Musik ist die schönste Gabe Gottes an uns Menschen

Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar feiert im Mai sein 25-jähriges Dienstjubiläum / Schon als Kind von der Musik fasziniert

win­ter­berg-total­lo­kal : HSK/​Arnsberg : Tref­fen­der könn­te die Ter­min­wahl nicht aus­fal­len : Am Sonn­tag Jubi­la­te, also am 8. Mai, fei­ert Kreis­kan­tor du Kir­chen­mu­sik­di­rek­tor Gerd Wei­mar sein 25. Dienst­ju­bi­lä­um im Kir­chen­kreis. Dazu wer­den ihm alle Chö­re der Stif­tung Kir­chen­mu­sik im Sau­er­land bei einem Kir­chen­mu­sik­fest ein Ständ­chen brin­gen. Höchs­te Zeit mit dem Mann, der zwi­schen Mede­bach und Arns­berg und bis in den Soes­ter Raum in Sachen Kir­chen­mu­sik den Ton angibt, über Musik im All­ge­mei­nen, das Sau­er­land im Beson­de­ren und sei­ne Zie­le und Plä­ne zu sprechen.

Wann und wo sind Sie das ers­te Mal bewusst mit Musik in Berüh­rung gekommen ?

Mit mei­nen Eltern und Groß­el­tern war ich ziem­lich regel­mä­ßig in den Got­tes­diens­ten. Mein Onkel spiel­te die Orgel, davon war ich immer fas­zi­niert. Auch wenn der Posau­nen­chor spiel­te. Irgend­wann stand ich bei mei­nem Onkel am Spiel­tisch, hab ihm zuge­schaut und pro­bier­te dann näch­te­lang selbst Cho­rä­le zu spie­len. Ich glau­be, ich habe oft mit allen Regis­tern gespielt, was bestimmt laut war. Die Nach­barn waren sehr tolerant.

Wel­che Musik kön­nen Sie immer wie­der hören ?

Das ist die Musik von Johann Sebas­ti­an Bach, selbstverständlich !

Gibt es ein musi­ka­li­sches Gen­re, mit denen Sie nichts anzu­fan­gen wissen ?

Mit Black Metal tue ich mich dann doch ein biss­chen schwer. Ansons­ten höre ich ger­ne alles, was gut gemacht ist und mich inspiriert.

Erklä­ren Sie in ein­fa­chen Wor­ten, was Musik ist und was sie ganz per­sön­lich für Sie bedeutet ?
Musik ist die schöns­te Gabe Got­tes an uns Men­schen. Sie bringt unse­re See­le zum Schwingen.

Wel­chen Künstler/​Gruppe/​Orchester möch­ten Sie ger­ne ein­mal live sehen ?

Dem­nächst freue ich mich auf Voces8, ein hin­rei­ßen­des Vokal­ensem­ble ! Und dann höre ich auch begeis­tert Sin­fo­nie­kon­zer­te. Ein­mal wür­de ich ger­ne das Orques­ta Sin­fó­ni­ca Simón Bolí­var de Vene­zue­la unter Lei­tung von Gustavo Duda­mel hören.

Was muss pas­sie­ren, dass ein Tag für Sie ohne Musik bleibt ?
Dann muss die Welt unter­ge­gan­gen sein.

Wie sieht ein per­fek­ter (Musik)Tag für Sie aus ?

Da den­ke ich spon­tan an so vie­le Chor­frei­zei­ten, ob mit mei­nem Kin­der- und Jugend­chor oder auch mit den Erwach­se­nen. Musi­cal­sze­nen zu üben, zu schau­spie­lern, dabei die Cha­rak­te­re mit der Stim­me dar­zu­stel­len, aus sich her­aus­ge­hen zu dür­fen, in Rol­len schlüp­fen. Oder ganz anders : an Bachs h‑Moll-Mes­se von mor­gens früh bis spät abends zu pro­ben. Mit Gleich­ge­sinn­ten sin­gend ein­tau­chen in wun­der­ba­re Musik – das ist der per­fek­te Musiktag.

An wel­ches musi­ka­li­sche Ereig­nis erin­nern Sie sich immer wie­der ger­ne zurück ?

