Peter Liese: Dramatische Situation in Kinderkliniken im Herbst weist auf erhebliche strukturelle Probleme in der Kindermedizin hin

Peter Liese: Dringend mehr Unterstützung der Kinderkliniken und umfassende Strategie gegen RS-Virus inklusive Impfung / Persönliche Erfahrung bei Arbeitseinsatz in der Kinderklinik in Paderborn

Die Situa­ti­on in den Kin­der­kli­ni­ken ist dra­ma­tisch, davon konn­te sich der süd­west­fä­li­sche CDU-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te und gesund­heits­po­li­ti­sche Spre­cher der größ­ten Frak­ti­on im Euro­päi­schen Par­la­ment (EVP-Christ­de­mo­kra­ten) Dr. med. Peter Lie­se bei einem Arbeits­ein­satz in der Kin­der­kli­nik Pader­born selbst über­zeu­gen. Die Kli­nik hat­te schon vor eini­gen Wochen einen Hil­fe­ruf aus­ge­sandt und jeden der hel­fen kann gebe­ten, die Pfle­ge­kräf­te in der Kli­nik zu unter­stüt­zen. In den par­la­men­ta­ri­schen Weih­nachts­fe­ri­en hat Lie­se dies dann getan.

„Ich habe nur weni­ge Schich­ten gear­bei­tet und glau­be nicht, dass das ein ent­schei­den­der Bei­trag war, aber ich habe sehr viel gelernt“.

„Etwa 80 % der Kin­der, die ich mit­be­treu­en durf­te, lei­den an Infek­ti­ons­krank­hei­ten und etwa 50 % der Fäl­le gehen allein auf das RS-Virus zurück. Wäh­rend sich die Poli­tik in den letz­ten drei Jah­ren zu Recht inten­siv um das Coro­na-Virus und die Krank­heit COVID-19 geküm­mert haben, müs­sen wir jetzt ande­re Prio­ri­tä­ten set­zen. Coro­na ist im Wesent­li­chen über­stan­den, auch weil wir wirk­sa­me Impf­stof­fe haben“, so Lie­se. In einer Video­kon­fe­renz mit sei­nem Namens­vet­ter Prof. Dr. Johan­nes Lie­se (nicht ver­wandt oder ver­schwä­gert), Lei­ter des Bereichs päd­ia­tri­sche Infek­tio­lo­gie und Immu­no­lo­gie des Uni­kli­ni­kum Würz­burgs und Koor­di­na­tor der Leit­li­nie für RSV-Pro­phy­la­xe der medi­zi­ni­schen Fach­ge­sell­schaf­ten, und der Kin­der­kran­ken­schwes­ter Petra Kös­ter-Hoff­meis­ter, erläu­ter­te Lie­se die Probleme.

Prof. Johan­nes Lie­se wies dar­auf hin, dass die Belas­tung der Kin­der­kli­ni­ken in den letz­ten Wochen ver­gleich­bar waren mit der Belas­tung der Erwach­se­nen­me­di­zin in der COVID-19-Pandemie. 

„Auf­grund der aus­ge­prägt star­ken Wel­le an RSV und ande­ren Infek­ti­ons­krank­hei­ten, sowie der struk­tu­rell und finan­zi­ell nicht aus­rei­chend aus­ge­stat­te­ten ambu­lan­ten und sta­tio­nä­ren Kin­der­me­di­zin kam es in den letz­ten Mona­ten zu einer Situa­ti­on, in die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung von erkrank­ten Kin­dern deut­lich ein­ge­schränkt war und oft nicht mehr unse­ren Qua­li­täts­stan­dards genügte“

Die Kin­der­kran­ken­schwes­ter Petra Kös­ter-Hoff­meis­ter, beschrieb die Aus­wir­kung auf Kin­der, Eltern und Pfle­ge­per­so­nal, ins­be­son­de­re den sehr gro­ßen Betreu­ungs­auf­wand für die Kin­der mit RS: „Mit dem Per­so­nal vor Ort kann man so eine gro­ße Anzahl von schwers­ter­krank­ten Kin­dern durch das RS-Virus nicht bewältigen“.

Dr. Peter Lie­se hat auf Grund­la­ge der Exper­ti­se und Bera­tung durch Prof. Dr. Johan­nes Lie­se einen For­de­rungs­ka­ta­log erar­bei­tet hat und Brie­fe an die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on, die Euro­päi­sche Arz­nei­mit­tel­agen­tur und die Bun­des­re­gie­rung geschrie­ben. Die wich­tigs­ten For­de­run­gen sind:

  1. End­lich eine bes­se­re Aus­stat­tung der Kin­der­kli­ni­ken in Deutschland.
  2. Ein natio­na­les Regis­ter zu Erfas­sung der RS-Infektionen.
  3. Eine bes­se­re Forschungsförderung.
  4. Eine Ver­net­zung der Kin­der­kli­ni­ken, damit ähn­lich wie bei COVID-19 unkom­pli­ziert erfasst wer­den kann, wo noch Behand­lungs­mög­lich­kei­ten bestehen.
  5. Die mög­lich schnel­le Zulas­sung eines Impf­stoffs, falls die Daten erge­ben, dass der Impf­stoff sicher und wirk­sam ist.

 

Peter Lie­se berich­te­te, dass ein Impf­stoff in den USA bereits im Zulas­sungs­ver­fah­ren ist. Für Mai wird eine Ent­schei­dung der ame­ri­ka­ni­schen Zulas­sungs­be­hör­de FDA erwar­tet. Lie­se hat sich an Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en, die Gesund­heits­kom­mis­sa­rin Stel­la Kyria­ki­des und die Zustän­di­gen bei der Euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­agen­tur gewandt und sie gebe­ten, den Pro­zess der Zulas­sung ohne Abstri­che an der Sicher­heit zügig durch­zu­füh­ren. „Wenn alles gut läuft, wird die nächs­te RS-Sai­son wesent­lich weni­ger dra­ma­tisch, weil wir dann ins­be­son­de­re für die Neu­ge­bo­re­nen einen Impf­stoff haben“, beton­te der Arzt und Europaabgeordnete.

Prof. Dr. Johan­nes Lie­se erklär­te, dass der Impf­stoff schwan­ge­ren Frau­en in der letz­ten Pha­se der Schwan­ger­schaft ver­ab­reicht wird, die dar­auf­hin schüt­zen­de Anti­kör­per gegen das RSV-Virus bil­den und die­se vor der Geburt auf ihr Kind über­tra­gen. Ziel ist es, damit einen soge­nann­ten Nest­schutz gegen das RS-Virus für Neu­ge­bo­re­ne zu errei­chen. Er erläu­ter­te, dass die meis­ten gefähr­li­chen RS-Virus-Infek­ti­on bei Säug­lin­gen in den ers­ten sechs Mona­ten nach der Geburt auf­tre­ten, sodass durch die­ses Prin­zip die Krank­heits­last erheb­lich gesenkt wer­den könn­te. In ande­ren euro­päi­schen Län­dern sei die Impf­ra­te von Schwan­ge­ren nach die­sem Prin­zip für Erkran­kun­gen wie Influ­en­za und Keuch­hus­ten bereits sehr hoch, in Deutsch­land gäbe es hier noch Nach­hol­be­darf. Das heißt, wenn der Impf­stoff zuge­las­sen ist, braucht es inten­si­ve Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gnen, damit er von Gynä­ko­lo­gen emp­foh­len und von schwan­ge­ren Frau­en akzep­tiert wird.

Quel­le: Die­ter Ber­ger, Büro Liese
Foto­credit: Die­ter Ber­ger, Büro Liese