Ausgaben für Sozialleistungen wachsen deutlich – Ausgaben der Kommunen um 11,0 % höher als im Vorjahreszeitraum

06Kommunales Finanzierungsdefizit steigt im 1. Halbjahr 2023 auf 7,3 Milliarden Euro

Die Gemein­den und Gemein­de­ver­bän­de (ohne Stadt­staa­ten) in Deutsch­land wie­sen im 1. Halb­jahr 2023 ein Finan­zie­rungs­de­fi­zit von 7,3 Mil­li­ar­den Euro auf. Wie das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt (Desta­tis) nach vor­läu­fi­gen Ergeb­nis­sen der vier­tel­jähr­li­chen Kas­sen­sta­tis­tik mit­teilt, war das Finan­zie­rungs­de­fi­zit damit deut­lich höher als im 1. Halb­jahr 2022. Damals hat­te das Defi­zit 1,6 Mil­li­ar­den Euro betragen.

Das Ergeb­nis setzt sich aus kom­mu­na­len Kern- und Extra­haus­hal­ten zusam­men: Das Defi­zit der Kern­haus­hal­te belief sich im 1. Halb­jahr 2023 auf 8,2 Mil­li­ar­den Euro. Im 1. Halb­jahr 2022 hat­te es bei 2,0 Mil­li­ar­den gele­gen. Die Extra­haus­hal­te erziel­ten dage­gen im 1. Halb­jahr 2023 einen Finan­zie­rungs­über­schuss von 0,8 Mil­li­ar­den Euro. Im Vor­jah­res­zeit­raum hat­te der Über­schuss 0,4 Mil­li­ar­den Euro betragen.

Aus­ga­ben für Sozi­al­leis­tun­gen wach­sen deutlich

Die berei­nig­ten Aus­ga­ben der Gemein­den und Gemein­de­ver­bän­de stie­gen im 1. Halb­jahr 2023 im Ver­gleich zum 1. Halb­jahr 2022 sehr stark um 11,0 % bezie­hungs­wei­se 16,6 Mil­li­ar­den Euro auf 167,6 Mil­li­ar­den Euro.

Trei­ber der Aus­ga­ben waren vor allem die Sozi­al­leis­tun­gen, die im 1. Halb­jahr 2023 um 11,8 % oder 3,9 Mil­li­ar­den Euro höher waren als im 1. Halb­jahr 2022 und sich auf ins­ge­samt 37,1 Mil­li­ar­den Euro beliefen.

#Haupt­grund für den Anstieg waren die zum 1. Janu­ar 2023 erhöh­ten Regel­sät­ze für das Bür­ger­geld in der Sozi­al­hil­fe nach SGB XII und SGB II. Außer­dem wur­den die Schutz­su­chen­den aus der Ukrai­ne seit Juni 2022 aus dem Rechts­kreis des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz in den des SGB II über­führt. Des­we­gen redu­zier­ten sich die Leis­tun­gen nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz im 1. Halb­jahr 2023 gegen­über dem Vor­jah­res­zeit­raum um 10,1 % auf 1,8 Mil­li­ar­den Euro.

Bei­de Ent­wick­lun­gen – die erhöh­ten Regel­sät­ze für das Bür­ger­geld und der Bezug von Leis­tun­gen nach SGB II durch Schutz­su­chen­de aus der Ukrai­ne – führ­ten zu einer höhe­ren Zahl leis­tungs­be­rech­tig­ter Bedarfs­ge­mein­schaf­ten im SGB II. Da die kom­mu­na­len Leis­tun­gen nach SGB II – über­wie­gend für Unter­kunft und Hei­zung – zusätz­lich vom Anstieg der Ener­gie­prei­se infol­ge des rus­si­schen Angriffs auf die Ukrai­ne betrof­fen waren, lagen sie im 1. Halb­jahr 2023 mit +20,4 % deut­lich höher als im Vor­jah­res­zeit­raum und belie­fen sich auf 7,1 Mil­li­ar­den Euro. Im Gegen­zug stie­gen die Erstat­tun­gen des Bun­des der Kos­ten für Unter­kunft und Hei­zung um 21,9 % auf 4,4 Mil­li­ar­den Euro. Der Bund trug damit vor­läu­fig knapp zwei Drit­tel (66 %) der Unter­kunfts- und Heizkosten.

