Kommissionsvorschlag ist gute Grundlage zur Lösung der drei Herausforderungen, aber viel Arbeit ist noch zu tun
Peter Liese „Wir müssen die stille Pandemie der Antibiotikaresistenzen bekämpfen, uns bei der Arzneimittelregulierung stärker bemühen wirkliche Innovationen wie mRNA-Technologien zu unterstützen und ganz dringend die Knappheit von Arzneimitteln bekämpfen. All diese drei Punkte greift die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag auf. Teilweise sind die konkreten Formulierungen exzellent; teilweise sind sie aber auch nur eine Grundlage für die weitere Arbeit im Rat und im Europäischen Parlament.“, dies erklärte der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete Dr. med. Peter Liese, anlässlich der Vorstellung des Kommissionsvorschlags zur Reform des Arzneimittelrechts. Die Europäische Kommission hatte am Mittwoch die größte Reform seit 20 Jahren vorgestellt. Fünf bestehende Regelungen sollen zu zwei Regelungen zusammengefasst werden.
Ein Kernpunkt ist die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen.
„In Europa sterben 33.000 Menschen jährlich, weil Antibiotika nicht mehr wirken. Wir müssen hier dringend etwas tun. Neben vorsichtigerem Einsatz im Tierreich ist es notwendig in der Humanmedizin Antibiotika wirklich nur gezielt einzusetzen. Dazu enthält der Vorschlag einige gute Ideen. Besonders begrüße ich, dass man sich nicht mehr alleine auf den Beipackzettel verlässt, wenn es darum geht, Patienten mitzuteilen, dass sie Antibiotika nur nehmen dürfen, wenn sie von einem Arzt gezielt verordnet sind. Die schlimme Angewohnheit, den Rest einer Packung Antibiotika beim Kaffeetrinken an andere Patienten zu überreichen mit dem Satz ‚Hat mir ganz gut geholfen‘, kann Resistenzen fördern. Ich denke aber, dass wir den Kommissionsvorschlag diesbezüglich noch nachschärfen müssen. Sehr unterstütze ich die Idee, endlich Anreize für innovative Antibiotika zu schaffen. Es gibt seit 20 Jahren praktisch keine neuen Antibiotika und wir brauchen diese dringend um zehntausende von Menschenleben zu retten. Wer sagt, der Vorschlag mit dem Voucher sei zu teuer, muss sagen, wieviel ihm die Rettung eines Menschenlebens wert ist. Alternative Ideen wie ein Abonnement- Modell (Netflix Modell) will ich gerne prüfen, aber jeder weiß, dass auch Netflix nicht umsonst zu haben ist.
Sehr wichtig ist aus meiner Sicht, dass der Kommissionsvorschlag endlich zwischen wirklichen Innovationen und anderen neuen Medikamenten unterscheidet. Wir brauchen therapeutische Durchbrüche, wie etwa die mRNA-Technologie, um Patienten, denen wir bisher nicht helfen können, zu helfen. Dass die Industrie stärkere Anreize bekommt, indem Generika später auf den Markt kommen, wenn sie dieses Kriterium erfüllen, ist richtig. Es ist auch sehr erfreulich, dass die Kommission den Vorschlag an dieser Stelle nachgebessert hat. Der Vorschlag, der vor vier Wochen auf dem Tisch lag, war einfach nicht gut genug.
Bei dem dringendsten Problem, nämlich bei der Vermeidung von Arzneimittelknappheit, ist der Vorschlag auch sehr viel besser als der Text, der vor vier Wochen vorlag.
Aber hier ist aus meiner Sicht der größte Nachbesserungsbedarf. Wenn Medikamente für Kinder fehlen, ist das ein Armutszeugnis für einen reichen Kontinenten wie Europa. Bei meiner Arbeit in der Kinderklinik Paderborn, Anfang dieses Jahres, habe ich erlebt, dass trotz Überlastung der Stationen einzelne Kinder nur deshalb im Krankenhaus waren, weil ein Antibiotikum als Saft nicht verfügbar war und sie deshalb eine Infusion brauchten. Es fehlen Medikamente gegen Krebs und gegen psychische Erkrankungen. Das muss sich dringend ändern. Die Kommission hat hier Vorschläge gemacht, aber ich bezweifle, ob diese ausreichen. Vielleicht kann man auch nicht alles im europäischen Arzneimittelrecht regeln. Die Mitgliedstaaten haben hier eine große Verantwortung. An diesem Thema müssen wir in den nächsten Monaten hart arbeiten.“, so Liese, der auch gesundheitspolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) ist.
Von der Situation in der Kinderklinik Paderborn konnte sich Dr. med. Peter Liese bei einem Arbeitseinsatz selbst überzeugen.
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Quelle: Dieter Berger, Europabüro für Südwestfalen und das Hochstift, Meschede
Fotocredit:©St. Vincenz-Kliniken, Dr. Peter Liese MdEP