Schlamassel wie lange nicht. Der von Russland angezettelte Ukrainekrieg hat sich zu einer Zermürbungsschlacht entwickelt.

Berliner Morgenpost: Joe Biden zeigt Führung, ein Kommentar von Michael Backfisch

Die inter­na­tio­na­le Poli­tik befin­det sich in einem Schla­mas­sel wie lan­ge nicht. Der von Russ­land ange­zet­tel­te Ukrai­ne­krieg hat sich zu einer gro­ßen Zer­mür­bungs­schlacht ent­wi­ckelt. Nach den grau­sa­men Ter­ror­an­grif­fen der isla­mis­ti­schen Hamas setzt Isra­el zum Gegen­schlag an, der sich auf den gesam­ten Nahen Osten und dar­über hin­aus aus­wei­ten kann. Die Welt ist pola­ri­siert wie seit dem Kal­ten Krieg nicht mehr: hier der Wes­ten, dort Russ­land im Schul­ter­schluss mit Chi­na. Bei­de Lager buh­len um die Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­der des „glo­ba­len Südens“.

In einer der­ar­ti­gen Gemenge­la­ge aus Kon­flikt, Gewalt und Cha­os ist für Poli­ti­ker die Ver­su­chung groß, sich aus allem her­aus­zu­hal­ten. Wer auf innen­po­li­ti­schen Bei­fall schielt, sagt Sät­ze wie: Wir kon­zen­trie­ren uns auf die Lage zu Hau­se. Kei­ne finan­zi­el­len Opfer zur Lösung von Kri­sen im Ausland.

US-Prä­si­dent Joe Biden hat ganz bewusst die­sen Weg nicht ein­ge­schla­gen. Er hat sich nicht im Dickicht eines Bequem­lich­keits­po­pu­lis­mus ver­kro­chen. In einer bemer­kens­wer­ten Fern­seh­an­spra­che hat er die Hamas-Atta­cken auf Isra­el und den Angriffs­krieg des rus­si­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin gegen die Ukrai­ne mit­ein­an­der ver­knüpft. „Hamas und Putin ver­kör­pern unter­schied­li­che Bedro­hun­gen, aber sie haben eines gemein­sam: Sie wol­len bei­de eine benach­bar­te Demo­kra­tie kom­plett aus­lö­schen.“ Die Geschich­te habe gelehrt: „Wenn Ter­ro­ris­ten nicht den Preis für ihren Ter­ror, wenn Dik­ta­to­ren nicht den Preis für ihre Aggres­si­on bezah­len, rich­ten sie noch mehr Cha­os, Tod und Zer­stö­rung an.“

Der Chef des Wei­ßen Hau­ses holt weit aus, um sei­ne Lands­leu­te auf­zu­rüt­teln und 14 Mil­li­ar­den Dol­lar Mili­tär­hil­fe für Isra­el und 60 Mil­li­ar­den Dol­lar für die Ukrai­ne locker­zu­ma­chen: Um die­se Beträ­ge hat er den Kon­gress gebe­ten. Biden zeich­net das Bild einer Welt, die aus einem Kampf zwi­schen „Frei­heit“ und „Tyran­nei“ besteht. Die Sicher­heit der Ver­ei­nig­ten Staa­ten sei nur gewähr­leis­tet, wenn sich Isra­el und die Ukrai­ne erfolg­reich zur Wehr setz­ten, lau­tet sein Fazit.

Für die Unter­stüt­zung Isra­els gibt es in der US-Bevöl­ke­rung tra­di­tio­nell eine über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit. Trotz­dem bemüht sich der Prä­si­dent um eine Balan­ce. Er warnt glei­cher­ma­ßen vor „Anti­se­mi­tis­mus“ und „Isla­mo­pho­bie“. Er wirbt für eine Zwei-Staa­ten-Lösung, die auch den Paläs­ti­nen­sern ein Leben in „Sicher­heit, Wür­de und Frie­den“ ermög­licht. Und er mahnt Isra­els Regie­rung, beim Feld­zug gegen die Hamas nicht „blind vor Wut“ zu han­deln. Ame­ri­ka sei durch die „Höl­le“ der Ter­ror­an­schlä­ge des 11. Sep­tem­ber 2001 gegan­gen und habe „Feh­ler“ gemacht, räumt Biden ein – ein indi­rek­ter Hin­weis auf die geschei­ter­ten US-Mili­tär­ak­tio­nen im Irak und in Afghanistan.

Bidens Rede war gespickt mit Nach­denk­lich­keit, Demut, aber auch mit Appel­len zum Enga­ge­ment für Demo­kra­tie und Frei­heit. Der Prä­si­dent geht dabei ein hohes Risi­ko ein. Auch die US-Wirt­schaft lei­det unter den Fol­gen von Kri­sen und Krie­gen: Die Infla­ti­ons­ra­te ist nach wie vor hoch, ein Gefühl der Unsi­cher­heit las­tet auf dem Land. Vor die­sem Hin­ter­grund ist ein beträcht­li­cher Teil der Ame­ri­ka­ner iso­la­tio­nis­tisch gestimmt.

Der repu­bli­ka­ni­sche Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat Donald Trump und die Gil­de der Mini-Trumps ver­su­chen, dar­aus Kapi­tal zu schla­gen. Biden weiß, dass all dies Hür­den für sei­nen bevor­ste­hen­den Wahl­kampf sind.Doch er prescht vor und plat­ziert die USA als welt­po­li­ti­sche Anker­macht der Demo­kra­tien. So sieht poli­ti­sche Füh­rung in schwe­ren Zei­ten aus.

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