Das sind vie­le wun­der­ba­re Momen­te, die ich erle­ben durf­te. Da waren z.B. die Kon­zer­te im Göte­bor­ger Dom oder auch in der Dor­mi­tio Abtei in Jeru­sa­lem, wo ich Widors 6. Sin­fo­nie auf der Orgel mei­nes Groß­va­ters gespielt habe. Natür­lich auch die Auf­füh­rung von Ben­ja­min Brit­tens War Requi­em, unser Luther-Pro­jekt, unse­re Ver­di-Requi­em und Mozart-Requi­em Auf­füh­rung im Klos­ter Eber­bach oder auch jüngst Micha­el Tip­pets „A Child of Our Time“.

Interview mit Gerd Weimar
Das Luther-Pro­jekt hat 2016 Musi­ker und Musi­ke­rin­nen aus den damals noch getrenn­ten Kir­chen­krei­sen Soest und Arns­berg ver­eint. Gerd Wei­mar – hier mit Luther-Dar­stel­ler Bodo Mei­er – hat­te die Idee dazu. Hans-Albert Lim­b­rock

Wel­ches Pro­jekt möch­ten Sie in jedem Fall ger­ne noch realisieren ?

Oh, da gibt es eini­ges : im a cap­pel­la-Bereich wären da die Mahler-Tran­skrip­tio­nen von Cly­tus Gott­wald oder auch so eini­ge Stü­cke von Ralph Vaug­han Wil­liams. Wun­der­schön und auch etwas leich­ter erreich­bar wäre Brahms´ Mes­se für vier- bis sechs­stim­mi­gen Chor und Orgel. Und das Weih­nachts­ora­to­ri­um von Saint-Saëns haben wir auch noch nicht gemacht. Ach ja, und da wäre noch die Johan­nes-Pas­si­on von Arvo Pärt – traum­haft in der Soes­ter Wiesenkirche.

Wel­ches Instru­ment wür­den Sie ger­ne spie­len können ?

Von den Streich­in­stru­men­ten wür­de ich das Cel­lo neh­men, von den Blä­sern ger­ne die Posaune.

Stel­len Sie sich vor, Sie haben 60 Minu­ten Zeit für ein Gespräch mit einem/​einer Musiker/​Musikerin Ihrer Wahl (lebend wie tot), Wer wür­de das sein ? Und was wäre die wich­tigs­te Fra­ge, die Sie stel­len würden ?

Ich glau­be, ich wür­de ger­ne mit Mozart über den Glau­ben reden wollen.

Ist das Sau­er­land für Sie eher musi­ka­li­sche Pro­vinz oder eine Regi­on, in der man wun­der­bar Pro­jek­te rea­li­sie­ren kann ?

Wir haben im Sau­er­land eine star­ke Lai­en­mu­sik­sze­ne. Dar­aus las­sen sich immer wie­der Top-Pro­jek­te rea­li­sie­ren. Zudem haben wir auch Hoch­kul­tur im Sau­er­land. Dafür sorgt der Hoch­sauer­land­kreis, z.B. mit dem Sau­er­land-Herbst, unse­re Kom­mu­nen, unse­re Ver­ei­ne und auch Pri­vat­in­itia­ti­ven. Mit den Pro­jek­ten unse­rer Stif­tung Kir­chen­mu­sik im Sau­er­land möch­ten wir auch eine Brü­cke schla­gen zwi­schen der musi­ka­li­schen Basis und der Profi-Musikszene.

Gibt es dazu ein aktu­el­les Beispiel ?

Wir pla­nen anläss­lich des Hein­rich-Schütz-Jah­res ein Jubi­lä­ums­kon­zert. Hier sin­gen die Kin­der- und Jugend­li­chen von Vokal­To­tal Arns­berg und alle mei­ne Erwach­se­nen­chor­grup­pen gemein­sam mit dem Johann-Rosen­mül­ler-Ensem­ble – eine der ers­ten Adres­sen im Bereich Alter Musik – sowie eini­gen spe­zia­li­sier­ten Vokal­so­lis­ten, dar­un­ter der aus Arns­berg stam­men­de Georg Poplutz, ein „Shoo­ting Star“ der Alte-Musik-Szene.

Kann die Musik auch bei der Fusi­on der bei­den Kir­chen­krei­se Soest und Arns­berg hel­fen und viel­leicht sogar ür Akzep­tanz in der sau­er­län­di­schen Dia­spo­ra sorgen ?

