Strafgebühr in Notfallversorgung? Lauterbach liegt richtig (Kommentar von Olaf Kupfer)

Dass das seit Tagen erkältete Kind am Wochenende zur Klinik schleppen wird, weil die Eltern ja jetzt mal richtig viel Zeit haben …

Man stel­le sich fol­gen­des Sze­na­rio vor: Der Not­dienst im Kran­ken­haus der Kom­mu­ne ist schlecht besetzt – wie fast immer. Das Kind weist unde­fi­nier­ba­re gesund­heit­li­che Pro­ble­me auf. Die Eltern wol­len aber auf den Besuch des Not­diens­tes ver­zich­ten, weil sie sich eine even­tu­ell dro­hen­de Straf­zah­lung nicht leis­ten kön­nen. Und das Kind? Hät­te die­sen Besuch womög­lich drin­gend gebraucht und trägt nun gesund­heit­li­che Schä­den davon. Ein extre­mes Sze­na­rio wohl gemerkt. Aber ein mög­li­ches, wenn man den For­de­run­gen nach­gä­be, Eltern eine Straf­zah­lung auf­ge­ben zu kön­nen, wenn sie unnö­ti­ger­wei­se am Wochen­en­de den medi­zi­ni­schen Not­dienst „beläs­ti­gen“.

Natür­lich gibt es auch das ande­re Extrem, und das ist nur schwer aus­zu­hal­ten: Dass das seit Tagen erkäl­te­te Kind am Wochen­en­de zur Kli­nik geschleppt wird, weil die Eltern ja jetzt mal rich­tig viel Zeit haben.Oder selbst die kleins­te Klei­nig­keit nicht in hei­mi­scher Obhut mit Mut­ters Haus­mit­tel­chen bekämpft wird, son­dern der Arzt im Not­dienst mal zur Sicher­heit drauf­schau­en soll. Hier hilft nur kla­re Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Anrei­zen durch Kran­ken­kas­sen – und erbe­te­ne Eigen­ver­ant­wor­tung. Kön­nen wir denn wirk­lich nie­man­dem mehr ein biss­chen gesun­den Men­schen­ver­stand zutrauen?

Was aber nicht funk­tio­niert: Die poli­ti­sche Reform-Ver­schlep­pung der Not­fall­me­di­zin und die teils kläg­li­che Abde­ckung durch Medi­zi­ner vor Ort auf dem Rücken der Kin­der aus­zu­tra­gen, die weder für die­ses Sys­tem noch für ihre Eltern etwas kön­nen. Das ist nicht nur „unethisch“, wie das pas­send der Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lau­ter­bach (SPD) gera­de erst gesagt hat, son­dern im schlimms­ten Fall eben auch gefähr­lich, wie das Bei­spiel zeigt. Viel bes­ser ist es, wie Lau­ter­bach es gera­de im Rah­men eines sei­ner vie­len neu­en Geset­ze zu regeln ver­sucht: Dass näm­lich die Not­fall­ver­sor­gung gleich mit der eben­falls drin­gend not­wen­di­gen Kran­ken­haus­pla­nung refor­miert wird.Dem­nächst vor­ge­schal­te­te digi­ta­le Not­dienst­stel­len an Bild­schir­men oder Tele­fo­nen kön­nen das Sys­tem gut ent­las­ten. Man hät­te frü­her drauf kom­men können.

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Quel­le: West­deut­sche Zei­tung, Nachrichtenredaktion
Ori­gi­nal-Con­tent von: West­deut­sche Zei­tung, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit: Ado­be­Stock 62533493 / Brisystem

 

 

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