Maßgeschneiderte Fahrräder, automatisiert gefertigt

Team der Fachhochschule Südwestfalen entwickelt einen Prozess zur Herstellung kundenindividueller Produkte in Leichtbauweise

win­ter­berg-total­lo­kal : Ein Team der Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len arbei­tet im Pro­jekt Cus­to­mi­zed Pro­duc­tion Sys­tem an der Her­stel­lung kun­den­in­di­vi­du­el­ler Pro­duk­te in Leicht­bau­wei­se. Das Ver­suchs­ob­jekt ist ein voll auto­ma­ti­siert gefer­tig­tes Fahr­rad. Denk­bar sind aber auch Anwen­dun­gen wie bei­spiels­wei­se Medizinprodukte.

Gleich ob E‑Bike oder Bein­pro­the­se : Die Pro­duk­te sol­len in einer Kom­bi­na­ti­on aus Umform­tech­nik und 3D-Druck her­ge­stellt wer­den. Für das Demons­tra­ti­ons­ob­jekt Fahr­rad bedeu­tet dies, der Rah­men wird aus gebo­ge­nen Roh­ren und bio­nisch opti­mier­ten, 3D-gedruck­ten Ver­bin­dungs­kno­ten her­ge­stellt. Und zwar gleich­sam maß­ge­schnei­dert, das heißt indi­vi­du­ell auf Grö­ße und Gewicht des Fah­rers oder der Fah­re­rin abge­stimmt. „Die Pro­duk­te die wir her­stel­len wol­len, sol­len grund­sätz­lich leicht, groß und belast­bar sein“, erklärt Pro­jekt­lei­ter Prof. Dr. Jörg Kol­be, „des­halb haben wir uns für das Test­ob­jekt Fahr­rad entschieden.“

Im Kon­struk­ti­ons- und Pro­duk­ti­ons­pro­zess wird jeder Fahr­rad­rah­men zunächst als soge­nann­ter digi­ta­ler Zwil­ling ange­legt. Dies ermög­licht einen voll­au­to­ma­ti­sier­ten Pro­duk­ti­ons­pro­zess, in dem zunächst die Rah­men­pro­fi­le geformt wer­den. „Im Füge­pro­zess klebt dann ein Robo­ter mit 3D-Druck­kopf den Rah­men qua­si wie mit einer Heiß­kle­be­pis­to­le zusam­men“, so Kol­be. Die Tech­nik dazu ist kom­plex : Der Druck­kopf muss sechs­ach­sig geführt wer­den, um Kol­li­sio­nen mit den Bau­tei­len zu ver­mei­den und die Druck­schich­ten opti­mal an der Bau­teil­geo­me­trie auszurichten.

Gegen­über ande­ren Pro­duk­ti­ons­me­tho­den bie­tet das neu zu ent­wi­ckeln­de Ver­fah­ren eini­ge Vor­tei­le. So könn­ten Fahr­rä­der oder Pro­the­sen aus Alu­mi­ni­um­pro­fi­len und Kunst­stoff kos­ten­güns­ti­ger gefer­tigt wer­den als aus Koh­le­fa­ser. Für Medi­zin­pro­duk­te ergä­ben sich sinn­vol­le Anwen­dun­gen in Ent­wick­lungs- oder Schwel­len­län­dern. Im Ver­gleich zu voll­stän­dig aus Kunst­stoff gedruck­ten Bau­tei­len schnei­det die Mul­ti­ma­te­ri­al-Struk­tur aus Kunst­stoff und Metall vor allem in punc­to Fer­ti­gungs­zeit, Belast­bar­keit und Recy­cling­fä­hig­keit bes­ser ab. „Und das Tol­le ist, dass wir voll­stän­dig auf Schwei­ßen ver­zich­ten und so bes­ser hoch­fes­te Alu­mi­ni­um­pro­fi­le ein­set­zen kön­nen“, erklärt Kolbe.

Moti­viert ist das For­schungs­vor­ha­ben durch den Trend zu höhe­rer Indi­vi­dua­li­tät bei Con­su­mer- und Medi­zin­pro­duk­ten. „Was Sinn macht“, meint Kol­be, „man muss nicht mehr pro­du­zie­ren, als wirk­lich gebraucht wird.“ Zwei Jah­re läuft das vom Minis­te­ri­um für Kul­tur und Wis­sen­schaft des Lan­des NRW geför­der­te Pro­jekt. Im inter­dis­zi­pli­nä­ren Team arbei­ten Umform­tech­ni­ker Prof. Dr. Mat­thi­as Her­mes, Leicht­bau­spe­zia­list Prof. Dr. Jörg Kol­be und Auto­ma­ti­sie­rungs­exper­te Prof. Dr. Ger­rit Pohl­mann zusam­men. Ihr Ziel ist es, die Grund­la­gen für wei­te­re For­schun­gen zu schaf­fen – und für eine voll­kom­men digi­ta­li­sier­te Lern­fa­brik, die am Stand­ort Mesche­de der Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len ent­ste­hen soll.

Bild : Prof. Dr. Jörg Kolbe

Foto­credits : privat

Quel­le : Fach­hoch­schu­le Südwestfalen

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