In jedem Fall. Mit dem Luther-Pro­jekt 2016 zum Bei­spiel haben sich vie­le Men­schen aus allen Regio­nen unse­res gro­ßen Kir­chen­krei­ses musi­ka­lisch enga­giert, und zwei wun­der­ba­re Auf­füh­run­gen in der Wie­sen­kir­che Soest und im Gemein­sa­men Kir­chen­zen­trum Mesche­de gestaltet.

Im kur­köl­ni­schen Sau­er­land sind wir Evan­ge­li­schen in der Tat in der Dia­spo­ra. Die Musik ver­bin­det die Kon­fes­sio­nen. Unse­re Chor­ar­beit schafft ein star­kes öku­me­ni­sches Band. Unse­re Koope­ra­tio­nen mit den katho­li­schen Kir­chen­ge­mein­den und nicht zuletzt mit der Abtei Königs­müns­ter Mesche­de för­dern eine rege und star­ke Kul­tur­ar­beit in unse­rer Region.

Der Stel­len­wert der Kir­che im Leben der Men­schen hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren spür­bar abge­nom­men. Ist das auch im Bereich der Kir­chen­mu­sik spürbar ?

Immer mehr Men­schen wen­den sich von der Kir­che ab. Das ist rich­tig. Wir bekom­men das natür­lich auch im Bereich der Kir­chen­mu­sik zu spü­ren. Ich sehe schon seit Jah­ren, dass immer weni­ger Kin­der im Kin­der­chor gän­gi­ge Weih­nachts­lie­der ken­nen. Ich sehe, dass auf Beer­di­gun­gen immer weni­ger bis gar nicht mehr gesun­gen wird, geschwei­ge denn über­haupt eine Orgel ein­ge­setzt wird. Bei Trau­un­gen spielt der Orga­nist „Gro­ßer Gott, wir loben dich“ vor andäch­tig schwei­gen­der Hoch­zeits­ge­sell­schaft und bei Kon­fir­ma­ti­ons­got­tes­diens­ten ist nur noch der Pfar­rer mit der Gitar­re zu hören.

Was kann man dage­gen tun ?

Wir kön­nen die schwin­den­de gesell­schaft­li­che Reso­nanz gegen­über der Kir­che im All­ge­mei­nen – wenn auch nur begrenzt – mit qua­li­täts­vol­ler Kir­chen­mu­sik posi­tiv beein­flus­sen. Immer noch kom­men Men­schen gera­de auch wegen der Lie­der und einer guten Kir­chen­mu­sik in die Got­tes­diens­te, sind emo­tio­nal berührt durch die Musik. Sie suchen spi­ri­tu­el­le Impul­se. Ich glau­be, dass eine gute, anspre­chen­de Kir­chen­mu­sik die Her­zen erreicht. Nach wie vor besu­chen vie­le Men­schen unse­re Kon­zer­te. Das ist eine gro­ße Chan­ce für die Kirche.

Coro­na hat in den letz­ten zwei Jah­ren vie­les gestoppt und auf Eis gelegt. Wie macht sich das in Ihrem Ver­ant­wor­tungs­be­reich bemerk­bar und spü­ren Sie eine lang­sa­me Besserung ?

Wann es auch immer mög­lich war, habe ich mit mei­nen Grup­pen geprobt. Auch haben wir z.B. mit dem „Weih­nachts­ora­to­ri­um mal anders“ coro­na­kon­for­me Kon­zert­for­ma­te ent­wi­ckelt. Im Erwach­se­nen­chor­be­reich haben wir eine rela­tiv sta­bi­le Mit­glie­der­zahl, im Kin­der- und Jugend­chor­be­reich gab es jedoch einen her­ben Ein­bruch. Das hat damit zu tun, dass unse­re Kin­der- und Jugend­chor­ar­beit im Kin­der­gar­ten und in Schu­len statt­fin­det und wir die dort gül­ti­gen Coro­na­re­geln befol­gen muss­ten. Teil­wei­se durf­ten wir gar nicht sin­gen, und wenn, dann nur mit getrenn­ten Jahr­gän­gen. Wir haben vie­le Kin­der ver­lo­ren. Künf­tig dür­fen wir wie­der jahr­gangs­über­grei­fend pro­ben, den­noch haben wir zwei Jahr­gän­ge ver­lo­ren und müs­sen neu auf­bau­en. Bei eini­gen wird es noch Zeit brau­chen, Ängs­te zu über­win­den, gemein­sam zu atmen, Schul­ter an Schul­ter zu ste­hen und frei und unbe­schwert zu sin­gen. Aber die wirk­lich gute Nach­richt ist : die meis­ten sind guter Din­ge und wol­len wie­der fröh­lich loslegen.

