Corona, eine harte Zeit für Menschen mit einer Suchtproblematik

Caritas Brilon berät und hilft auch in der Krise

win­ter­berg-total­lo­kal : Hoch­sauer­land­kreis : Depres­sio­nen, Ängs­te, Ein­sam­keit, der Ver­lust des Arbeits­plat­zes, Home­schoo­ling : In Zei­ten von Coro­na und den damit ver­bun­de­nen Ein­schrän­kun­gen kommt es zu vie­len unter­schied­li­chen psy­chi­schen Belas­tun­gen. „Die­se sind vor allem für Men­schen mit Sucht­er­kran­kung eine Her­aus­for­de­rung“, sagt Lilia­ne Scha­fi­y­ha-Cani­sius, Lei­te­rin der Sucht- und Dro­gen­be­ra­tungs­stel­le des Cari­tas­ver­ban­des Bri­lon. Das Team beob­ach­tet immer häu­fi­ger bei Kli­en­ten belas­ten­de Aus­wir­kun­gen durch die Pandemie.

Die Zah­len

In der ambu­lan­ten The­ra­pie stieg bei­spiels­wei­se die Rück­fäl­lig­keit um 250 %, was natür­lich in Zei­ten von Video­grup­pen ein beson­de­res Pro­blem dar­stellt, da die rück­fäl­li­gen Pati­en­ten auf die­se Wei­se schwe­rer zu errei­chen sind.  „Der Trend geht in der ambu­lan­ten The­ra­pie sowie in der Bera­tung in die­sem Jahr lei­der wei­ter. Ver­mut­lich, weil vie­le Pati­en­ten sich nicht getraut haben, zu kom­men oder unsi­cher waren, ob wir erreich­bar sind – was natür­lich der Fall ist“, betont Lilia­ne Scha­fi­y­ha-Cani­sius. So waren es 2020 genau 65 weni­ger Pati­en­ten als in 2019. In 2019 lie­ßen sich 599 Men­schen pro­fes­sio­nell vom Cari­tas-Team hel­fen. In 2020 waren es 534 Kli­en­ten. „Über­rascht hat uns, dass es nicht wesent­lich mehr alko­hol­ab­hän­gi­ge als dro­gen­ab­hän­gi­ge Kli­en­ten gab, die erst­ma­lig eine Bera­tung such­ten“, sagt die Sucht­ex­per­tin. In den bei­den zurück­lie­gen­den Jah­ren waren es 90 Kli­en­ten mit einer Dro­gen­pro­ble­ma­tik und 102 Kli­en­ten mit einer Alko­hol­pro­ble­ma­tik. „Ver­mut­lich gibt es eine hohe Dun­kel­zif­fer“, schätzt die Expertin.

Die Risi­ko­grün­de

„Kli­en­ten, die schon über län­ge­re Zeit abs­ti­nent gelebt haben, erzäh­len uns, dass der Sucht­druck steigt oder dass sie bereits rück­fäl­lig gewor­den sind“, sagt Sucht­the­ra­peu­tin Lilia­ne Scha­fi­y­ha-Cani­sius. Durch den ers­ten Lock­down im März 2020 fie­len für Betrof­fe­ne gewohn­te sozia­le Kon­tak­te weg, auch Tref­fen in den Selbst­hil­fe­grup­pen, Kon­tak­te zum Job­cen­ter und deren Ange­bo­te fan­den nicht statt. Dies ver­län­ger­te sich durch den zwei­ten Lock­down. Bera­tungs­diens­te ver­än­der­ten ihre Kon­takt­mög­lich­kei­ten und auch der Stress­ab­bau durch Besu­che von Fit­ness­stu­di­os oder Sport­ver­ei­nen muss­te auf­grund der not­wen­di­gen Hygie­ne­schutz­maß­nah­men pau­sie­ren. Die Ein­sam­keit durch ein­ge­schränk­te pri­va­te Kon­tak­ten wur­de stär­ker. Hin­zu kom­men Kurz­ar­beit oder gar Job­ver­lust, Kon­flik­te mit Part­nern oder Kin­dern, die auf ein­mal den gan­zen Tag zu Hau­se sind. „Die­se dau­er­haf­te Über­for­de­rung führt zu erhöh­tem  Stress, der wie­der­um einen Rück­fall aus­lö­sen kann“, erklärt die Sucht­ex­per­tin. „Gera­de die­ser lang­fris­ti­ge Zustand, der von Unsi­cher­heit, Ängs­ten vor Anste­ckung, Ver­wir­rung und Zukunfts­sor­gen geprägt ist, ist für Sucht­mit­tel­ab­hän­gi­ge schwer auszuhalten.“

