin­ger als ange­ge­ben oder bewor­ben? Mit die­sen Fra­gen hat sich die Wirt­schafts­wo­che (WiWo) in ihrer Aus­ga­be vom 6. Okto­ber 2023 beschäf­tigt. Unter­su­chun­gen des ADAC haben den Ver­dacht auf­kom­men las­sen, den Ver­brau­cher und Nut­zer von E‑Autos schon lan­ge hegen. Irgend­et­was stimmt nicht mit der Reich­wei­te der E‑Fahrzeuge. Meis­ten fährt das E‑Auto weni­ger, als der Bord­com­pu­ter verspricht.

Doch was bedeu­tet das juris­tisch? Soll­ten es die Her­stel­ler von E‑Autos bei der ange­ge­be­nen Akku­ka­pa­zi­tät mit der Wahr­heit nicht so genau genom­men haben, könn­ten Kun­den aus Sicht der Kanz­lei Dr. Stoll & Sau­er womög­lich Gewähr­leis­tungs- oder Garan­tie­an­sprü­che gel­tend machen. Auch „Scha­dens­er­satz­an­sprü­che auf­grund einer uner­laub­ten Hand­lung“ sei­en denk­bar, zitiert die WiWo unse­ren Geschäfts­füh­rer und Gesell­schaf­ter Chris­ti­an Grotz. Die Kanz­lei rät Hal­tern von E‑Autos, die Unge­reimt­hei­ten bei der Reich­wei­te fest­stel­len, zur anwalt­li­chen Bera­tung im kos­ten­lo­sen Online-Check. Dr. Stoll & Sau­er gehört im Die­sel-Abgas­skan­dal zu den füh­ren­den Kanz­lei­en, deren Inha­ber den Ver­brau­cher­zen­tra­le Bun­des­ver­band (vzbv) in der Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­ge gegen VW und aktu­ell gegen den Mer­ce­des-Benz-Group AG vertreten.

ADAC tes­tet den VW ID.3 auf sei­ne Batteriekapazität

Der ADAC hege laut dem Bericht der WiWo den Ver­dacht, dass eini­ge Her­stel­ler bei ihren Anga­ben zur Reich­wei­te ihrer Elek­tro­fahr­zeu­ge unehr­lich sein könn­ten und die tat­säch­li­che Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät gerin­ger sei als bewor­ben. Beson­de­res Augen­merk soll auf Volks­wa­gen (VW) lie­gen, da Tests gezeigt haben sol­len, dass die Bat­te­rien eini­ger Model­le des VW-Kon­zerns mög­li­cher­wei­se weni­ger Kapa­zi­tät haben als ursprüng­lich angegeben.

Im ADAC-Tech­nik-Zen­trum befin­de sich der VW ID.3 im Lang­zeit­test. Bei Mes­sun­gen der Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät bei 20.000, 80.000 und 100.000 Kilo­me­tern sol­len die Tests jeweils eine Kapa­zi­tät von rund 69 Kilo­watt­stun­den ermit­telt haben. Dies ste­he im Kon­trast zur Her­stel­ler­an­ga­be, die dem Fah­rer 77 Kilo­watt­stun­den zur Ver­fü­gung stel­len soll­te. E‑Au­to-Exper­ten haben begon­nen, die­ser Ange­le­gen­heit nach­zu­ge­hen und ver­mu­ten, dass Volks­wa­gen eine „Not­lauf­re­ser­ve“ von rund zwei Kilo­watt­stun­den vor­ge­se­hen haben könn­te, die dem Fahr­zeug ermög­li­che, noch wei­ter­zu­fah­ren, obwohl die Bat­te­rie als leer ange­zeigt werde.