Wer Musik machen will, muss eine gewis­se Dis­zi­plin mit­brin­gen. Ist das für die Jugend von heu­te ein Pro­blem und gibt es dadurch Nachwuchsprobleme ?

Nein. Wir haben kla­re Regeln und jeder weiß, dass die­se wich­tig sind, damit Chor funk­tio­niert. Das ist doch wie im Fuß­ball : wer nicht zum Trai­ning kommt, kann sich selbst nicht wei­ter­ent­wi­ckeln, kann kei­ne Ver­ant­wor­tung für die Mann­schaft über­neh­men, bekommt die tak­ti­schen Anwei­sun­gen des Trai­ners nicht mit, weiß doch gar nicht, wo er hin­lau­fen soll und wird infol­ge­des­sen auch nicht auf­ge­stellt. Da aber davon aus­zu­ge­hen ist, dass jeder, der mit­ma­chen will, ein Inter­es­se an der Sache hat, wird er sich auch bemühen.

Kann Musik in die­ser schwie­ri­gen Zeit hel­fen oder ist sie nur ein Flucht­mit­tel auf Zeit und nach dem letz­ten Ton kommt die Bru­ta­li­tät der Gegen­wart zurück ?

Die Berich­te und die Bil­der des Ukrai­ne-Krie­ges sind ein­fach nur furcht­bar und lösen in jedem von uns unter­schied­li­che Gefüh­le aus, die wir oft nur schwer ein­ord­nen kön­nen. Die Musik hilft uns, uns zu sor­tie­ren. Sie hat die Kraft zu trös­ten, zu stär­ken, Hoff­nung zu schen­ken. Inso­fern hilft sie uns, das Gehör­te und Gese­he­ne zu ver­ar­bei­ten und uns offen­siv damit zu beschäf­ti­gen. Sei es im eige­nen, akti­ven Musi­zie­ren oder im Zuhö­ren. Wie ich ein­gangs sag­te, die Musik bringt unse­re See­le zum Schwin­gen : sie lässt uns wei­nen, aber auch wütend sein, genau­so, wie sie uns beru­hi­gen und ver­söh­nen kann.

Was wären Sie gewor­den, wenn Sie nicht Musi­ker gewor­den wären ?

Alter­na­tiv stand ein Mathe­ma­tik­stu­di­um im Raum. Ein Freund hat sich bei glei­cher Fra­ge­stel­lung für die Mathe­ma­tik ent­schie­den, kam dann aber reu­mü­tig zurück zur Musik. Ich wür­de sagen : alles rich­tig gemacht 😉

Interview mit Gerd Weimar
Gibt seit 25 Jah­ren in der Kir­chen­mu­sik im Sau­er­land den Ton an : Kir­chen­mu­sik­di­rek­tor und Kreis­kan­tor Gerd Wei­mar. Hans-Albert Lim­b­rock
INFOBOX
Mit einem Kirchenmusikfest wird am Sonntag, 8. Mai, im Gemeinsamen Kirchenzentrum in Meschede das Dienstjubiläum von Gerd Weimar gefeiert. In einem musikalisch reich gestalteten Gottesdienst treten auf: Der Kinder- und Jugendchor VokalTotal Arnsberg, der Projektchor des Kirchenkreises, das neugegründete Vokalensemble „Die Protachoristen“. Der Gottesdienst beginnt um 11 Uhr. Im Anschluss dürfen sich die Besucher auf eine lebhafte Präsentation der musikalischen Aktivitäten aus den letzten 25 Jahren freuen.

Foto­credits : Hans-Albert Limbrock

Quel­le : Hans-Albert Lim­b­rock – Ev. Kir­chen­kreis Soest-Arnsberg

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