Peter Liese zu Atomentscheidung von Scholz: Richtige Richtung aber zu spät und nicht ausreichend

Erneuerbare Energien und Effizienz massiv ausbauen / Unsere Region besonders betroffen/​ Beschaffung neuer Brennstäbe kann notwendig sein / Europäische Nachbarn drängen auf Weiterbetrieb deutscher Kernkraftwerke, solange die Krise anhält / Auch wir müssen solidarisch sein, wenn wir Solidarität von anderen verlangen

Der süd­west­fä­li­sche CDU Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Dr. Peter Lie­se hält die Ent­schei­dung von Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz, alle drei Kern­kraft­wer­ke bis April wei­ter­lau­fen­zu­las­sen grund­sätz­lich für rich­tig, sie kommt aber sei­ner Mei­nung nach zu spät und ist nicht aus­rei­chend. Unse­re Regi­on Süd­west­fa­len ist von den hohen Ener­gie­prei­sen beson­ders betrof­fen. Unse­re Indus­trie ist sehr stark auf güns­ti­gen Strom und bezahl­ba­re Ener­gie ins­ge­samt ange­wie­sen. Vie­le Men­schen in Süd­west­fa­len machen sich zurecht Sor­gen um ihren Arbeitsplatz.

„Die Bun­des­re­gie­rung hat in den letz­ten Mona­ten sehr viel Zeit ver­trö­delt und dar­un­ter lei­den die Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher. Die Ent­schei­dung hät­te viel frü­her kom­men kön­nen und müs­sen, dann wären auf­grund der Markt­dy­na­mik die Strom­prei­se viel­leicht gar nicht so stark gestie­gen. Die­se Ent­schei­dung wird auch nicht hal­ten. Wir brau­chen die drei Kraft­wer­ke auch im nächs­ten Win­ter. Außer­dem bin ich der Mei­nung, dass wir die drei Atom­kraft­wer­ke, die im Janu­ar vom Netz gegan­gen sind, für den kom­men­den und die nächs­ten Win­ter auch nut­zen soll­ten. Sie hät­ten zur Sen­kung der Strom­prei­se bei­getra­gen und auch einen Teil des Gases erset­zen kön­nen und damit indi­rekt auch auf den Gas­preis posi­tiv gewirkt. Die Kri­se ist so dra­ma­tisch, dass jedes Mit­tel genutzt wer­den muss. Die Grü­nen haben in einem Punkt recht: Mit­tel- und lang­fris­tig gehört die Zukunft den erneu­er­ba­ren Ener­gien und der Ener­gie­ef­fi­zi­enz. Kern­ener­gie kann genau wie Koh­le nur eine Über­gangs­tech­no­lo­gie sein, aber die Kri­se ist eben so dra­ma­tisch, dass wir auch Koh­le und Kern­ener­gie jetzt nut­zen müssen.“

Lie­se berich­tet, dass er von sei­nen euro­päi­schen Kol­le­gen immer wie­der inten­siv auf die Situa­ti­on in Deutsch­land ange­spro­chen wur­de. „Mei­ne Kol­le­gin aus Schwe­den, die eigent­lich dem links-grü­nen Lager ange­hört, hat mir gesagt, dass man in Schwe­den über­legt, das Strom­ka­bel zu Deutsch­land zu durch­tren­nen, weil man kein Ver­ständ­nis dafür hat, dass in die­ser Kri­se nicht jedes Mit­tel genutzt wird, um die Strom­prei­se zu senken.

In den Nie­der­lan­den wird wie­der Gas im Gas­feld Gro­nin­gen geför­dert, obwohl es dort Erd­be­ben gibt und man des­halb eigent­lich ent­schie­den hat, die För­de­rung zu been­den. Mei­ne nie­der­län­di­schen Kol­le­gen drän­gen dar­auf, dass wir den Atom­aus­stieg nach hin­ten schie­ben. Nur dann kön­nen sie der Bevöl­ke­rung in dem Erd­be­ben bedroh­ten Gebiet ver­mit­teln, dass die Gas­för­de­rung trotz Schwie­rig­kei­ten wei­ter­ge­hen muss, um uns von Putin unab­hän­gig zu machen.

Wir müs­sen die drei Kri­sen gleich­zei­tig ange­hen: Hohe Prei­se, die vie­le Pri­vat­leu­te und Fir­men an den Rand des Ruins füh­ren, die Tat­sa­che, dass wir immer noch den rus­si­schen Angriffs­krieg in der Ukrai­ne finan­zie­ren, weil wir immer noch von rus­si­schem Gas abhän­gig sind und den Kli­ma­schutz. Zur Bewäl­ti­gung aller drei Kri­sen gilt, mit­tel- und lang­fris­tig erneu­er­ba­re Ener­gien aus­bau­en und Ener­gie durch effi­zi­en­te Tech­no­lo­gie spa­ren. Kurz­fris­tig gilt aber vor allen Din­gen, alle Mög­lich­kei­ten nut­zen, inklu­si­ve Koh­le und Kern­ener­gie und alle Mög­lich­kei­ten zum Spa­ren nut­zen. Es geht also nicht um kür­ze­re Dusch­zei­ten oder län­ge­re Lauf­zei­ten, wir brau­chen bei­des“, so Liese.

Quel­le Text + Bild:Katharina Langwald
(Foto Europabüro)

 

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