Volks­wa­gen habe die­se Spei­cher­rück­la­ge laut WiWo erst­mals bestä­tigt und erklärt, dass sie dem Nut­zer zusätz­lich zur Ver­fü­gung ste­he. E‑Au­to-Exper­ten sei­en jedoch skep­tisch, da die Reser­ve genutzt wer­den kön­ne, wenn das Auto eine völ­lig lee­re Bat­te­rie anzei­ge, was die meis­ten Kun­den jedoch ver­mei­den, da sie ihr Auto zuvor auf­lu­den. Selbst wenn man eine Not­lauf­re­ser­ve von zwei Kilo­watt­stun­den annimmt, blie­be immer noch eine Lücke von sechs Kilowattstunden.

Eine Kilo­watt­stun­de soll VW nach WiWo-Bericht im Ein­kauf etwa 100 Euro kos­ten, wäh­rend Kun­den das Dop­pel­te dafür bezah­len. Der ADAC soll es für unwahr­schein­lich hal­ten, dass VW Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät im Wert von 1200 Euro ein­fach nicht ein­ge­baut habe, da dies nach dem Die­sel­skan­dal kaum vor­stell­bar sei. Statt­des­sen ver­mu­tet man, dass VW einen Teil der Akku­ka­pa­zi­tät ver­ber­ge und die­se per Soft­ware­be­fehl frei­ge­ben kön­ne, etwa wenn die Bat­te­rie im Lau­fe der Zeit an Spei­cher­fä­hig­keit ver­lie­re. Damit spa­re VW sich den teu­ren Aus­tausch der Bat­te­rie. Die Kos­ten dafür lie­gen zwi­schen 10.000 und 30.000 Euro je nach Fahrzeug.

Chris­ti­an Grotz von der Kanz­lei Dr. Stoll & Sau­er merkt an, dass sol­che ver­steck­ten Reser­ven wahr­schein­lich recht­lich nicht in Ord­nung wären, da die Kun­den eine ange­ge­be­ne Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät gekauft haben, und der Her­stel­ler kei­nen Teil davon ein­fach ein­be­hal­ten darf. Fal­sche Anga­ben zur Leis­tung könn­ten zu erheb­li­chen Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen füh­ren. Chris­ti­an Grotz stellt fest, dass Kun­den mög­li­cher­wei­se Gewähr­leis­tungs- oder Garan­tie­an­sprü­che gel­tend machen könn­ten, falls sich her­aus­stellt, dass die Akku­ka­pa­zi­tät tat­säch­lich gerin­ger ist als vom Her­stel­ler bewor­ben. Dar­über hin­aus könn­te eine straf­ba­re Hand­lung ver­folgt wer­den, wenn sich ein sys­te­ma­ti­sches Vor­ge­hen der Her­stel­ler auf Kos­ten der Käu­fer nach­wei­sen lässt.

Elek­tro­ga­te lässt Erin­ne­run­gen an Die­sel-Abgas­skan­dal aufkommen

Das mög­li­che Elek­tro­ga­te erin­nert an den Die­sel-Abgas­skan­dal, der die Auto­mo­bil­in­dus­trie seit 2015 belas­tet. Soll­ten sich die Ver­mu­tun­gen des ADAC bestä­ti­gen, könn­te dies zu behörd­li­chen Ermitt­lun­gen, Straf­ta­ten und Scha­dens­er­satz­pro­zes­sen füh­ren. Unter­su­chun­gen in den USA brach­ten 2015 den VW-Abgas­skan­dal ins Rol­len. VW reagier­te in der Wirt­schafts­wo­che auf die Vor­wür­fe und gibt an, die Mes­sun­gen an E‑Autos durch den ADAC nicht zu ken­nen und sich daher nicht dazu äußern zu kön­nen. Das Unter­neh­men betont, dass die ent­nom­me­ne Ener­gie­men­ge von der Fahr­wei­se und der Bat­te­rie­tem­pe­ra­tur abhän­gig sei.

