„nd.DerTag“: Keine Fahne für niemanden – Kommentar zum Berliner Fahnenstreit am Tag der Befreiung

Ber­li­ner Ver­wal­tungs­ge­richt : Zeugt von nicht vor­han­de­nem Fin­ger­spit­zen­ge­fühl der Rich­ter und der abso­lu­ten Unkennt­nis des Dis­kur­ses um den Tag des Sie­ges in der Ukraine.

Es kommt nicht all­zu oft vor, dass man der Ber­li­ner Poli­zei ein gutes Gespür für eine Situa­ti­on nach­sa­gen kann. Mit dem Ver­bot von rus­si­schen und ukrai­ni­schen Flag­gen am 8. und 9. Mai 2023 rund um sowje­ti­sche Gedenk­stät­ten in der Haupt­stadt hat sie jedoch alles rich­tig gemacht.

Russ­lands Prä­si­dent Wla­di­mir Putin hat den Tag des Sie­ges in sei­nem Land in einen patrio­tisch-mili­ta­ris­ti­schen Fest­tag ver­wan­delt. Ange­sichts sei­ner Inva­si­on in der Ukrai­ne ist es nach­voll­zieh­bar und rich­tig, Aus­wüch­se des rus­si­schen Natio­na­lis­mus in Ber­lin zu unter­drü­cken. Der 9. Mai ist für vie­le Rus­sen aber auch ein per­sön­li­cher Gedenk­tag an die Ver­wand­ten, die einst gegen Hit­ler­deutsch­land kämp­fen muss­ten. Genau die­ses Geden­ken woll­te die Poli­zei schüt­zen. Und sie woll­te sicher­stel­len, dass der Krieg in der Ukrai­ne nicht auf Ber­li­ner Stra­ßen aus­ge­tra­gen wird.

Dass das Ber­li­ner Ver­wal­tungs­ge­richt die Ent­schei­dung teil­wei­se gekippt hat und ukrai­ni­sche Flag­gen sowie ukrai­ni­sche Marsch- und Mili­tär­lie­der an den Mahn­ma­len erlaubt, zeugt von nicht vor­han­de­nem Fin­ger­spit­zen­ge­fühl der Rich­ter und der abso­lu­ten Unkennt­nis des Dis­kur­ses um den Tag des Sie­ges in der Ukrai­ne. Mit der 2015 begon­ne­nen „Dekom­mu­ni­sie­rung“ will Kiew mit allem Sowje­ti­schen nichts mehr zu tun haben. Und seit­dem Russ­land in die Ukrai­ne ein­mar­schiert ist, hat der 9. Mai mas­siv an Bedeu­tung ver­lo­ren. Man fei­ert statt­des­sen den 8. Mai. So wol­len es die Ukrai­ner auch in Ber­lin machen. Am 9. Mai mit Fah­nen und Marsch­mu­sik beim Geden­ken der ande­ren an Orten der ver­hass­ten Ver­gan­gen­heit auf­zu­tre­ten, ist pure Pro­vo­ka­ti­on mit rich­ter­li­chem Segen.

Und es ist ein archa­isch-natio­na­lis­ti­scher Akt. Denn das Geden­ken an die Opfer von Krieg und Bar­ba­rei braucht kei­ne Staats­flag­gen und erst recht kei­ne Militärmusik.

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Quel­le : nd.DerTag / nd.DieWoche, Redaktion
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Foto­kre­dit : Ado­be­Stock 266007589

 

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