Inne­re Span­nungs­zu­stän­de und Schwie­rig­kei­ten im Umgang mit nega­ti­ven Gefüh­len sind einer der Grund­fak­to­ren für die Ent­ste­hung einer Sucht. Gera­de die­se wur­den und wer­den durch die Coro­na-Pan­de­mie her­vor­ge­ru­fen oder ver­stärkt. Wer zusätz­lich unter Depres­sio­nen, einer Bor­der­line-Erkran­kung oder einer Angst­er­kran­kung lei­det, ist schnell am Limit. Aber nicht nur die Abhän­gi­gen selbst, son­dern eben­so die Ange­hö­ri­gen erfah­ren eine Dop­pel­be­las­tung : die Sor­ge um die betrof­fe­nen Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen und die eige­nen indi­vi­du­el­len Pro­ble­me. Die Coro­na-Pan­de­mie wird somit zur Extrem­si­tua­ti­on, die zu ver­mehr­tem Trin­ken, der Ent­wick­lung einer Sucht­mit­tel­ab­hän­gig­keit oder aber Rück­fäl­lig­keit füh­ren kann.

Die Hil­fen – auch ambulant 

Die Sucht- und Dro­gen­be­ra­tungs­stel­le der Cari­tas Bri­lon bie­tet Hil­fen an. „Nie­mand muss sich schä­men, son­dern es ist ein muti­ges Zei­chen, den ers­ten Schritt zu wagen“, betont Scha­fi­y­ha-Cani­sius. Das Team berät Betrof­fe­ne und Ange­hö­ri­ge, ver­mit­telt bei Bedarf in sta­tio­nä­re Ein­rich­tun­gen, wie z.B. in eine Ent­gif­tung oder in eine sta­tio­nä­re The­ra­pie. „Wir bie­ten ambu­lan­te Reha­bi­li­ta­ti­on in unse­rer Bera­tungs­stel­le an“, sagt die Sucht­the­ra­peu­tin. „Die­se The­ra­pie kann man par­al­lel zur Arbeit durch­füh­ren, setzt aber eine gewis­se Abs­ti­nenz­fä­hig­keit und ein halb­wegs sta­bi­les sozia­les Umfeld vor­aus.“ Die soge­nann­te Dau­er­be­treu­ung von Kli­en­ten ist ein zusätz­li­ches Ange­bot der Sucht­be­ra­tungs­stel­le. In die­sem Fal­le ist eine Bera­tung und Betreu­ung über einen län­ge­ren Zeit­raum möglich.

Klä­rung bei Krise

„Auch wenn jemand wäh­rend der Pan­de­mie ver­mehrt getrun­ken hat und befürch­tet, abhän­gig zu sein, kann sich der Rat­su­chen­de an uns wen­den. Wir klä­ren die Situa­ti­on pro­fes­sio­nell ab“, so Lilia­ne Scha­fi­y­ha-Cani­sius. Je frü­her eine Abhän­gig­keit erkannt wird, je bes­ser kann gehan­delt und einer chro­ni­schen Abhän­gig vor­ge­beugt wer­den. Mit­un­ter besteht auch kei­ne Abhän­gig­keit und bereits ein paar hilf­rei­che Tipps und ein ent­las­ten­des Gespräch helfen.

Kon­takt und Bera­tung im gesam­ten Hochsauerlandkreis

Das Team der Sucht- und Dro­gen­be­ra­tung ist täg­lich von 9 bis 12 sowie mon­tags bis don­ners­tags von 14 bis 16.30 Uhr zu errei­chen. Bera­tungs­ge­sprä­che fin­den auch im Lock­down je nach Wunsch per­sön­lich, tele­fo­nisch oder per Video­chat statt. Auch die ambu­lan­ten The­ra­pie­grup­pen wer­den unter Wah­rung der Schutz-und Hygie­ne­be­stim­mun­gen im per­sön­li­chen Kon­takt durchgeführt.

Sucht- und Dro­gen­be­ra­tungs­stel­le Cari­tas­ver­band Bri­lon e.V.

Bild : Lei­te­rin der Sucht- und Dro­gen­be­ra­tungs­stel­le des Cari­tas­ver­ban­des Brilon

Foto­credits : Cari­tas­ver­band Bri­lon e.V.

Quel­le : Cari­tas­ver­band Bri­lon e.V.

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