Die Wirt­schafts­wo­che berich­te­te wei­ter über einen Elek­tro­au­to­fah­rer, der regel­mä­ßig die­sel­be Stre­cke mit sei­nem VW ID.3 fährt und fest­ge­stellt haben will, dass die vom Bord­com­pu­ter vor­her­ge­sag­te Reich­wei­te fast immer um 15 bis 20 Pro­zent nied­ri­ger sei als die tat­säch­li­che Reich­wei­te. Er ver­mu­te, dass die Bat­te­rie mög­li­cher­wei­se nicht die Kapa­zi­tät hat, die VW angibt. Sei­ne Ver­mu­tung deckt sich mit den Ergeb­nis­sen des ADAC.

Nicht nur die Bat­te­rie berei­tet Sor­gen, auch der Stromverbrauch

Es soll auch Ver­mu­tun­gen geben, dass nicht nur die Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät, son­dern auch der Strom­ver­brauch bei eini­gen Model­len des VW-Kon­zerns pro­ble­ma­tisch sei. Dies kön­ne zu den unrea­lis­ti­schen Reich­wei­ten­an­ga­ben füh­ren. Die Unter­su­chun­gen des ADAC haben nach dem WiWo-Bericht gezeigt, dass die Dis­kre­panz zwi­schen den Labor­er­geb­nis­sen und den rea­len Ver­brauchs­zah­len beim Volks­wa­gen-Kon­zern auf­fäl­lig hoch ist. Durch­schnitt­lich ver­brauch­ten die Model­le des Kon­zerns 23,1 Pro­zent mehr Strom als in den Ver­kaufs­un­ter­la­gen ange­ge­ben. Bei eini­gen Model­len lie­ge die Abwei­chung sogar über 25 Prozent.

Die Dis­kre­panz zwi­schen den Labor­er­geb­nis­sen und den rea­len Ver­brauchs­zah­len sei laut WiWo-Bericht bei E‑Autos im All­ge­mei­nen nicht unge­wöhn­lich, da der Strom­ver­brauch unter unrea­lis­ti­schen Bedin­gun­gen im Labor gemes­sen wer­de. Aller­dings sei die Dis­kre­panz beim Volks­wa­gen-Kon­zern beson­ders hoch. Die VW-Toch­ter Por­sche wird in dem Bericht her­vor­ge­ho­ben, da sie als ein­zi­ge mit kon­ser­va­ti­ven Anga­ben wirbt. Für den Rest des Kon­zerns, zu dem Mar­ken wie VW, Audi, Sko­da und Cup­ra gehö­ren, gel­ten die­se Anga­ben jedoch nicht.

Dr. Stoll & Sau­er gehört zu den füh­ren­den Verbraucherkanzleien

Bei der Kanz­lei Dr. Stoll & Sau­er Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH han­delt es sich um eine der füh­ren­den Kanz­lei­en im Ver­brau­cher- und Anle­ger­schutz­recht. Mit der Exper­ti­se von über 30 Anwäl­ten und Fach­an­wäl­ten steht die Kanz­lei in allen wich­ti­gen Rechts­ge­bie­ten den Man­dan­ten in den Stand­or­ten Lahr, Stutt­gart und Etten­heim zur Ver­fü­gung. Die Kanz­lei ist unter ande­rem auf Bank- und Kapi­tal­markt­recht sowie den Abgas­skan­dal spe­zia­li­siert. Hin­zu kom­men die The­men Arbeits‑, IT‑, Ver­si­che­rungs- und Ver­wal­tungs­recht. Die Gesell­schaf­ter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sau­er führ­ten die Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­ge gegen die Volks­wa­gen AG, han­del­ten für 260.000 Ver­brau­cher einen 830-Mil­lio­nen-Ver­gleich aus. Aktu­ell füh­ren die Inha­ber in einer Spe­zi­al­ge­sell­schaft die Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­ge gegen die Mer­ce­des-Benz Group AG. Im JUVE-Hand­buch 2019/2020 wird die Kanz­lei für ihre Kom­pe­tenz beim Manage­ment von Mas­sen­ver­fah­ren als markt­prä­gend erwähnt.

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Quel­le: Dr. Stoll & Sau­er Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH
Ori­gi­nal-Con­tent von: Dr. Stoll & Sau­er Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit: Ado­be­Stock 490661387 / Brisystem

 

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