Auch die Aus­ga­ben für die übri­gen wesent­li­chen kom­mu­na­len Sozi­al­leis­tun­gen stie­gen im 1. Halb­jahr 2023 beträcht­lich: Die Aus­ga­ben für Ein­glie­de­rungs­hil­fen nach SGB IX erhöh­ten sich gegen­über dem Vor­jah­res­zeit­raum um 8,1 % auf 9,8 Mil­li­ar­den Euro, die Leis­tun­gen der Sozi­al­hil­fe nach SGB XII um 15,7 % auf 9,2 Mil­li­ar­den Euro und die Leis­tun­gen der Kin­der- und Jugend­hil­fe nach SGB VIII um 14,3 % auf 7,7 Mil­li­ar­den Euro.

Neben den Aus­ga­ben für Sozi­al­leis­tun­gen wuch­sen auch ande­re bedeut­sa­me Aus­ga­be­ar­ten kräf­tig: In den Kern­haus­hal­ten stie­gen die Per­so­nal­aus­ga­ben um 7,0 % auf 37,1 Mil­li­ar­den Euro, was vor allem auf den Tarif­ab­schluss 2023 im öffent­li­chen Dienst zurück­zu­füh­ren ist, ins­be­son­de­re auf die Son­der­zah­lung zum Infla­ti­ons­aus­gleich im Juni 2023. Die lau­fen­den Sach­auf­wen­dun­gen stie­gen um 7,9 % und die Sach­in­ves­ti­tio­nen um 15,2 %, was auch auf die all­ge­mei­ne Teue­rung zurück­zu­füh­ren ist.

Steu­er­ein­nah­men wach­sen lang­sa­mer als die Sozialleistungen

Die berei­nig­ten Ein­nah­men der kom­mu­na­len Kern- und Extra­haus­hal­te waren im 1. Halb­jahr 2023 mit 160,3 Mil­li­ar­den Euro zwar um 7,3 % oder 10,9 Mil­li­ar­den Euro höher als im 1. Halb­jahr 2022, sie konn­ten damit aber den Anstieg auf der Aus­ga­ben­sei­te nicht ausgleichen.

Die Ein­nah­men aus Steu­ern (net­to) waren mit 55,0 Mil­li­ar­den Euro im 1. Halb­jahr 2023 um 4,0 % höher als im 1. Halb­jahr 2022. Die Ein­nah­men aus der Gewer­be­steu­er (net­to) stie­gen dabei um 3,1 %. Wäh­rend die Gewer­be­steu­er­ein­nah­men in Rhein­land-Pfalz im Ver­gleich mit den beson­ders hohen Ein­nah­men im Vor­jah­res­zeit­raum um 33,3 % zurück­gin­gen, stie­gen sie in den übri­gen Län­dern um durch­schnitt­lich 5,8 %.

Die Schlüs­sel­zu­wei­sun­gen belie­fen sich auf 26,3 Mil­li­ar­den Euro (+6,5 %). Die Zuwei­sun­gen der Län­der für Inves­ti­tio­nen stie­gen im 1. Halb­jahr 2023 im Ver­gleich zum Vor­jah­res­zeit­raum kräf­tig auf 5,2 Mil­li­ar­den Euro (+17,7 %).

Ver­gleich­bar­keit wegen Ände­rung der erfass­ten Ein­hei­ten des ÖPNV eingeschränkt

Wegen der Ein­füh­rung des Deutsch­land­ti­ckets und der damit ver­bun­de­nen grö­ße­ren Abhän­gig­keit von öffent­li­chen Zuwei­sun­gen wur­den etwa 370 kom­mu­na­le ÖPNV-Unter­neh­men und ‑ver­bän­de ab dem 2. Quar­tal 2023 erst­mals als Extra­haus­hal­te in die vier­tel­jähr­li­che Kas­sen­sta­tis­tik ein­be­zo­gen. Die­se Neu­auf­nah­men beein­träch­ti­gen den Vor­jah­res­ver­gleich ins­be­son­de­re bei den Per­so­nal­aus­ga­ben, den Aus­ga­ben für den lau­fen­den Sach­auf­wand und den Ein­nah­men aus Ver­wal­tungs- und Benut­zungs­ge­büh­ren der zusam­men­ge­fass­ten Ergeb­nis­se der Kern- und Extrahaushalte.


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Quel­le: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt, Pressestelle
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